Das Trumpf-As der Hölle
hatten wir die City von London erreicht und gerieten abermals in den Verkehr. Es dauerte über eine halbe Stunde, bis ich meinen Bentley auf dem Hof des Yard Building parken konnte. Aufatmend verließen wir den Wagen.
Tanith blieb auf dem Hof stehen und schaute an der hohen Fassade hoch. »Ich mag diese Häuser nicht«, sagte sie. »Für mich sind sie etwas Unechtes, Größenwahnsinniges, das nur von überheblichen Menschen gebaut werden konnte.«
»Aber platzsparend«, hielt ich entgegen. »Wenn Sie daran denken, was hier der Boden kostet.«
»Wenn man es so sieht.«
»Das muss man.«
Unser Chef, Superintendent Sir James Powell, wusste Bescheid. Vor unserer Fahrt zum Flughafen hatte ich ihn bereits informiert, und er erwartete uns in seinem Büro.
Ich klopfte an und wunderte mich, dass Sir James persönlich öffnete. Der Alte war ja richtig in Form. Seine Augen hinter den dicken Brillengläsern leuchteten, als er Tanith sah. »Herzlich willkommen bei uns«, begrüßte er sie und reichte ihr beide Hände.
Suko grinste ebenso wie ich. Heimlich stießen wir uns an. Der Alte konnte richtig charmant werden, und er geleitete Tanith auf den bequemsten Besucherstuhl. »Bitte, nehmen Sie doch Platz. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Nein, danke, ich habe im Flugzeug gegessen und getrunken.« Sie lächelte uns an. Wir hatten uns ebenfalls hingesetzt, und Sir James nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. Er krauste die Stirn und blätterte in einigen Papieren, die vor ihm lagen. »Mr. Sinclair hat mir bereits berichtet, was vorgefallen ist, und ich habe mich ebenfalls nach diesem Arsenius erkundigt. Dabei ist etwas Interessantes herausgekommen. Wir haben ihn. Wir wissen, wo er arbeitet.«
»Das ist gut«, sagte ich.
»Ja, natürlich.« Sir James schluckte. »Aber so einfach kommen wir an ihn nicht heran, weil wir ihm nichts beweisen können. Er hat seit einem halben Jahr einen festen Job als Psychologe.«
Tanith lachte, als sie das hörte und irritierte unseren Chef ein wenig.
»Entschuldigen Sie, Sir James, aber er wechselt seine Gewohnheiten nie, das sehe ich jetzt.«
»War er denn Psychologe?«
»Er gibt dies als Beruf an.«
Sir James nickte. »Das muss stimmen. Er muss die entsprechenden Unterlagen besitzen, denn sonst hätte er in keinen Staatsdienst eintreten können.«
»Staatsdienst?« fragte ich.
»Ja, da scheinen wir dem Steuerzahler ein Kuckucksei ins Nest gelegt zu haben. Arsenius ist nämlich Gefängnis-Psychologe in einem Zuchthaus, aus dem zwei Männer geflohen sind, die sich anschließend als Werwolf und Vampir entpuppten.«
»Das ist typisch für ihn«, erklärte Tanith. »Ich hätte ihm auch kaum etwas anderes zugetraut.«
Ich enthielt mich eines Kommentars. Hinter meiner Stirn jedoch jagten die Gedanken. Arsenius hatte durch den Beruf als Zuchthaus-Psychologe natürlich alle Vorteile auf seiner Seite. Vor allen Dingen kam er an Menschen heran, die sich nicht wehren konnten, denn sie befanden sich in seiner Hand. Er war immer der Stärkere, und wenn er es geschickt anstellte, konnte er bald das gesamte Zuchthaus unter Kontrolle bekommen. Die Gefangenen würden ihm gehorchen und nur das tun, was er ihnen befahl. Das waren trübe Aussichten.
»John, Sie sagen nichts«, unterbrach die Stimme meines Chefs meinen Gedankengang.
»Ich dachte schon an die Folgen, Sir.«
»Die können in der Tat schlimm sein, wenn wir nichts unternehmen.«
»Hat man denn nicht bemerkt, dass zwei Gefangene fehlen?« wollte Suko wissen.
»Natürlich wurde Alarm gegeben.« Sir James lächelte. »Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt und auch mit dem Direktor des Zuchthauses gesprochen, der sich überrascht zeigte, dass wir die beiden Flüchtlinge schon hatten. Nur von Arsenius habe ich nichts erwähnt, nur durch Fragen herausbekommen, in welch einer Funktion er innerhalb des Zuchthauses tätig ist.«
»Macht der Direktor einen vertrauenserweckenden Eindruck?« wollte ich wissen.
»Auch über ihn habe ich mich erkundigt. Er leitet das Haus seit nunmehr acht Jahren, und es hat bisher keinen Ausbruch gegeben. Der Mann, er heißt Thomas Randall, steht vor einem Rätsel.«
»Das er allein nie lösen wird«, sagte Tanith.
»Und warum nicht?«
Die Hellseherin schaute den Superintendenten an. »Arsenius ist eine Gefahr, Sir. Die Menschen sind in seinen Händen wie Wachs, daran sollten Sie denken. Er kann sie manipulieren, er kann mit ihnen spielen. Halten Sie sich das immer vor Augen.«
»Der Ansicht
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