Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Trauma

Das Trauma

Titel: Das Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe
Vom Netzwerk:
Mama umgebracht hat, habe das Geld genommen. Was sagst du dazu?«
    Marek macht eine resignierte Handbewegung.
    »Aber was soll ich denn sagen, verdammt. Ich weiß es nicht, verdammt. Ich hab sie nicht umgebracht, ich hab sie nur gefunden. Ich hätte sie da liegen lassen können, aber stattdessen hab ich der Kleinen geholfen. Und jetzt krieg ich deshalb bloß Ärger. Was meinen Sie, was das für ein Gefühl ist?«
    »Marek, wir glauben, dass du am 22. Susanne und ihre Tochter besucht hast und dass du Susannes Brieftasche genommen und Susanne zu Tode getreten hast. Und wir haben eine Zeugenaussage, die diese Darstellung unterstützt.«
    »Aber zum Teufel. Das ist doch total krank. Ich hab nie, hab nie irgendwen umgebracht … irgendwen verletzt …«
    Sonja blättert gelassen in ihren Unterlagen.
    »Ich les dir jetzt mal etwas vor. Mal sehen, voriges Jahr, Körperverletzung. Voriges Jahr, Ladendiebstahl. Im Juli dieses Jahres …«
    »Aber ich hab nie irgendwen UMGEBRACHT ! Kapier das endlich, du NUTTE !«
    Ohne nennenswerte Reaktion beugt Sonja Askenfeldt sich fast eingeübt zum Mikrofon vor. Schaut auf die Uhr, sagt ruhig, die Vernehmung werde nun unterbrochen, schaltet das Tonbandgerät aus. Eine Sekunde darauf knallt sie die Handfläche so hart auf den Tisch, dass Marek auf seinem Stuhl hochhüpft, ehe er die Hände vors Gesicht schlägt.
    Roger lacht.
    Sonja wird diesen polnischen Drecksbengel in Null komma Nix geknackt haben.

Medborgarplatz, November

Ich stehe in meinem Zimmer in der Praxis, das »das grüne Zimmer« genannt wird.
    Aina hält meine Hand. Krampfhaft.
    Dieses eine Mal ist sie die Schwache, die Tränen laufen über ihre geröteten Wangen, und sie wischt sich mit dem Ärmel der lila Mohairjacke den Rotz ab und schüttelt verzweifelt den Kopf.
    »Von mir aus jede, aber nicht Hillevi. Das ist nicht gerecht. Wer soll sich jetzt um ihre Kinder kümmern? Der Vater? Der sie schlägt?«
    Ich drücke ihre Hand, ohne ihre Frage zu beantworten, denn was soll ich sagen? Das war auch mein erster Gedanke, als der Schock sich gelegt hatte. Ihre Kinder, die drei kleinen Jungen. Die solche Angst vor ihrem Vater hatten, dass einer sich die Hose nassmachte, als der Vater ihn von der Schule abholen wollte. Was soll jetzt aus ihnen werden?
    Ich presse den feuchten Zettel mit meiner freien Hand zusammen, schaue wieder Aina an, und ihr rotgeränderter Blick erwidert meinen.
    »Ruf jetzt an!«
    Ich nicke und strecke die Hand nach dem Telefon aus, falte den Zettel auf dem Schreibtisch auseinander, schaue die hastig hingekritzelte Nummer an, die der Leiterin von Solgården, dem Frauenhaus, in dem Hillevi mit ihren Kindern gewohnt hat.
    Fünf Klingeltöne verhallen, ehe sie sich meldet, dann ist eine helle Stimme mit einem spanisch klingenden Akzent zu hören.
    »Solgården, hier ist Mirta.«
    Ich erkläre leise, vielleicht auch ein wenig hektisch, worum es geht, erzähle, dass Hillevi in meiner Gesprächsgruppe war, dass sie von den Misshandlungen erzählt hat, dass ich bei ihrem Tod dabei war und dass ich wissen möchte, was jetzt geschehen wird.
    »Mit den Kindern, meine ich, ich möchte wissen, was mit den Kindern geschieht. Ich muss einfach … immer wieder daran denken. Der Vater hat doch auch den einen Jungen geschlagen. Das wissen Sie doch sicher? Es ist ungeheuer wichtig, dass die Kinder nicht bei ihm wohnen müssen.«
    »Das ist sehr tragisch«, sagt Mirta, als ob sie mich nicht gehört hätte. »In all den Jahren, in denen ich schon hier arbeite, habe ich noch nie eine Frau verloren. Nicht eine. Meine Mädchen werden geschlagen und vergewaltigt, aber nicht umgebracht. Dios mío, wir konnten sie nicht beschützen.«
    »Aber sie ist doch nicht von ihrem Mann umgebracht worden.«
    »Männergewalt gegen Frauen«, setzt sie an, unterbricht sich dann aber und seufzt tief. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Die Kinder …?«
    »Um die Kinder kümmert sich das Jugendamt. Sie sind jetzt in einem Pflegeheim in Nacka, bis die Ermittlung beendet ist.«
    »Die Ermittlung?«
    »Ja, der älteste Sohn, Lukas heißt er, hat ausgesagt, sein Vater habe ihn geschlagen. Also haben wir das Jugendamt informiert, das müssen wir immer, wenn wir erfahren, dass ein Kind misshandelt wird. So will es das Gesetz. Jetzt führt die Familienabteilung im Jugendamt irgendeine Art von Schnellermittlung durch. Aber wenn Sie mich fragen, dann glaube ich, dass die Kinder in zwei Wochen wieder bei ihrem Vater sein werden. Das ist immer so. Es ist ja

Weitere Kostenlose Bücher