Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
König, die Prinzessin, die Halle und die Gemächer in den schönsten Farben aus. Ob es stimmte, dass der Thron des Königs aus purem Gold gefertigt war? Während sie noch darüber nachsann, wäre sie um ein Haar in der Gosse gestrauchelt. Zum Glück packte sie Knightly just in diesem Moment am Arm und zog sie mit sich. Überall auf den Straßen und Gassen waren Menschen unterwegs – Tagelöhner auf der Suche nach Arbeit, Händler und Kaufwillige, Mägde, Knechte und spielende Kinder. So mancher Handwerker ging aufwendigen Arbeiten im Hof nach, einige machten sich gar mitten auf der Gasse zu schaffen. Die meisten aber übten ihr Tagewerk bei geöffneten Fensterläden in ihren Häusern aus, sodass man sie dabei beobachten konnte.
»Auf der Südseite am Fluss gab es früher ebenfalls eine Stadtmauer«, erklärte Adam. »Doch Ebbe und Flut brachten sie im Lauf der Zeit zum Einsturz.« Er deutete in Richtung des Hafens, wo riesige Schiffsmasten zu sehen waren.
»Oh, bitte können wir zu den Docks und uns die Schiffe ansehen?«, bettelte Catlin. »Ich habe noch nie so große Schiffe aus der Nähe gesehen.«
»Sicher, warum nicht?« Adam zuckte mit den Schultern, vergewisserte sich, dass Richard einverstanden war, und führte sie zum Hafen.
Catlin staunte mit offenem Mund über das Gewimmel in den Docks, beobachtete gebannt, wie die Arbeiter riesige Ballen auf ihre Rücken luden, bis sie darunter fast verschwanden, Fässer aller erdenklichen Größen über Rampen auf die Schiffe brachten oder von ihnen hinabrollten, Kisten und Säcke umherschleppten. Sie stellte überrascht fest, dass auch viele Tiere zu den Ladungen gehörten, die im Hafen gelöscht wurden. Die Pferde waren besonders unruhig, scheuten und wieherten laut, als sie an Land geführt wurden. Auch eine Schafherde lief aufgeregt blökend eine Rampe hinunter, angetrieben von einem Jungen mit einer Gerte, der achtgeben musste, dass keines der Tiere ins Wasser fiel und ertrank. Einige Ziegen meckerten um die Wette, das Geflügel in den Weidenkäfigen gackerte, als ginge es ihm an die Gurgel, und ein Hahn krähte, obwohl der Tag längst angebrochen war. Dazwischen brüllten Seeleute und Hafenarbeiter Kommandos durcheinander, und die Kutscher auf den Fuhrwerken schimpften laut. Catlin konnte sich an dem geschäftigen Treiben nicht sattsehen. Von einem der großen Schiffe wankten Reisende über eine hölzerne Rampe herab. Kaufleute und Handwerker waren darunter, dazu Dienstboten, Mönche und kirchliche Würdenträger, Ritter und Soldaten, Frauen und Kinder, ja, sogar ein merkwürdig gewachsener Mann, der kaum größer war als ein stämmiger Sechsjähriger, begleitet von drei Huren, die auffälliger nicht hätten sein können. Mancher Reisende war schweigsam und grün um die Nase, während andere fröhlich schwatzten. Über eines aber schienen alle froh: endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Ein herrliches Duftgemisch aus gebratenem Fisch und Fleisch wehte zu Catlin und ihren Begleitern herüber.
Adam schnupperte in die Luft. »Seht Ihr die Garküche dort drüben?« Er deutete auf ein gedrungenes Gebäude auf der anderen Seite des Hafens. »Ist die beste der ganzen Stadt. Aufgrund der vielen Reisenden ist sie über die Grenzen des Landes hinaus berühmt. Mehr als zehn verschiedene Sorten Fleisch bekommt man dort, große oder kleine Stücke, wohlfeiles oder teures Fleisch. Für jeden Hunger und jeden Geldbeutel gibt es etwas. Alles, was das Herz begehrt. Auch frisch gefangenen Fisch aus der Themse, Flusskrebse und sogar Austern.«
»Wie wäre es, nicht nur vom Essen zu reden?«, warf Knightly ein. »Ich für meinen Teil habe nämlich schon wieder Hunger. Wie ist es mit euch? Wir könnten doch erst etwas essen, bevor wir das Kleid für Catlin aussuchen.«
Adam und Richard waren auf Anhieb von dem Vorschlag begeistert und steuerten ohne Umweg auf die Garküche zu.
Catlin folgte ihnen, unsicher, ob sie überhaupt einen Bissen hinunterbekäme, fühlte sich ihr Magen vor Aufregung doch wie zugeschnürt an.
Vor dem Gebäude wartete eine lange Schlange. Die Londoner hatten Schalen und Töpfe mitgebracht, um die Speisen mit nach Hause zu nehmen. Die Reisenden jedoch sowie Tagelöhner und Handwerker, die in der Gegend arbeiteten, ließen sich mit Brot und Fleisch an langen Holztischen nieder, wo sie dicht an dicht saßen und kräftig zulangten.
»Komm, wir suchen uns etwas besonders Feines aus, ganz gleich, was es kostet, Richard zahlt!«,
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