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Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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gefolgt von 21, 22, 23 und schließlich 24.
    Die Türen glitten auf.
    Helen kauerte in einer Ecke und sah sie aus tränennassen Augen an. Ihr Gesicht war feucht und gerötet. Ihre Hände umfassten die angezogenen Knie. Die Rückseite ihres Rocks lag auf dem Boden und legte den Blick auf ihre dicken, bleichen Schenkel frei.
    Cora hielt die Tür auf. Die anderen eilten in die Kabine.
    Sie fragten sie, ob alles in Ordnung sei. Ob Wayne ihr etwas getan habe. Helen schüttelte nur den Kopf und schluchzte. Sie halfen ihr auf und führten sie aus dem Aufzug.
    »Bringt sie aufs Zimmer«, sagte Cora. »Ich rufe den Sicherheitsdienst.«
    »Nein«, keuchte Helen. »Nicht!«
    »Brauchst du einen Arzt?«, fragte Abilene und nahm Helen in den Arm.
    »Nein. Nein!«
    »Hat er dich vergewaltigt?«, fragte Finley.
    »Verflucht. Ihr solltet euch mal hören! «
    »Was hat er denn dann mit dir angestellt?«, wollte Cora wissen.
    »Er … er hat mich geküsst«, stieß Helen zwischen tiefen Schluchzern hervor. »Er hat mich geküsst. Er war so nett und … ihr wart alle so gemein zu ihm.«

30
    »Das Gewehr!«, rief Abilene, während sie das Seil um eine Strebe der Metallleiter schlang.
    Cora ließ die Ruder los. Sie lösten sich aus der Verankerung und trieben davon, als Cora im sinkenden Boot kniete und die Flinte am Lauf aus dem Wasser fischte.
    Abilene griff nach dem Gewehrkolben. Sie klemmte sich die Waffe unter den Arm, griff nach der oberen Kante des Floßes, stemmt ihre Füße gegen die rutschigen Bretter und zog sich hinauf.
    Cora kletterte die Leiter hinauf. Auf Händen und Knien kroch sie über das schwankende Floß und legte sich neben Abilene, wobei sie sich mit einer Hand an der Kante festhalten musste.
    Nur wenige Augenblicke später lag Vivian erschöpft neben ihr.
    Finley kletterte ebenfalls die Leiter hinauf. »Geschafft!«, sagte sie grinsend. Sie ließ sich neben den anderen nieder und schlang ihre Beine um einen der Stützpfeiler.
    Abilene kroch auf sie zu.
    Wir haben es geschafft! Gott sei Dank. Wir sind alle in Sicherheit. Zwar noch nicht am Ufer, aber zumindest außer Gefahr.
    Durch den starken Regen konnte sie gerade so das Ende des Steges ausmachen.
    Dort sollten wir sein, nicht hier.
    Aber das Wasser, das sie vom Steg trennte, war ein wirbelndes, aufgepeitschtes Chaos.
    Lieber kein Risiko eingehen, wenn es nicht unbedingt sein muss.
    Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Sie fragte sich, ob sich jemals wieder eine von ihnen trauen würde, diesen blöden Spruch in den Mund zu nehmen.
    Genau dieses Motto hat uns erst in den ganzen Schlamassel gebracht. Wir hätten alle ertrinken können.
    Dann erinnerte sie sich mit einem Mal daran, dass Helen tot war.
    Und immer noch im Duschraum lag.
    Sie fühlte sich schuldig, weil die Trauer sie nicht sofort übermannte. Wahrscheinlich war sie zu glücklich, dass sie und die anderen mit dem Leben davongekommen waren. Hätte sie nicht so schnell reagiert und Battys Arm gepackt, wäre Finley jetzt ebenfalls tot – mit einem Messer im Rücken. Und wenn das Boot mitten auf dem See gekentert wäre …
    Ist es aber nicht. Wir sind gerettet.
    Trotzdem hätten wir nicht noch mal zu Batty gehen sollen.
    Aber es hatte ja alles geklappt. Sie hatten das Gewehr.
    Sie nahm die Schrotflinte aus der Armbeuge und legte sie vor sich hin. Langsam ließ der Regen nach.
    »Hey!«, rief Finley und deutete auf den Himmel.
    Vivian und Cora rollten sich herum und blickten ebenfalls auf.
    Der Wind ließ nach und ein paar letzte Tropfen regneten auf sie herab. Bald schlingerte das Floß nur mehr sanft über die Wellen.
    Die Wolken zogen vorüber, und als die Sonne hervorkam, wurde es so hell, dass Abilene die Augen zusammenkneifen musste. Sie beobachtete, wie die letzten Gewitterwolken hinter den Baumwipfeln am Seeufer verschwanden. Obwohl es im Wald noch regnete, konnte sie weder Blitze sehen noch Donner hören.
    Als ob das Gewitter nur heraufgezogen wäre, um uns das Leben schwer zu machen, dachte sie. Als ob Batty es heraufbeschworen hätte, um sie zu ertränken.
    Lächerlich!
    Sie drehte sich um und blickte über das glitzernde Wasser. Am gegenüberliegenden Ufer waren einige Weiden zu erkennen, aber sie wusste nicht genau, neben welcher Battys Hütte stand. Von Batty selbst war nichts zu sehen.
    »Also«, sagte Cora. »Verschwinden wir?«
    »Was ist damit?«, fragte Abilene und hob die Flinte. »Damit kann ich nicht schwimmen.«
    »Hierlassen können wir sie nicht«, sagte Finley. »Nicht nach dem,

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