Das Traumtor Band II (German Edition)
Sie wusste genau, was geschehen würde, wenn man sie zusammen mit Narin fand. Und trotz ihrer Empörung über seine Gewalttätigkeit dachte sie mit einer gewissen Genugtuung an ihn, als er später wieder seinen Wachdienst vor ihrer Tür aufgenommen hatte. Ja, dieser Mann war ihr verfallen, und solange sie ihm ihre Gunst schenkte, würde er tun, was sie von ihm verlangte. Denn in Ilins Kopf war ein neuer Plan entstanden, der eine noch bessere Lösung ihres Problems bot. Sollte Rowin wider Erwarten nicht eifersüchtig werden und sich somit freiwillig in ihre Netze begeben, dann musste er eben sterben! Sie war die gekrönte Königin von Valamin und somit nach seinem Tod die alleinige Herrscherin. Ging Rowin ihr nicht in die Falle, würde sie Narin so weit bringen, dass er den König für sie tötete. Danach würde sie Narin dem Henker übergeben und wäre somit den unbequemen und gefährlichen Mitwisser auf leichte Art los. Um Targil, Deina und den Rest des Hofs brauchte sie sich keine Gedanken machen, denn niemand würde wagen, ihr die Herrscherwürde streitig zu machen. Sie brauchte nur wieder damit zu drohen, dass ihr Vater Geran ihr schon zu ihrem Recht verhelfen würde. Ilin hätte es zwar lieber gesehen, wenn Rowin nachgab. Aber letztendlich war ihr jedes Mittel recht zu bekommen, was sie wollte.
Während Ilin in ihren Gemächern über ihren finsteren Plänen einschlief, hielt Narin vor der Tür Wache, bis der Morgen kam und er durch den allgemeinen Wachdienst abgelöst wurde. Dann eilte er zu Leston, um ihm von den Erlebnissen der Nacht zu berichten. Der Alte hörte schweigend zu und ein Lächeln huschte über seine Lippen, als Narin ihm schilderte, wie Ilin ihn in ihr Zimmer gelockt hatte. Doch als der junge Mann erzählte, was sie über Rowin gesagt hatte, ergrimmte Leston.
„Was ist das nur für eine Frau“, rief er empört, „die den Mann in den Schmutz zieht, den sie mit aller Gewalt hat heiraten wollen! König Rowin soll erfahren, wie sie über ihn spricht.“
Und dann berichtete er Narin von seiner Unterredung mit dem König, und der junge Ritter errötete vor Freude, als er von Rowins Versprechen hörte. Dann aber wurde er verlegen.
„So wird der König jetzt stets wissen, was in den Gemächern seines Weibes geschieht“, fragte mit offensichtlichem Unbehagen, „da er dich ja beauftragt hat, ihm darüber zu berichten?“
Leston lachte. „Hab keine Angst! Er will bestimmt nicht von mir wissen, was du mit Ilin treibst, denn das lässt ihn völlig kalt. Und auch ich bin nicht an Einzelheiten int eressiert. Es reicht völlig, wenn du mir erzählst, was sie plant. Aber es kann nicht schaden, wenn du hier und da ein wenig indiskret und unvorsichtig bist. Schließlich kann Rowin nur etwas unternehmen, wenn offensichtlich wird, dass die Königin untreu ist. Er muss sie schon vor dem ganzen Hof bloßstellen können, denn nur dann hat er einen Grund, sie nach Muran zurückzuschicken. Ich habe mich ein bisschen mit Nira, Ilins Zofe, angefreundet. Sie suchte Hilfe bei mir in einer Liebesangelegenheit, und ich gab ihr einen Trank, der ihr das Herz eines unserer Wachsoldaten geneigt machen sollte. Ich habe dem Trank ein wenig nachgeholfen und mit dem Jungen geredet. Nun ist Nira glücklich und besucht mich hier und da aus Dankbarkeit. So habe ich schnell herausgefunden, dass sie Ilin hasst, denn diese ist oft ungerecht zu ihr und schlägt sie. Auch keines unserer valaminischen Mädchen in ihrem Dienst kann sie leiden. So droht keine Gefahr, dass Ilin erfahren wird, dass ihr Verhältnis bei Hof bekannt ist, denn auch die Hofdamen verachten sie und drücken sich vor dem Dienst bei ihr, wo sie können. Man wird hinter Ilins Rücken tuscheln, aber niemand wird sie auf ein solches Gerücht ansprechen. Sorge dafür, dass man dich gelegentlich nachts in die Gemächer der Königin gehen sieht. Vielleicht hast du auch einen Kameraden, der ein solches Geheimnis besonders gern bewahrt, indem er es dem Nächsten unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt. Dann wird bald der gesamte Hof wie ein Bienenschwarm summen, und Rowin kann einschreiten. Das Beste würde sein, wenn er euch beide in Begleitung von Zeugen auf frischer Tat ertappen würde. Doch das wird er nie ohne dein Einverständnis tun, weil er dich dann zumindest für einige Zeit auf dem Schloss entfernen müsste um vorzutäuschen, dass er dich hat in den Kerker werfen lassen. Wenn dann über die Sache Gras gewachsen wäre, könntest du zurückkehren. Es
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