Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
wirst die schönste Braut der Stadt sein!«, rief Mabel aus. »Aber jetzt stell mir erst einmal deinen Jungen vor!«
»Ach, Mabel, ich bin so froh, dass du hier bist!«, sagte Catlin dankbar. »Auch wenn ich auf den Kauf eines neuen Kleides für die Hochzeit verzichten muss, werden wir sicher viel Spaß haben.« Sie zog Mabel von der Bank und hakte sich bei ihr unter. »Komm mit! Klein John und Aedwyna sind im Hof bei Corvinus.«
Die Begrüßung zwischen Mabel und Corvinus fiel überaus herzlich aus.
»Lass dich ansehen!«, rief die Freundin und befühlte Corvinus’ Oberarme. »Aus dem Burschen ist ein Mann geworden«, staunte sie und zwinkerte Catlin zu.
Der Junge streckte sich vor Stolz und strahlte.
»Aedwyna, mein Herz, wie du gewachsen bist!«, rief Mabel, als sie das kleine Mädchen hinter Corvinus im Lehm spielen sah, trat zu ihr und beugte sich hinab. »Was hast du für reizende Locken!«, sagte sie, als das Kind sie fragend anblickte. »Und wie weich sie sind!«, schwärmte sie und wickelte sich Aedwynas rotes Haar um den Finger. Sie wandte sich kurz zu Catlin um. »Sie ist entzückend.« Dann drückte sie der Kleinen einen Kuss auf die lehmverschmierte Wange und erhob sich wieder.
»Sie mag aussehen wie ein Engel, aber sie ist ein richtiger kleiner Wildfang, kaum zu bändigen«, warnte Catlin sie vor. »Du wirst schon sehen, wenn sie erst warm geworden ist mit dir, dann tobt sie auf dir herum, beklettert dich, als wärst du ein Berg, und fragt dir Löcher in den Bauch. Warum?«, ahmte sie ihre Tochter ausgelassen nach. »Und ein Plappermäulchen ist sie noch dazu. Zum Glück hat Corvinus eine Engelsgeduld mit ihr.« Sie lächelte ihn an. »Er ist der Einzige, der mit ihr fertigwird, seit ihr Vater … seit John nicht mehr bei uns ist.«
Der weiche Blick, mit dem Mabel plötzlich in den Weidenkorb blickte, in dem der kleine John lag, rührte Catlin. »Willst du ihn einmal halten?« Noch bevor Mabel antworten konnte, nahm Catlin ihn aus dem Korb und legte ihr den Jungen in die Arme.
»Bist du aber schwer!«, stöhnte Mabel im Spaß. »Du musst viel Milch haben«, sagte sie zu Catlin und ließ die Augen nicht mehr von dem Kleinen. Sie streckte ihm einen Finger hin und freute sich, als er kräftig zupackte, ihn festhielt und lächelte, als sie damit wackelte. Sie wiegte ihn, bis er einschlief, und legte ihn dann zurück in das Körbchen.
Den restlichen Tag verbrachten die Freundinnen mit dem Austausch von allerlei Neuigkeiten. Mabel erzählte von den Kämpfen, die Henry auf dem Festland ausgefochten hatte, von eroberten Burgen, langen Ritten, rauschenden Festen und Tafeln, die sich unter Schüsseln mit den erlesensten Köstlichkeiten gebogen hatten.
»Das Christfest haben wir in Lambeth House verbracht. Der Palast gehört dem Erzbischof von Canterbury«, berichtete Mabel.
Catlin horchte auf. »Dem Erzbischof?«
Mabel nickte, winkte ab und seufzte. »Bitte, lass uns nicht über Politik reden! Erzähl mir lieber etwas von dir.«
»Bist du Thomas im Palast des Erzbischofs begegnet?«
»Thomas? Aus Saint Edmundsbury? Dem Kleinen?« Mabel hob die Hand auf Schulterhöhe. »Nein, wie kommst du darauf?«
»Er hat ein wichtiges Amt in Canterbury inne«, entgegnete Catlin lachend. »Und so klein wie damals ist er längst nicht mehr. Schließlich ist er inzwischen ein Mann geworden.« Plötzlich verdunkelte sich ihr Gesicht. »John hatte so viel Hoffnung in ihn gesetzt. Vielleicht sollte ich mich erneut an ihn wenden. Wenn der Auftrag noch nicht vergeben ist … Vielleicht kann ich ihn bekommen.«
»Eine Frau?« Mabel verzog den Mund, als hätte sie in eine Essiggurke gebissen.
»Warum nicht?«, begehrte Catlin auf. »Ich bin gut. Und ich kenne das Geheimnis von Johns Glockenrippe. Ich habe sogar eigene Vorstellungen, wie der Ton einer Glocke verbessert werden kann«, erwiderte sie voller Kampfgeist.
»Mir musst du das nicht erklären, ich habe keine Ahnung von diesem Handwerk, aber ich weiß, dass die meisten Kirchenmänner nicht viel von uns Frauen halten.«
»Aber …«
»Versuch dein Glück, Catlin. Thomas ist sicher anders, und wenn er etwas für dich tun kann, dann lässt er gewiss nichts unversucht. Baust du allerdings auf den Erzbischof, dann …« Sie fuhr nicht fort. »Davon abgesehen liegt er mit Henry im Zwist und soll bereits auf dem Weg nach Rom sein.«
»Oh!« Catlin war enttäuscht. »Wenn das so ist, hat es vorläufig wohl keinen Sinn, dass ich mich an Thomas wende.«
»Wenn sich
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