Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
während die Männer darüber nachsannen, wie sie sich und ihre Familien in Zukunft vor ähnlichen Überfällen schützen konnten. Auch die Kinder wussten, was geschehen war, darum stritten sie nur leise und tollten weniger herum als üblich.
Die ganze Gemeinde versammelte sich auf dem Kirchplatz, fassungslos, dass ihrem friedlichen Landstrich etwas so Schreckliches widerfahren war. Auch der Müller war verletzt und sein Knecht erschlagen worden. Und bei den Bauern hatte es ebenfalls zwei Opfer gegeben. Nun wurden alle fünf Toten zu Grabe getragen. Die Hinterbliebenen weinten, die Freunde schworen Rache, und nach der ergreifenden Rede des Priesters, der den Herrn um Vergebung für die Sünden der Toten bat, wurden die in Leinen gewickelten Leichen in die frischen Gruben gelegt, die man in aller Eile ausgehoben hatte. Als die erste Schaufel Erde auf Peters Grab hinunterpolterte, bedeckte die Sonne ihr Antlitz mit einer dunklen Wolke, als trauere auch sie. Catlin schauderte, zog ihr Tuch enger um die Schultern und wandte sich schweigend ab. Wut und Verzweiflung drohten sie zu überwältigen, und sie glaubte niemals im Leben wieder lachen zu können.
Der Priester hatte beim Herrn um Vergeltung für die Toten gefleht und damit der Hoffnung der Gläubigen Ausdruck verliehen, der Allmächtige möge dafür sorgen, dass die Schuldigen gefangen und noch im Diesseits bestraft würden.
Als die Gräber zugeschaufelt waren, zogen die Trauernden zum Dorfplatz und standen dort noch lange zusammen. Sie sprachen von alten Zeiten, erzählten anrührende oder auch spaßige Geschichten aus vergangenen Tagen, aus dem Leben der Verstorbenen und jener, die ihnen nahegestanden hatten. Und so wurde bei aller Trauer, wie bei fast jeder Beerdigung, hin und wieder sogar gelacht.
Catlin sprach mit niemandem, hörte aber zwei Witwen zu, die über Peter redeten. Beide hatten als junge Frauen gehofft, dass er sie eines Tages freien werde. Viele Jahre waren sie sich deshalb spinnefeind gewesen, obwohl sie wie Schwestern aufgewachsen waren. Am Ende hatte keine von ihnen Peter zum Gatten bekommen. Beide waren mit anderen Männern verheiratet worden, hatten Kinder geboren und ihre Lebensgefährten längst begraben.
»Die Wege des Herrn!«, sagte eine von ihnen mit einem bedauernden Seufzer. »Aber es ist vermutlich besser so gewesen. Peter hat ohnehin immer nur Agnes geliebt«, sagte sie.
»Aber die«, fügte die zweite hinzu, »musste ja unbedingt diesen Tunichtgut heiraten. Hat sie fast an den Bettelstab gebracht.«
»Ja, ja, Peter war eine Seele von Mann … und Agnes wäre mit ihm zweifellos besser dran gewesen.«
Die Freundinnen, denn das waren sie inzwischen wieder, nickten einhellig, und Catlin fragte sich, ob es sich bei dieser Agnes wohl um ihre Tante handelte, eine Halbschwester ihres Vaters. Catlin hatte schon lange nichts mehr von ihr gehört, wusste aber, dass ihr Mann sich keiner großen Beliebtheit im Dorf erfreute. Wenn Peter tatsächlich in sie verliebt gewesen war, dann wäre er ja um ein Haar tatsächlich ihr Onkel geworden. Ein warmes Gefühl von Geborgenheit erfüllte sie.
Die Trauergesellschaft löste sich erst am Nachmittag auf. Duncan bestand darauf, Catlin, Elfreda, Winnie und den Schmied zu begleiten, und ließ sich nicht zur Rückkehr nach Hause überreden. Offenbar fühlte er sich noch immer schuldig und meinte, unbedingt auf Winnie achtgeben zu müssen.
Als sie kurz vor dem Dunkelwerden alle gemeinsam in der Stube saßen, wurde die nachdenkliche Stille am Tisch durch Hufgetrappel im Hof gestört. Winnifred begann am ganzen Körper zu zittern, während Bones, der wie gewöhnlich zu ihren Füßen lag, den Kopf hob und knurrte.
Duncan hatte eine Axt aus der Werkstatt mitgebracht, und auch Catlin hatte sich mit einem Werkzeug bewaffnet. Mit klammen Fingern nahm sie den Griff des Handhammers in die Rechte.
Bones hatte noch immer die Ohren gespitzt und winselte.
Plötzlich ergriff Catlin Panik. Angriff, dachte sie, Angriff ist die beste Verteidigung. Sie sprang auf, hob den Arm mit dem Hammer und riss die Tür auf. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass auch Duncan auf den Beinen war, bereit, ihr mit der Axt in der Hand beizustehen. Sogar ihr Vater hatte sich von seinem Lehnstuhl erhoben.
»Ho!«, rief Richard, hob abwehrend die Hände und wich so weit zurück, dass er Arthur, der hinter ihm stand, auf die Füße trat. »Vorsicht, lasst mich am Leben!«
Bones schnaufte und legte den Kopf beruhigt auf Winnies Füße.
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