Das Ultimatum
strengen Ehrenkodex und verachtet Menschen, die lügen und charakterlos sind. Wenn es sein müsste, würde er ohne zu zögern sein Leben opfern, um einen Kameraden zu retten. Seine größte Angst ist, sich eines Tages sagen zu müssen, dass er sein Leben vergeudet hat, weil er nicht alles gegeben hat. Er verachtet Leute, die keinerlei Prinzipien haben. Politiker und Bürokraten sind ihm grundsätzlich zuwider. Er lernt in seiner Ausbildung, wie man möglichst effizient tötet, und er betrachtet das mit der Zeit als einen durchaus akzeptablen Weg, wie man Probleme lösen kann. Wenn er zur Überzeugung gelangt, dass irgendjemand wirklich schlecht und ungerecht ist, dann wird er den Abzug drücken, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Natürlich gibt es immer Ausnahmen, aber die Norm ist so, wie ich es Ihnen geschildert habe.«
General Heaney ließ seinen Arm auf den Tisch sinken. »Ich habe jetzt seit über dreißig Jahren mit den Special Forces zu tun, und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft ich irgendeinen von den Jungs sagen gehört habe, dass er liebend gern diesen oder jenen Politiker töten würde. Wir lernen also nicht nur, wie man tötet – nein, damit wir mit unserem Handwerk leben können, ohne den Verstand zu verlieren, bringt man uns auch bei, das Töten als eine gerechtfertigte Vorgehensweise anzusehen, weil wir nun einmal in einer Welt leben, in der es gute und böse Menschen gibt, und weil es zu verhindern gilt, dass die Bösen gewinnen.
Überlegen Sie doch mal, was wir von den Soldaten der Sondereinsatzkräfte verlangen. Wir schicken sie irgendwohin, um ziemlich abstoßende Dinge zu tun, und wir sagen ihnen, dass sie das alles tun, um die Vereinigten Staaten von Amerika zu schützen. Was glauben Sie, wird passieren, wenn einer dieser bestens ausgebildeten Soldaten auf den Gedanken kommt, dass die Politiker, die sein Land regieren, eine größere Bedrohung für Amerikas Zukunft darstellen als die religiösen Extremisten, die er gerade irgendwo am anderen Ende der Welt bekämpft hat?« Der General blickte McMahon ernst in die Augen. »Wenn solche Männer finden, dass die wahre Bedrohung für Amerika von innen kommt, nämlich von Leuten, die ›nur aus persönlicher Gier und aus parteipolitischen Erwägungen heraus handeln und denen die Zukunft Amerikas nicht wirklich am Herzen liegt‹, wie es die Attentäter in ihrem Brief formuliert haben …« Der General hielt kurz inne, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Nein, Mr. McMahon, für mich besteht kaum ein Zweifel, dass hinter diesen Taten Soldaten der amerikanischen Sondereinsatzkräfte stehen.«
23
Michael und Seamus O’Rourke betraten das Nobelrestaurant und wurden von einem schmächtigen Mann im Smoking begrüßt. Beide O’Rourkes waren makellos in dunkle Wollanzüge gekleidet. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte der Oberkellner.
»Für drei Personen, bitte«, sagte Michael.
»Haben Sie reserviert?«
»Ja, ich glaube, für Olson.«
Der Oberkellner sah im Reservierungsbuch nach und klatschte in die Hände. »Oh, dann müssen Sie der Abgeordnete O’Rourke sein. Und Sie sind bestimmt der Vater des Herrn Abgeordneten.«
»Nein, ich bin sein Großvater.«
»Oh.« Der Oberkellner blickte auf sein Buch hinunter. »Senator Olsons Sekretärin hat um einen Ecktisch etwas abseits gebeten.« Er nahm drei Speisekarten und ging voraus. »Wenn Sie mir bitte folgen möchten, ich bringe Sie zu Ihrem Tisch.«
Es war Viertel vor zwölf, und das Restaurant war fast leer. Einige Hilfskellner waren damit beschäftigt, die Tische für die Mittagsgäste vorzubereiten. Der Oberkellner schritt mit erhobenem Haupt zu einem runden Tisch am anderen Ende des Restaurants. Er trat beiseite und zog einen Sessel heraus, den er dem älteren der beiden O’Rourkes anbot. Seamus setzte sich, und der Oberkellner schob den Sessel an den Tisch zurück, ehe er sich mit einer Verbeugung zurückzog.
Seamus griff nach der Serviette und fragte: »Was hört man eigentlich von dem Budgetgipfel in Camp David?«
»Sie haben in den Frühnachrichten gemeldet, dass es Kürzungen in der Höhe von hundert Milliarden Dollar geben soll«, antwortete Michael mit skeptischer Miene.
»Aber du glaubst nicht, dass sie es wirklich tun?«
»Sie haben in den Nachrichten von Gerüchten gesprochen. Das kann zweierlei bedeuten: Entweder weiß keiner, was genau passiert ist, oder sie haben es durchsickern lassen, um die Reaktion zu testen.«
»Was trifft deiner Meinung nach
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