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Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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außerordentlich«, hatte er sie nach ihrem ersten Unterricht in St. Edmundsbury gelobt. Ihre Hoffnung, sie möge darum schneller vorankommen als gewöhnliche Lehrlinge, hatte er indes umgehend zunichtegemacht. »Zunächst muss jeder Glockengießer lernen, was er benötigt, um den Glockenkern aufzubauen, was er beim Gestalten der falschen Glocke beachten muss und wie mit dem Glockenmantel zu verfahren ist, ganz gleich, wie hervorragend sein Gehör ist. Du wirst noch mehr über Feuer erfahren, als du bereits in der Schmiede gelernt hast«, hatte er ausgeführt. »Du wirst lernen, wie die Glockenformen befeuert werden, wie das rechte Verhältnis von Kupfer und Zinn für die Glockenspeise zusammenzustellen ist und wie du das Verhalten der Bronze beim Guss genauestens im Auge behältst, um jegliche Einschlüsse zu verhindern und den richtigen Zeitpunkt für den Guss zu erspüren. Doch das alles erst im siebten Jahr, wenn das Handwerk des Glockengießers das deine geworden ist. Erst im siebten Jahr«, hatte er betont und plötzlich zornig die Brauen zusammengezogen. »Wenn du überhaupt so weit kommst, weihe ich dich in das Geheimnis der Glockenrippe ein.«
    Zuerst war Catlin maßlos enttäuscht gewesen. So viele Jahre sollte sie warten, um das Wichtigste zu lernen? Schneller, dachte sie verzweifelt, ich will mir alles viel schneller aneignen! Dann aber staunte sie, was es alles allein über den Glockenkern zu wissen gab, über die Ziegel und wie man sie behauen musste, um den Kern aufbauen zu können, über den Lehm, mit dem die Ziegel vermauert wurden, und die unterschiedlichen Lehmmischungen, mit denen man die Glockenform anschließend immer wieder einschmieren musste, wobei keine Risse entstehen durften. Und bei jedem Schritt war das Maß aller Dinge die Glockenrippe, welche die Form und Größe des Glockenkernes, der falschen Glocke und des Mantels bestimmte. Catlin bemerkte, dass es zwei Linien auf der hölzernen Schablone gab, und sah zu, wie John nach Beendigung des Kernes die Glockenrippe entlang der nächsten Linie aussägte, sodass neuer Platz entstand, den es aufzufüllen galt. Catlin beobachtete jeden seiner Handgriffe ganz genau, zog ihre Schlüsse aus dem und begriff, dass die Glockenrippe nicht nur die Form der Glocke festlegte, sondern auch die Dicke der Glockenwände an unterschiedlichen Stellen. Dass diese wechselnden Wandstärken einen Einfluss auf den Klang hatten, war nicht schwer zu verstehen. Wie man es aber erreichte, dass die Glocke einen ganz bestimmten Ton von sich gab, das war das Geheimnis, dem Catlin unbedingt auf die Spur kommen musste.
    Als die beiden Glocken rechtzeitig vor Ostern fertig und bezahlt waren, verschwand John zum zweiten Mal für einige Tage.
    »Hab etwas zu erledigen«, hatte er auch diesmal ohne weitere Ausführungen erklärt und war kurz darauf wie vom Erdboden verschluckt gewesen. Catlin und Corvinus, der bei ihnen lebte und in der Werkstatt half, hatte er allein zurückgelassen. Weil Corvinus eifrig war und sich geschickt anstellte, hatte John ihm kürzlich in Aussicht gestellt, ihn demnächst Zeit als Lehrling anzunehmen. Nigels Angebot, für die Ausbildung des Jungen zu zahlen, hatte er abgelehnt. »Wenn der Junge ins Kloster zurückwill, soll dein Nigel meinetwegen dafür zahlen. Will das Bürschchen jedoch Glockengießer werden, so lass das meine Sorge sein«, hatte er erklärt und Catlin damit in Erstaunen versetzt. Ich dachte, du willst keinen Lehrjungen mehr, hatte sie einwerfen wollen, sich aber rechtzeitig auf die Zunge gebissen.
    Corvinus war schon nach wenigen Wochen in der Gießerei vollkommen sicher gewesen, dass er nicht zurück ins Kloster, sondern beim Glockengießer bleiben wollte. Während der Meister fort war, half er Catlin, in der Werkstatt Ordnung zu schaffen und die Grube für die nächsten Glocken vorzubereiten. Für den Guss war sie mit Erde aufgefüllt worden, bis die Glockenmäntel völlig bedeckt waren und nur noch die rauchenden kleinen Abzüge herausgeschaut hatten, die man Windpfeifen nannte. Nach dem Erkalten der Glocken hatten die Gehilfen sie ausgegraben, sodass der Glockenmantel mit einem Seilzug entfernt und die darunter zum Vorschein kommende Glocke hatte herausgehoben werden können. Die Ziegel des Glockenkernes, die wieder verwendet werden konnten, mussten nun abgeklopft und in einer Ecke gestapelt, der Boden der Grube gefegt werden. Eine rechte Plackerei war das, doch so konnten sie das Geld für Gehilfen sparen.

    Randal zitterte

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