Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
geschlichen. Seit einiger Zeit jedoch zog es ihn immer häufiger in die Schenke. Gerade als Catlin sich schlafen legen wollte, hörte sie ihn ins Haus poltern. Gesprächsfetzen entnahm sie, dass er Milo begegnet war, dann hörte sie schwere Tritte auf der Treppe. Als die Tür quietschte, wusste sie, dass Flint in ihrer Kammer stand.
»Hast Männerbesuch, sobald ich dem Haus den Rücken kehre«, lallte er. »Aber solange er in der Werkstatt nächtigt …« Er kicherte, offensichtlich tüchtig benebelt. »Dann soll’s mir gleich sein.« Er zog sich aus und schlüpfte ohne Ankündigung unter Catlins Decke. »Wer ist der Kerl überhaupt?«
»Milo, der Knappe meines Vetters Richard«, antwortete Catlin kühl. Sie hasste es, wenn Flint zu viel trank. »Mein Vater liegt schwer krank danieder. Milo wird mich zu ihm bringen, gleich morgen früh.«
»Und die Werkstatt?«, fragte Flint lauernd. »Der Meister ist nicht da.«
»John wird in wenigen Tagen zurück sein. Du kommst allein zurecht, oder etwa nicht?«, erwiderte sie spitz.
»Wie gut ich ohne ihn zurechtkomme, wirst du schon sehen.« Seine Hand wanderte unter dem Laken zu einem ihrer Schenkel. »Ich sage dir ja schon lange, dass wir besser ohne ihn dran wären«, flüsterte er und berührte dabei ihre Schulter mit den Lippen. Schauer liefen Catlin über den Rücken. »Stell dir bloß vor, er käme nie wieder und wir wären endlich frei«, raunte er. »Wir könnten heiraten.« Seine Lippen liebkosten ihr Ohr, sanft nagte er daran und küsste ihren Hals an der Stelle, wo er ihren Herzschlag spürte.
Catlin bäumte sich ihm entgegen, wollte ihm widersprechen und ihrer Empörung Ausdruck verleihen, doch die Erregung, die seine Berührungen verursachten, verwehrte ihr jeden klaren Gedanken. Sie sehnte sich nur noch danach, sich dem Geliebten hinzugeben. Sogar die Sorge um ihren Vater verblasste in diesem Augenblick.
Als der Hahnenschrei im Hof den nächsten Tag ankündigte, sprang Catlin aus dem Bett und warf einen kurzen Blick auf die zerwühlten Laken. Wie üblich war Flint noch in der Nacht in seine Kammer entschwunden, um auf seinem eigenen Lager dicht neben Corvinus weiterzuschlafen. Die Hoffnung aber, den Jungen dadurch hinters Licht führen zu können, war vergeblich. Corvinus ließ Catlin mit dunklen Blicken wissen, dass er die heimliche Liebschaft durchschaute, und verhehlte nicht, wie sehr er sie missbilligte. Auch Flint zeigte er recht deutlich, wie wenig er von ihm hielt. Wiewohl Catlin fand, dass es Corvinus nicht zustand, ihr oder Flint mit Geringschätzung zu begegnen, so unternahm sie doch nichts dagegen. Sie liebte den Burschen wie einen jüngeren Bruder und verteidigte ihn, wenn Flint auf ihm herumhackte.
»Gib ihm keine Gelegenheit, die Hand gegen dich zu erheben!«, bat sie Corvinus, als sie sich von ihm verabschiedete. »Ich zähle auf dich. Du musst dem Meister erklären, warum ich nicht auf seine Rückkehr warten konnte. Versprichst du mir das?« Um Corvinus auf die Wange küssen zu können, musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen, so sehr war er inzwischen gewachsen.
Corvinus errötete und nickte. »Ihr könnt Euch auf mich verlassen, Meisterin«, versicherte er ihr mit fester Stimme.
Catlin lächelte, als sich der Junge zu Aedwyna hinunterbeugte, sie am Hals kitzelte, bis sie glucksend lachte, und ihr dann einen feuchten Kuss gab. »Du wirst mir fehlen, du kleine Krabbe«, sagte er liebevoll.
Flint dagegen machte sich in der Werkstatt zu schaffen, ohne auch nur den Kopf zu heben, als sie ging, und verabschiedete sie nur mit einem flüchtigen Gruß.
»Könnt Ihr ihm trauen?«, erkundigte sich Milo besorgt, als sie die Werkstatt verließen. »Ich sah Euren Gemahl gar nicht …«
»Der Meister musste für einige Tage fort, doch er kehrt bald zurück«, erklärte Catlin. »Und was Flint angeht, so weiß er, was zu tun ist.« Sie bemühte sich um ein Lächeln, doch Milo schien alles andere als beruhigt zu sein. Was hatten nur immer alle gegen Flint?
Catlin streichelte Aedwynas Köpfchen, als diese ein leises Quäken von sich gab, und stellte sie Milo vor.
»Sei hübsch artig, mein Herz!«, flüsterte sie und bat Richards Knappen, die Kleine für einen Moment zu halten, damit sie das Pferd besteigen konnte, das er für sie mitgebracht hatte. Erst als sie sicher im Sattel saß, nahm sie ihre Tochter entgegen. Seit ihrer letzten Reise fühlte sie sich erheblich sicherer auf einem Pferderücken und traute sich inzwischen durchaus zu, das
Weitere Kostenlose Bücher