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Das Turmzimmer

Das Turmzimmer

Titel: Das Turmzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonora Christina Skov
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Fontaine, von dem wohl jeder gehört hat, nachdem er ein paar Oscars und alles Mögliche andere gewonnen hatte. Ich hätte ihn mir auch ganz bestimmt angesehen, wenn ich das Geld dazu gehabt hätte. Doch offenbar meinte Nella das Buch, das als Vorlage für den Film gedient hatte. Diese Daphne hatte es anscheinend geschrieben und Antonia in den letzten Jahren, was den Verkauf ihrer Bücher anging, weltweit überholt. Ja, so etwas hat es gegeben.
    »Der Briefwechsel … irgendwo muss es doch einen Briefwechsel geben!«, rief Nella, während sie aus dem Zimmer rannte, und als sie einige Zeit später wieder an die Tür klopfte, war ich überzeugt, dass sie genau den gefunden hatte. Sie schien so eifrig, dass sie mich nicht daran zweifeln ließ, dass ihr Fund offenbar wichtiger war als alles andere. Auch als dieses Buch.
    »Was willst du?«
    Um es geradeheraus zu sagen, war es mir vollkommen egal, was sie wollte. Gott bewahre, mir war schon klar, dass ein möglicher Briefwechsel zwischen Antonia von Liljenholm und Daphne du Maurier Gold wert wäre, denn Nella hatte den ganzen gestrigen Abend von nichts anderem geredet. Doch ich steckte mitten in einem der Kapitel, die bald folgen, und war gerade bei der Stelle angelangt, an der ich vorsichtig einen Aktenschrank öffne und eine Dokumentenmappe mit der Aufschrift »Antonia« entdecke. Deshalb bewegten sich weder meine Hände noch meine Augen von der Tastatur weg.
    »Agnes! Schau mal!«
    Nella trippelte hinter mir auf und ab.
    »Hat das nicht einen Augenblick Zeit?«
    Es war auf eine Weise still geworden, die einer Art Antwort glich. Ich drehte mich um, starrte sie an, bis Tränen in meine Augen traten. Das lag nicht so sehr daran, dass Nella eine neue Kreation aus dem Turmzimmer trug, denn das tat sie eigentlich jedes Mal, wenn ich sie sah. Ich hatte auch schon höher geschlossene wie auch buchstäblich gesprochen kleinere Kleider an ihr gesehen als das, das sie heute trug, einschließlich derer über ihrem Arm, die sie jetzt auf meinem Schreibtisch ablegte. Bald lagen mindestens zehn Kleider darauf. Und alle waren weiß. Weiße Kleider mit Volants und Faltenwürfen, romantische, mit Perlen bestickte und hauchdünne mit einem feinen, kleinen Markenzeichen im Nacken. Mary Pickford hätte jedes einzelne geliebt.
    »Was in aller Welt machen Lillemors Kleider hier?«
    »Ja, das frage ich mich auch.« Nella reichte mir einen Stapel Manuskriptseiten. Die Kapitel, die Sie gerade gelesen haben. Sie fing meinen Blick ein. Ihre Augen waren gerötet.
    »Ich habe die Kapitel gestern Abend gelesen«, sagte sie. »Sie haben mich wirklich berührt, Agnes, das muss ich sagen. Ich hatte doch keine Ahnung von all dem und der toten Agathe und Agathe Couture .«
    Die letzten Worte betonte sie besonders, und meine Hände waren schneller als mein Kopf. Sie rafften resolut die Kleider zusammen und legten sie über die Rückenlehne meines Ohrensessels.
    »Wo hast du die her?«
    »Die Kleider? Aus dem Kleiderschrank im Turmzimmer. Ich habe sie schon vor vielen Wochen gefunden.«
    Ich trat unwillkürlich einen Schritt zurück, als sie die Hand nach mir ausstreckte.
    »Schon vor vielen Wochen?«
    Sie sah an sich herunter und nickte.
    »Ja, bis gestern habe ich doch geglaubt, dass deiner Lillemor nur das bekannte Geschäft Waschen und Mangeln vom Feinsten gehört, das du mir einmal in Nyhavn gezeigt hast, als wir ohnehin in der Gegend waren. Es hat mich natürlich gewundert, dass sie dir so viel Geld anbieten konnte und dass du es ausgeschlagen hast. Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass all die weißen Kleider da oben ihr Werk waren. Woher hätte ich das auch wissen sollen?«
    Sie hatte recht. Schließlich ist sie meiner lieben Lillemor nicht ein einziges Mal begegnet, obwohl beide sich das sehr gewünscht hätten. Ich habe längst entschieden, dass Nella dort nichts zu suchen hat, doch als wir hier standen und Nella sich umdrehte, sodass der Rock ihres Kleides schwang, war ich mir nicht mehr so sicher. Nella sah wirklich ungeheuer anmutig aus in Lillemors Kleid, und sie trug ihre langen Locken auf die gleiche Weise wie Mary Pickford in Rebecca of Sunnybrook Farm .
    »So sehr ähnele ich Mary Pickford in Rebecca of Sunnybrook Farm nun auch wieder nicht«, sagte sie, als hätte sie meine Gedanken erraten. Eigentlich wollte ich ihr gestehen, dass sie weitaus besser aussah, doch aus meinem Mund kam nur die offensichtlichste Frage.
    »Kann das ein Zufall sein, dass die Kleider da oben hingen?«
    Nella

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