Das Treffen
anderen.
»Ihr schafft das«, sagte Vivian.
»Kein Problem«, fügte Finley hinzu.
Abilene hatte schon fast nicht mehr damit gerechnet, unversehrt festen Boden unter den Füßen zu spüren.
»Gehen wir den Hügel hinauf«, sagte Cora. »Dort machen wir Pause.«
Abilene grunzte zustimmend. Vivian und Finley machten ihnen Platz. Hinter einer einigermaßen flachen Grasfläche stieg der Boden an. Am Waldrand war das Gras im Gegensatz zu den schon fast wieder getrockneten Planken des Stegs vom Regen noch völlig durchnässt.
Langsam arbeiteten sie sich die Böschung hinauf, wobei sie darauf achteten, nicht auszurutschen und hinzufallen. Die Mündung der Schrotflinte versank tief in der matschigen Erde, und Cora musste bei jedem Schritt daran zerren, um sie aus dem Schlamm zu lösen. Genau wie Abilene war auch sie völlig durchgeschwitzt und außer Atem. Coras Haut war warm und glitschig, und ihr linker Arm lag wie ein schweres Gewicht um Abilenes Hals.
Auf der Hälfte des Weges spürte sie, wie jemand seine Hand auf ihren Rücken legte und sie schob. Anscheinend hatten sich Finley und Vivian entschlossen, ihnen zu helfen.
Genau wie vorhin, als sie das Boot gezogen hatte, dachte Abilene.
Cora erschien ihr jetzt nicht mehr so schwer, und auch der Hügel schien weniger steil zu sein.
Als sie oben angekommen war, zwickte sie jemand in den Po. Jetzt bestand kein Zweifel, wer ihre Helferin gewesen war – Finley.
»Au! Fin, du Zicke!«
»Konnte nicht widerstehen.«
Gemeinsam halfen sie Cora, sich hinzusetzen. Abilene ließ sich neben sie zu Boden fallen. Zweige und Steine bohrten sich unangenehm in ihren Rücken, doch das Gras fühlte sich wunderbar kühl an. Sie lag ausgestreckt da und holte Luft.
»Das Schlimmste haben wir hinter uns«, sagte Vivian, die neben ihr saß. »Ab hier ist der Weg ziemlich flach.«
»Es ist trotzdem noch ein ganz schönes Stück«, sagte Abilene.
»Ich kann für dich einspringen«, sagte Vivian.
»Genau«, sagte Finley. »Wir wechseln alle paar Minuten durch.«
»Und wer löst mich ab?«, fragte Cora.
»Du bist ja ein richtiger Scherzkeks«, sagte Finley.
»Danke.«
»Zu schade, dass es nicht eine von uns erwischt hat«, sagte Vivian.
»Dich zum Beispiel«, sagte Finley. Abilene musste nicht aufsehen, um zu wissen, dass Finley grinste.
»Wäre besser gewesen«, sagte Vivian. »Cora ist die Größte von uns.«
»Und die Schwerste«, fügte Abilene leise hinzu.
»Zweifellos«, sagte Finley. »Deswegen ist sie ja auch eingebrochen.«
»Wirklich saukomisch, Finley.«
»Wenn sich eine von uns den Knöchel gebrochen hätte«, sagte Vivian, »hätte Cora sie einfach tragen können.«
»Vielleicht hat Batty das so geplant«, sagte Abilene und fragte sich, ob sie es wirklich nur im Spaß meinte. »Damit wir nicht von hier verschwinden können. Sie hat die Planke einbrechen lassen, um die Stärkste der Gruppe auszuschalten.«
»Red kein Blech«, sagte Cora. »Die Planke war eben morsch. Nichts weiter.«
»Die anderen sind aber noch recht stabil«, sagte Vivian.
»Damit wäre es wohl bewiesen«, sagte Finley. »Der alte Batty hat uns verflucht. Wir sind rettungslos verloren.« Diesmal lachte niemand.
Abilene knöpfte ihre Bluse auf und öffnete sie. Der schwache Wind strich kühl über ihre Haut und trocknete den Schweiß. »Fluch hin oder her«, sagte sie. »Man kann nicht bestreiten, dass wir, seit wir bei Batty waren, ständig in Schwierigkeiten geraten.«
»Die Schwierigkeiten haben schon viel früher angefangen, Schätzchen«, sagte Finley. »Da musst du nur Helen fragen.«
Langsam kämpften sie sich durchs Unterholz. Mithilfe der Flinte humpelte Cora vorwärts, bis sich die Gürtel um die Schienen lösten und Abilene sie erneut festzurren musste. Cora klammerte sich an Finley fest, und sie zogen weiter. Als sich die Gürtel erneut lockerten, knotete Abilene ihre Bluse fest um sie herum. »Das sollte fürs Erste reichen«, sagte sie.
Endlich hatten sie den Waldrand erreicht. Abilene, die an Coras Seite durchs Unterholz schritt, konnte die Lodge am Ende der Lichtung erkennen.
»Lass mich runter«, sagte Cora keuchend.
Abilene ließ sie vorsichtig auf den Boden gleiten. Sie hätte sich zu gerne selbst ebenfalls ausgestreckt, wusste jedoch, dass sie in ein paar Minuten ohnehin wieder aufstehen musste. Daher beugte sie sich nur vor und stützte die Hände auf die Knie. Schweißtropfen fielen von Nase und Kinn herab und strömten in Bahnen über ihr Genick, ihren
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