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Das Traumtor (German Edition)

Das Traumtor (German Edition)

Titel: Das Traumtor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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erschien.
    „Alle denken, du seist eine ausländische Fürstin“, hatte er mich beruhigt. „Außerdem weiß jeder, daß du zu mir gehörst, und darum gebührt der Platz an meiner Seite dir.“
    So hatte ich mich denn gefügt, und ich muss sagen, daß mich ein Gefühl von ungeheurem Stolz erfüllte, als ich nun unter den Hochrufen der Leute an seiner Seite quer durch die ganze Stadt ritt zum Palast seiner Väter. Als wir dort anlangten und ich das Gebäude vor mir liegen sah, entfuhr mir ein Ausruf des Entzückens. Schon der Palast in Torlond war wunderschön gewesen, aber das hier übertraf alle meine Erwartungen. Der Herrschersitz von Varnhag war eine Mischung aus Burg und Schloß. Er lag auf einer kleinen Anhöhe über der Stadt, und die Stadtmauern führten rechts und links bis zu ihm hinauf, sodaß das Gebäude mit seiner Vorderfront ihre Fortsetzung bildete. Es war aus den hellen, fast weißen Steinen errichtet, aus denen auch die übrigen Häuser der Stadt bestanden. Zwei hohe Türme ragten rechts und links an seinen Seiten in den Himmel, deren spitze Dächer mit Kupferplatten gedeckt waren, die im Licht der Sonne rotgolden glänzten. Das Banner von Valamin flatterte auf dem rechten Turm, den linken zierte die Fahne mit Rowins eigenem Wappen. Über der nur durch ein großes Tor durchbrochenen Frontmauer erhob sich das Gebäude selbst mit zahlreichen Bogenfenstern, Türmchen und Erkern, sodaß es trotz seiner massigen Konstruktion verspielt und leicht wirkte.
    Wir ritten durch das Tor und kamen in einen geräumigen Innenhof, in dem wir von zahlreichen Leuten erwartet wurden. Schnell sprangen einige Pagen zu, um die Pferde zu halten. Rowin sprang ab und hob mich aus dem Sattel, denn sehr zu unserem Missfallen hatte er darauf bestanden, daß Deina und ich an diesem Morgen in kost-bare Kleider schlüpften und unseren Einzug in Varnhag in Damensattel absolvierten. Doch nun mußte ich gestehen, daß es auch für mein Empfinden ein Stilbruch gewesen wäre, wenn ich die wie ein Mann in Reithosen zu Pferd gesessen hätte. Zwei kleine Jungen sprangen zu und ergriffen die Schleppen unsere Kleider. Und nun geleitete mich Rowin die Stufen zu dem reich verzierten Portal hinauf, das ins Innere des Schlosses führte. Deina folgte an der Seite Targils.
    In einem riesigen Saal war eine lange Tafel gedeckt, an der sich der ganze Hof versammelte. Es gab ziemlich viel Rummel, und ich wünschte sehnlichst, das ganze Trara mit Ansprachen und Reden wäre endlich vorbei und ich wäre mit Rowin allein. Doch ihm schien das alles nicht das Geringste auszumachen und er nahm den Zirkus mit ruhiger Gelassenheit hin. Als er dann die Tafel endlich aufgehoben hatte, hoffte ich, daß wir nun ein paar Stunden für uns hätten bis zum Abend, aber ich wurde enttäuscht. Rowin nahm meiner Hand, küsste sie zärtlich und sagte:
    „Man wird dich in unserer Räume führen, Athama. Dort kannst du dich ein wenig ausruhen und dich dann für das Fest heute Abend bereit machen. Du weißt ja, heute ist nicht nur für mich, sondern auch für Deina und Targil der große Tag. Nach meiner Krönung werde ich die beiden offiziell verheiraten, denn sie sind nach dem Gesetz noch genauso wenig ein Paar wie ich König bin, bis die Zeremonien nicht vollzogen sind. Mach die schön für mich, mein Herz, denn ich möchte, daß der ganze Hof meine süße Geliebte bewundert.“
    Noch einmal küsste der meine Hand, dann eilte er mit einem Pulk von Würdenträgern hinaus. Irgendwie war ich enttäuscht, obwohl ich ja wußte, was heute Abend stattfinden würde. Ich sah zwar ein, daß er jetzt wirklich keine Zeit für mich hatte, aber meine Enttäuschung hatte wohl noch einen tieferen Grund. Hatte ich wirklich im Stillen erwartet, daß er an diesem wichtigen Tag – mich heiratete? Ich gestand mir ein, daß ich mir das eigentlich gewünscht hatte, obwohl mir klar war, daß es nicht geschehen würde. Rowin war – obwohl Herrscher seines Landes – in dieser Beziehung nicht frei in seinen Entscheidungen und mußte sich Tradition und Sitte beugen. Somit konnte er keine Fremde wie mich zur Frau nehmen, die eines Tages wie vom Himmel gefallen in Valamin aufgetaucht war. Er würde wohl eines Tages eine für sein Land wichtige und nützliche Verbindung eingehen müssen, so wie es ja über Hunderte von Jahren auch in unserer Gesellschaft üblich gewesen war. Wir hatten nie über dieses Thema gesprochen, beide ängstlich bemüht, diesen heiklen Punkt nicht zu berühren. Trotzdem

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