Das Traumtor Band II (German Edition)
Und so beschloss sie eines Tages, nun ihren zweiten Plan zu verwirklichen: Rowins Ermordung! Geschickt begann sie, Narins Bereitschaft dazu zu erwecken, wie sie glaubte. Ab sofort war sie besonders zärtlich und leidenschaftlich zu ihm, erfüllte jeden seiner Wünsche, selbst wenn sie sich dazu überwinden musste, und ergab sich ihm mit einer Sanftmut, die Narin hellhörig werden ließ.
„Ilin plant etwas!“ sagte er daher eines Morgens zu Leston, als er mit dem Arzt im Laboratorium frühstückte. „Ich weiß noch nicht, was es ist, aber sie versucht, mich für irgendetwas günstig zu stimmen. Sie ist sanft wie ein Täubchen und beklagte heute Nacht bitterlich, dass unsere Liebe nur im Verborgenen blühen dürfe. Sie sa gte, sie würde sich gern vor Göttern und Menschen zu mir bekennen, wenn sie es nur wagen dürfte. Wie gern würde sie mir Kinder schenken, doch das sei unmöglich, solange Rowin lebe, denn er würde uns beide töten lassen, wenn sie schwanger würde. Ich erschrak fürchterlich, weil ich dachte, sie würde mir nun eröffnen, dass sie es bereits sei, aber sie verneinte das. Ich weiß nicht, was ich von all dem halten soll!“ Er sah Leston völlig verwirrt an.
Der Alte nickte wissend, und seine Augen hatten mit einmal einen besorgten Au sdruck. „Es ist soweit!“ antwortete er ernst. „Sie plant genau das, was ich mir vorgestellt habe. Diese falsche Schlange! Warte nur ab! Bald wird sie dir gestehen, dass sie ein Kind von dir trägt, was natürlich nicht wahr sein wird. Aber sie will dich in Angst und Schrecken versetzen. Du sollst befürchten, dass der König euch beide und das ungeborene Kind töten lassen wird, denn er weiß ja genau, dass dieses Kind nicht von ihm sein kann. Sie will, dass du aus Furcht und Verzweiflung das einzige tust, was dir dann noch bleibt, um sie, dein Kind und dich selbst zu retten. Sie will, dass du Rowin – ermordest! Ist er erst tot, ist sie die Herrscherin von Valamin und wird dich als Mörder des Königs sofort enthaupten lassen. Somit hätte sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: sie wäre Rowin und den gefährlichen Mitwisser ihrer Taten auf einmal los! Warte nur ab, bald wird sie von dir fordern, dass du ihr deine Liebe beweist, indem du Rowin tötest!“
Narin war bei Lestons Worten aufgesprungen. Fassungslos sah er den Alten an.
„Nein, das... das kann nicht sein!“ stieß er hervor. „So schlecht kann auch diese Frau nicht sein!“
„Warum sollte sie nicht?“ fragte Leston, und ein weises, melancholisches Lächeln lag auf seinen Lippen. „Warum sollte sie anders sein als wir beide? Waren nicht auch wir bereit, sie für unsere Pläne aus dem Weg zu räumen?“
„Das ist doch wohl etwas ganz anderes!“ fuhr Narin auf. „Schließlich war sie bereit, uns alle in Tod und Verderben zu stürzen mit ihrem Krieg! Und hat sie uns nicht g enug Böses zugefügt, indem sie uns Athama nahm? Hat sie nicht unser aller Leben zerstört?“
„Sind wir nicht dabei, dass ihre zu zerstören?“ fragte Leston ernst. „Jeder, der bereit ist zu töten, behauptet, einen Grund dafür zu haben. Als wir beide den Wunsch he gten, Ilin zu töten, wollten wir Rache! Und genau das will Ilin auch, und auch sie fühlt sich im Recht. Rowin hat ihren Stolz verletzt, eines der wenigen Dinge, das ihr heilig ist, und auch du hast das wohl so manches Mal getan. Aus ihrer Sicht habt ihr beide dafür den Tod verdient. Aber auch, wenn ich ihre Art zu denken nachvollziehen kann, heißt das natürlich nicht, dass ich ihren Plänen nicht Einhalt gebieten werde. Daher ist nun für uns die Zeit des Handelns gekommen. Es muss bald etwas geschehen, denn hat Ilin dir erst einmal ihr Verlangen genannt, wird sie dir nicht viel Zeit zum Überlegen geben. Wer weiß, welche andere Version sie noch in der Hinterhand hat, wenn du dich wider Erwarten weigern solltest? Dann entgleitet sie unserer Aufsicht und wir müssen um Rowins Leben fürchten. Du musst es mir daher sofort sagen wenn sie dir durch ihr Ansinnen den Dolch ihrer Rache in die Faust drücken will. Dann ist es höchste Zeit, dass der König eingreift. Ich werde gleich jetzt versuchen, ihn zu sprechen, denn er muss wissen dass der Höhepunkt bevorsteht.“
„Ich kann es noch nicht glauben, Leston“, murmelte Narin. „Warte noch, vielleicht plant sie doch etwas ganz anderes.“
„Junger Narr!“ lächelte der Arzt verächtlich. „So geh denn hin und höre es aus ihrem eigenen Munde, wenn du der Weisheit meiner Jahre
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