Das Ultimatum
Olson fünf Minuten gesprochen hatte, wurde das Essen serviert. Alle drei schoben ihre Teller beiseite, und Olson erzählte ihnen vom Plan des Präsidenten und seines Stabschefs, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Er wurde selbst immer zorniger, als er ihnen im Detail erläuterte, wie die Regierung in Wirklichkeit noch mehr ausgeben würde, aber durch verschiedene buchhalterische Tricks den Anschein erwecken wollte, die Ausgaben zu senken. Seinen beiden Zuhörern fiel es immer schwerer, still dazusitzen und zuzuhören. Als Olson mit seinem Bericht fertig war, lehnte er sich zurück und trank einen großen Schluck Eistee.
Es war schließlich Seamus, der als Erster etwas sagte. »Diese Mistkerle haben es alle verdient zu sterben«, stellte er zornig fest.
Olson konnte nicht glauben, was er eben gehört hatte. »Das meinst du doch nicht im Ernst, oder?«
»Und ob ich das ernst meine.«
Olson wandte sich Michael zu, der jedoch schwieg. »Seamus, findest du nicht, dass du mit einem solchen Kommentar ein bisschen zu weit gehst – vor allem, wenn man bedenkt, was vor kurzem passiert ist?«
Der ältere der beiden O’Rourkes wiederholte sein vernichtendes Urteil. »Diese korrupten Mistkerle haben genau das verdient, was ihnen widerfahren ist.«
»Wie kannst du so etwas sagen!«
»Sie haben diesem Land großen Schaden zugefügt, und ich kann nur froh sein, dass sie tot sind.«
»Und es macht dir überhaupt keine Sorgen, dass eine Bande von Terroristen beschlossen hat, alle demokratischen Prozesse zu umgehen?«
»Was für den einen ein Terrorist ist, kann für den anderen ein Freiheitskämpfer sein.«
»Hast du das bei der IRA gelernt?«, stieß Olson hervor, bedauerte seine provokante Bemerkung aber, noch bevor er zu Ende gesprochen hatte. Es war nie ratsam, Seamus zu provozieren.
Der alte O’Rourke saß unbewegt wie ein Felsen da und sah Olson fest in die Augen. »Sagen wir, ich habe das jetzt nicht gehört.« Seamus O’Rourke hatte die IRA in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg finanziell unterstützt. Er war in Irland geboren und in jungen Jahren mit seinen Eltern in die Vereinigten Staaten emigriert. Seamus glaubte fest an Irlands Recht auf Selbstbestimmung, deshalb war Englands Herrschaft über den Norden Irlands für ihn genauso zu beurteilen wie die Eroberung Indiens oder irgendeiner anderen Kolonie des britischen Empires. Er hatte die paramilitärischen Aktivitäten der IRA unterstützt, bis sie mit ihren Bombenanschlägen auch unschuldige Zivilisten zu töten begannen. Damit konnte er sich einfach nicht mehr identifizieren. Für ihn war man im Recht, solange man als disziplinierter Soldat für die Unabhängigkeit seines Landes kämpfte – doch man setzte sich ins Unrecht, wenn man zu sinnloser Gewalt griff.
Es war schließlich Olson, der die peinliche Stille brach. »Du kannst doch nicht darauf pochen, dass das, was diese … diese Mörder getan haben, irgendwie zu rechtfertigen ist?«
»Ich finde es nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar notwendig.«
»Ich glaube, ich höre nicht recht. Ich meine, ich weiß ja, dass dir Politiker generell zuwider sind, aber du kannst doch nicht allen Ernstes behaupten, diese Männer hätten den Tod verdient.«
»So sehe ich das aber.«
»Hast du denn überhaupt kein Vertrauen mehr in die Demokratie? Schließlich können die Bürger dieses Landes bei jeder Wahl eine Änderung der Verhältnisse herbeiführen.«
»Das System ist zu kompliziert und zu korrupt geworden. Jeder einzelne Kandidat lügt, damit er gewählt wird, und verkauft seine Seele an irgendwelche parasitären Interessenverbände, die seinen Wahlkampf finanziert haben. Das Zweiparteiensystem macht einen echten Wandel unmöglich. Niemand ist mehr bereit, den wahren Problemen ins Auge zu sehen und das zu tun, was notwendig ist.«
»Ich sehe es ja auch so, dass vieles besser sein könnte, aber unser politisches System ist immer noch das beste, das es gibt.«
Seamus lachte laut auf. »Darüber lässt sich streiten, und selbst wenn du Recht hättest, wird es nicht mehr lange so bleiben, wie es ist.«
»Was soll denn das jetzt heißen?«
»Du brauchst dir doch nur die nackten Zahlen anzusehen, Erik. Wenn es so weitergeht, sind wir bald bankrott – und zwar moralisch und finanziell. Wir brauchen drastische Änderungen, sonst wird das mächtigste Land der Welt dasselbe Schicksal erleiden wie das alte Rom.«
»Und diese Änderungen sollen mit Gewalt herbeigeführt werden?«
Seamus rieb sich
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