Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Glockengießer sie tröstend in die Arme schloss.
»Mein Leib!«, stöhnte sie plötzlich. »Lass uns gehen!«
In der Nacht wurden die Wehen schließlich schlimmer. »John, wach auf!« Catlin rüttelte ihn.
»Was ist?« Er fuhr hoch.
»Rasch, hol die Hebamme!« Catlin legte die Hand auf den Arm ihres Gemahles und drückte zu, als die nächste Wehe kam. »Gleich!«, rief sie. Erst als sie Johns hilflosen Blick auf seinen Arm sah, ließ sie los.
»Ich schicke Flint und bleibe bei dir.« John stürzte aus der Kammer, hämmerte gegen die Tür auf der anderen Seite des Flures und riss sie auf.
Flint murrte, weil er geweckt wurde, zog sich dann aber doch eilig an, nahm eine Fackel, entzündete sie in der Glut des Herdes und verließ das Haus.
»Corvinus, geh!«, hörte Catlin den Glockengießer befehlen, dann kehrte er in die gemeinsame Schlafkammer zurück.
»Was soll ich tun?«, fragte er. »Brauchst du heißes Wasser? Soll ich das Feuer schüren?«
Catlin nickte dankbar. »In der Truhe« – sie wies auf das Bettende – »liegen frische Leintücher.« Sie stöhnte, als sie die nächste Wehe überkam.
»Bin gleich zurück! Ich kümmere mich nur rasch um das Feuer«, sagte John und stürmte die Treppe hinab.
Catlin musste an Mabel denken und an Elfredas Befehl, ruhig und gleichmäßig zu atmen. »Dann werden die Schmerzen erträglicher«, hatte sie behauptet. Catlin war bereit, es zu versuchen. Was auch immer die Schmerzen lindern konnte. Sie atmete tief ein und langsam wieder aus. Die Wehe ebbte tatsächlich ab. Erleichtert versuchte Catlin eine Stellung im Bett zu finden, die ein wenig bequemer war, als sie glaubte, ein Klopfen unten an der Werkstatttür zu hören. Wer mochte zu so später Nachtzeit noch um Einlass bitten? Die Hebamme würde mit Flint kommen und nicht anklopfen, sie konnte es also nicht sein. Neugierig stemmte sich Catlin aus den Kissen hoch.
»John?«, rief sie. Dann hörte sie Geflüster. »John, wer ist da?«
»Ich komme!«, rief der Glockengießer, dann waren Schritte auf der Treppe zu hören.
»Schnell!«, befahl John im Flüsterton. »Flint kann jederzeit mit der Hebamme zurückkehren.« Dann öffnete sich die Tür, und Catlin stockte der Atem. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, ohne dass sie den Grund dafür hätte nennen können.
»Nigel!«, schrie sie auf. Ein Schmerz durchzuckte ihren Leib, dann wurde es nass zwischen ihren Beinen. Das Wasser, dachte sie. Ich bin nicht bei Sinnen. Doch der tot geglaubte Freund trat an ihr Bett und küsste ihre Stirn.
»Mach dir keine Sorgen!«, raunte Nigel. »Mir ist nichts geschehen.«
Catlin war sicher, einem Trugbild zu erliegen. Vielleicht war es ein Engel, der sie aufsuchte. Ob sie im Sterben lag? Hatte sie deshalb auf einmal keine Schmerzen mehr? Catlin versuchte sich aufzurichten, als sich ihr Leib erneut verhärtete. Nein, sie war ganz sicher nicht tot. Sie lag in den Wehen. »Aber wie …? Wie kann das sein?«, stammelte sie.
Nigel strich ihr über die schwitzige Stirn. »Der Henker«, sagte Nigel. »John hat ihn bezahlt, zusammen mit vielen anderen, denen ich einmal geholfen habe. Sogar ein Priester soll seine Hände im Spiel gehabt haben.« Er lächelte.
»Aber wie?«
Nigel hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, aber ich lebe, das ist alles, was zählt. Ich reite nach Norwich, hole mein Geld und mache mich aus dem Staub, bevor die Obrigkeit mich dort sucht. Leb wohl, Catlin!« Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich muss gehen. Immer wenn ich eine Glocke läuten höre, denke ich an dich.« Catlin glaubte Tränen in seinen Augen glitzern zu sehen und nickte.
»Ich bete auch weiterhin für dich«, sagte sie matt, denn ihr Leib bäumte sich abermals auf. Ein tiefes Stöhnen entrang sich ihrer Kehle. Sie wollte Nigel bitten, nie wieder zu stehlen, doch sie schwieg. Das Stehlen hatte ihn an den Strang gebracht und seine Großzügigkeit vor demselben gerettet, denn er hatte vielen Menschen Hoffnung geschenkt. Der Herr allein wusste, was er noch mit Nigel vorhatte. Sie lächelte und schloss die Augen. Als sie die Lider wieder öffnete, war Nigel fort. »War er wirklich hier?«, fragte sie John, als er kurz darauf die Kammer betrat. Er nickte und küsste ihr die Stirn, dann wurde die Tür leise geschlossen. Catlin lächelte. »Ich danke dir.«
In der Nacht nach Quickhands’ Hinrichtung hatte Catlin ein wunderschönes kleines Mädchen zur Welt gebracht. Derweil kursierten in der Stadt die wildesten Gerüchte, denn der
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