Das Trumpf-As der Hölle
Tanith zog den Stecher durch. Obwohl sie die Beretta beidhändig festhielt, spürte sie den Rückschlag, der die Waffe nach oben brachte, aber die Bestie war ihr so nahe gekommen, dass sie sie nicht verfehlen konnte.
Das geweihte Silbergeschoss hieb in den Körper des Unheimlichen. Stoppen konnte er seinen Sprung nicht mehr. Obwohl er tödlich getroffen war, wuchtete er gegen Tanith und riss die Frau mit seinem Gewicht von den Beinen.
Tanith schrie auf, einen Schlag bekam Suko noch ab, der ebenfalls zu Boden ging und sich überrollte, bevor er liegen blieb, wie auch Tanith, die an die Erde genagelt wurde, denn die schwere Bestie konnte sie nicht von sich wegstemmen.
Sie stand eine fürchterliche Angst aus, denn sie rechnete damit, dass das Monstrum letzten Endes doch noch zubeißen konnte. Das Silber war stärker. Es riss dem Unheimlichen die Kraft aus dem Körper und zerstörte ihn auf die Art und Weise, wie Werwölfe immer ums Leben kamen. Er löste sich auf…
Plötzlich spürte Tanith, wie das Fell zwischen ihren Fingern spröde, trocken und brüchig wurde. Sie konnte es so abreißen, und in ihrer Wut tat sie das auch, während ihr Waffenarm eingeklemmt war. Sie dachte an die restlichen Vampire und daran, dass sie den Werwolf von sich stemmen musste, da wurde ihr geholfen.
Starke Hände packten den sich langsam auflösenden Wolfskörper und schleuderten ihn zur Seite. Suko hatte sich wieder einigermaßen erholt und die Situation sofort erkannt.
»Tanith!« keuchte er.
Die Wahrsagerin riss die Augen weit auf. Sie erkannte das Gesicht über sich mit der blutigen Schramme darin und fühlte auch schon, wie sie hochgezogen wurde. »Reißen Sie sich noch einmal zusammen!«
Wie aus einem tiefen Traum erwachte sie. Er schleuderte sie förmlich zurück in die Realität, und sie nickte heftig.
»Raus hier!« Suko drängte. Tanith merkte nicht, dass der Chinese ihr die Beretta abnahm und noch ein wenig schwankend vor der Leiter stehen blieb, die Tanith hochkletterte.
Er wollte die Vampire erledigen, die noch übrig geblieben waren, doch sie waren nicht mehr zu sehen. Bis auf Suko war die Höhle leer. Der Chinese ließ die Waffe sinken. Er schüttelte verwundert den Kopf, ging ein paar Schritte vor, schaute in die Särge und fand sie leer. Aber dahinter sah er etwas.
In der Wand befand sich eine Öffnung. Nicht sehr groß. Ein kriechender Mensch passte hindurch. Jetzt wusste Suko, welchen Weg seine Gegner genommen hatten, und er glaubte auch, innerhalb des Fluchttunnels Geräusche zu vernehmen.
Suko verfolgte die Vampire nicht. Wäre er allein gewesen, hätte er sich dazu sicherlich entschlossen, aber so musste er auf Tanith Rücksicht nehmen, sie konnte er auf keinen Fall allein lassen. Suko glaubte auch, dass die Vampire nicht aus der Welt waren. Sie hatten sicherlich ein Ziel, irgendwann würden sie bestimmt wieder dem Chinesen und der Wahrsagerin begegnen.
Die Lampe hatte er aufgehoben. Der Strahl war ziemlich blass geworden, ein Zeichen, dass die Batterie ihren Geist bald aufgab. Suko wollte auch so schnell wie möglich die Höhle verlassen. Hier hielt ihn nichts mehr.
Er stieg die Leiter hoch und traf Tanith draußen, wo sie tief einatmete. Die Wahrsagerin machte einen erschöpften, aber glücklichen Eindruck. Der Lebensgefahr war sie im letzten Moment entronnen, obwohl ihre Knie weiterhin zitterten, wie sie ehrlich zugab.
»Das ist menschlich«, sagte Suko. »Wir sind alle keine Maschinen, auch ich hatte Angst.«
»Das glaube ich Ihnen nicht.«
»Doch.« Der Chinese schaute zum bedeckten Himmel hoch, der sich weit über ihnen spannte. »Vielleicht habe ich es gelernt, meine Angst besser unter Kontrolle zu halten, mehr auch nicht. Ein Mensch, der keine Angst hat oder es nicht zugibt, ist entweder dumm oder ein Ignorant.«
»Das haben Sie gut gesagt.«
»Und Sie haben erlebt, wie hart die andere Seite zuschlagen kann. Die Welt der Dämonen ist sehr vielschichtig. Man kann ihnen, wie Sie es tun, durch die Kugel begegnen oder es auf eine Art und Wiese machen wie wir. Das bleibt sich gleich.«
»Und die Vampire?«
Suko schaute Tanith an und hob dabei die Schultern. »Ich hätte sie gern erledigt, aber sie sind durch einen Geheimgang geflohen.«
Tanith erschrak. »Dann müssen wir weiterhin mit ihnen rechnen?«
»Ja.«
Die Hellseherin aus Paris hüllte sich enger in ihre Parka-Jacke, als würde sie frieren. Ein wenig komisch war ihr schon zumute, aber sie riss sich zusammen und sagte: »Wenn Sie bei
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