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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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dir den Magen verdorben und mußt immerfort kotzen. Sagst, kannst nicht auf Wache gehen, kotzt grün. Gleich hast du ein Weinglas weg. Zweimal die Woche kannst du drauf reiten auf das Rezept. Wenn du mehr kommst, zieht es nicht mehr. Dann gießt er dir unversehens halb Rizinus mit ein, merkste erst, wenn du geschluckt hast. Und kannst ihm doch nicht gut in die Kabine spucken, mußte dann aufscheuern. Also schluckste. Gib das Rezept nicht weiter. Ist bloß für uns beide. Die Heizer haben ein separates. Pfeifen’s aber nicht, die Gauner.«
    Ich gewöhnte mich immer mehr.
    Dann kam die Zeit, wo ich schon wieder Nebengedanken bekam, wo ich nicht in einem ermüdeten Dämmerzustande, sondern ganz trocken dem Zweiten zuschrie, wenn er nicht sofort den Kesselraum verließe, er nicht nur einen Hammer, sondern auch noch einen Knebelbolzen an den Schädel kriegen würde, und daß er mich wehrlos über Bord schmeißen dürfe, wenn ich ihm nicht ganz gewiß mit dem Hammer die Vorderfront und mit dem Bolzen die Hinterpartie seines Idiotenschädels einschlüge, und daß er uns diesmal nicht durch den Gang entkommen würde.
    Er hätte in der Tat nicht entkommen können. Er hatte wohl auch das Gefühl. Wir hatten in dem Gange eine Stange aus Eisen so angebracht, daß sie in der Schwebe hing. Von der Rückwand des Kesselraumes aus führte eine Schnur zu jener Eisenstange. Wollte er entfliehen, so sprang einer sofort zu der Schnur und zog sie an. Dadurch wurde die Stange aus der Schwebe ausgelöst und fiel so in seinen Weg, daß er in der Falle war. Ob er lebend herausgekommen wäre oder mit kurz und klein geschlagenen Gliedmaßen nur, hing lediglich von der Anzahl der ’rausgefallenen Roste ab.
    Es vergingen manchmal fünf Wachen, ohne daß auch nur ein Rost herausfiel. Aber die Roste brannten ja auch durch und mußten durch neue ersetzt werden, weil sonst die Feuer durchbrachen. Zuweilen hatte man so viel Glück, daß bei dem Neueinsetzen nur ein Nachbar mitging und daß man die beiden mit Geduld und Blut so andächtig behandeln konnte, daß es bei den beiden blieb. Dafür aber kamen dann auch die Prüfungen um so schärfer, daß nicht nur sechs fielen, sondern acht, und nicht nur in einem Feuerzug, sondern in zwei oder drei in derselben Wache. Fürwahr, es wurde einem nichts geschenkt.
    Als wir Goldküste machten, kamen wir in Wetter, und was für ein Wetter! Ehre sei Gott in der Höhe, und blas mir die Trompeten! Das war ein Lüftchen. Da bring mal die Kumpen mit Suppe und Schneidergulasch heil über Mittschiff zum Quartier. Fleckenseife und Benzin noch mal! Das will gelernt sein.
    Nun das Aschehieven. Da hat man die schwere Aschkanne ausgehängt und trägt sie warm im Ärmchen ’rüber über das Gangdeck zum Ascheschacht. Aber ehe man mit seiner geliebten Kanne dort ankommt, hat »Yorikke« übergerollt, und man saust mit seiner holden gefüllten Kanne das ganze Gangdeck entlang und sauber zur Gangstieg. Kachelt »Yorikke« achtern aus, landet man mit seiner Aschkanne immer noch fest im Arm unten auf dem Vordeck, läßt »Yorikke« vorn die blanken Oberschenkel sehen, rasselt man mit der Kanne nach achtern und rollt das ganze Achterdeck ’rauf und ’runter, und der Erste Offizier schreit von der Brücke herunter: »He, Schlepp, wenn Sie über Stag gehen wollen, man immer los, es hält Sie niemand, aber die Aschkanne lassen Sie gefälligst hier. Die können Sie beim Fischen nicht gebrauchen.«
    Unten vor den Kesseln ist es dann auch viel gemütlicher als sonst. Wenn der Heizer gerade mit einem schön einstudierten Schwung eine volle Schaufel aufschmeißen will, dreht er sich plötzlich und schmeißt einem die Schaufel voll Kohlen klatschend ins Gesicht oder zwischen die Eingeweide. Beim nächsten Überholer kommt er gar nicht zum Schwunge, sondern fliegt mit seiner Schaufel in einen Kohlenhaufen, in dem er verschwindet und aus dem er erst hervorkraucht, wenn »Yorikke« wieder hier überlegt.
    In den Bunkern, wenn es Oberbunker sind, die auch mit Gut beladen werden können, ist der Spaß noch größer, weil man mehr Spielraum hat. Man hat glücklich am Steuerbordschacht zweihundert Schaufeln aufgeschichtet und beginnt gerade damit, sie nach dem Kesselschacht abzuwerfen.
    Ratsch, legt »Yorikke« über nach Backbord. Und Schlepp, seine Schaufel und seine schönen zweihundert Würfe Feuergut rutschen in einem wilden Gemengsel über nach Backbord und steigen an der Backbordwand hoch. »Yorikke« macht nun einen Längser, man

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