Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
gab. Trippen und einfache Holzpantinen wurden ebenso feilgeboten wie Sandalen und geschlossene Schuhe aus Leder oder Stoff und natürlich Stiefel in vielerlei Größen, Farben und Schafthöhen, dazu Gürtel und Handschuhe, Geldbörsen und Lederbeutel aller Art. Um die Aufmerksamkeit möglicher Kunden auf die Waren in den Auslagen zu lenken, hingen an vielen Geschäften kleine Käfige mit bunten Singvögeln, die laut tirilierten.
In der Schneidergasse dagegen wurden Kleider und Mäntel in vielen Farben feilgeboten. Kostbare, mit Pelz verbrämte Gewänder aus dicker, warmer Wolle ebenso wie einfache Leinenkleider und Untergewänder. Angesichts der besonders leichten, kostbaren Surcots aus Seide aber, die in leuchtenden Farben erstrahlten, schlug nicht nur Catlins Herz höher.
»Also, wenn du hier nicht dein Glück findest …« Richard zwinkerte ihr zu. »Geh nur und schau dich um!«
Zuerst zögernd, dann immer mutiger blickte sich Catlin um, ließ sich Stoffe und Kleider zeigen.
»Sieh nur, die Farbe! Und die Seide, wie herrlich sie schimmert! Der Schnitt und die Ärmel!«, schwelgte sie und konnte sich nicht entscheiden, welches der vielen Kleider sie am schönsten fand.
»Ihr könnt anprobieren, was immer Euch gefällt, Mylady!«, rief einer der Händler, der ein gutes Geschäft witterte, als er vernahm, dass die Herrschaften an einer großen Hochzeit teilnehmen würden. »Ich habe fürwahr genau das Richtige für Euch! Herrliche Stoffe und fertige Kleider. Wir ändern, was nicht passt, oder fertigen in nur wenigen Tagen ein neues Gewand nach Maß an.«
Catlin verbrachte den ganzen Nachmittag in der schmalen Gasse, suchte bei unterschiedlichsten Händlern zusammen, was sie benötigte, und gab erst auf, als sie alles gefunden hatte. Erschöpft von den vielen Eindrücken, zugleich aber überglücklich und noch immer voller Begeisterung, trippelte sie aufgeregt schwatzend neben ihren Vettern einher.
»Das Kleid ist wundervoll!«, schwärmte sie. An den Seiten war es mit Bändern zu schnüren, sodass es am Oberkörper eng anlag und die Brüste betonte. Es zeigte deutlich, dass sie kein Kind mehr war. Ab der Hüfte fiel der Stoff in großzügigen Falten bis zum Boden. Die Ärmel, bis zum Ellbogen schmal geschnitten, öffneten sich an den Unterarmen weit und reichten bis zum Knöchel. Halsausschnitt, Ärmel und Saum waren reich verziert, so auch der lange Gürtel, der doppelt um die Hüfte geschlungen und schließlich geknotet wurde. Für gewöhnlich konnten sich nur die Frauen wohlhabender Kaufleute oder adlige Damen solche Kleider aus erlesener Seide leisten. Sie kosteten ein Vermögen, und der Stoff war empfindlich. Auch war mit den langen Ärmeln keinerlei körperliche Arbeit zu verrichten. Für den Alltag in der Schmiede war es darum gänzlich nutzlos, und selbst zum sonntäglichen Kirchgang konnte Catlin es wohl kaum anziehen, ohne über Gebühr aufzufallen. Gleichwohl hatten Knightly, Richard und sogar Adam sie gedrängt, das Gewand zu kaufen »Du siehst aus wie ein Edelfräulein«, hatten sie gesagt, beeindruckt die Köpfe gewiegt und ihr geholfen, einen gerade noch annehmbaren Preis dafür auszuhandeln.
»So schön, wie du bist, müssen wir mit Argusaugen über dich wachen. Wie gut, dass wir unsere neuen Schwerter haben und wissen, wie wir damit umgehen müssen, nicht wahr, Adam?«, hatte Knightly voller Stolz gesagt, und als Richard und Adam bestätigend genickt hatten, war sich Catlin vorgekommen wie eine Prinzessin.
»Wir haben das wunderbarste Kleid für mich gekauft, das man sich vorstellen kann!«, rief Catlin, kaum dass Hilda ihnen die Tür geöffnet hatte, und zeigte auf das Bündel, das Richard auf dem Heimweg für sie getragen hatte. »Darf ich?«, fragte sie ihn und schnappte es sich, ohne seine Antwort abzuwarten. »Soll ich es mal anziehen?« Sie strahlte Hilda erwartungsvoll an.
Hilda nickte mit glänzenden Augen, schürzte ihren Rock und lief die Treppe hinauf, als wäre auch sie noch ein junges Mädchen.
Catlin kicherte vor Aufregung und drängte ihr nach.
Hilda staunte ob des wunderschönen Kleides, lobte die feinen Stiche und sauberen Nähte, ergötzte sich an den leuchtenden Farben und war hellauf begeistert von Catlins Schönheit und der Anmut ihrer Erscheinung.
»Niemand wird Euch für etwas Geringeres als eine Lady halten, mein Kind.« Sie strich zärtlich über Catlins Gesicht und hielt es einen Augenblick lang in beiden Händen. »Nun aber müsst Ihr das Kleid wieder
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