Das Ultimatum
gehört vor allem auch, dass man niemals das eine sagt und das andere tut. Politiker wiederum sagen alles, wenn es ihnen nur hilft, im Amt zu bleiben. Probleme gibt es immer dann, wenn ein Politiker ohne Grundsätze und Ehrgefühl einem Soldaten mit Grundsätzen sagen will, was er zu tun hat. Das weckt oft eine extreme Abneigung unter denen, die den Anweisungen von korrupten Politikern folgen müssen.
So ziemlich jeder Angehörige der Sondereinsatzkräfte, den ich kenne, ist der festen Überzeugung, dass Washington von einem Haufen ehrloser Idioten regiert wird. Es ist immer wieder passiert, dass eine unserer Operationen aufgeflogen ist, weil diese verdammten Schwachköpfe ihren Mund nicht halten konnten. Und ich erinnere mich auch daran, dass wir manche Missionen nach monatelangen Planungen wieder abblasen mussten, weil irgendein Politiker im letzten Augenblick nicht den Mumm hatte, uns grünes Licht zu geben. Man muss verstehen, wie ein Angehöriger der Special Forces denkt. Diese Leute setzen ihr Leben für dieses Land ein – und dann müssen sie mit ansehen, wie diese korrupten Idioten Amerika vor die Hunde gehen lassen. Natürlich trifft das nicht auf alle zu. Es gibt auch gute, ehrliche Politiker, aber die sind eher die Ausnahme. Die meisten sind verlogene Egomanen, für die das Ganze ein einziges Spiel ist.« Mitchell hielt kurz inne, ehe er hinzufügte: »Es gibt viel Hass und Misstrauen zwischen den Streitkräften und Washington – und bei den Special Forces ist diese Haltung besonders extrem.«
»Dann ist der Brief deiner Ansicht nach ehrlich gemeint?«
»Wer weiß?« Mitchell blickte nachdenklich aus dem Fenster. »Wenn ich wetten müsste, würde ich sagen, ja, er ist echt. Verdammt, ihr braucht doch nur das Radio aufzudrehen oder in die Kneipe um die Ecke zu gehen – die Leute finden es zum Kotzen, wie dieses Land regiert wird … Diese Morde wurden nicht verübt, um die Regierung zu stürzen. Sie wurden deshalb kurz vor der Abstimmung begangen, weil an diesem Tag alle Zielpersonen dort waren, wo die Täter sie haben wollten. Nach meiner Einschätzung stecken ehemalige Angehörige der United States Special Forces hinter der Sache, und ich glaube, dass sie alles, was sie in dem Brief geschrieben haben, auch so meinen. Was wiederum heißt, dass diese Idioten in Washington langsam anfangen sollten, die Forderungen ernst zu nehmen, weil es sonst nämlich noch mehr tote Politiker geben wird.«
12
Direktor Roach stand in der Küche seines Hauses in einer Vorstadtsiedlung in Maryland. Die Sonntagsmesse begann um halb zwölf, und sie würden bald aufbrechen – aber zuerst wollte er noch schnell einen Blick in eine der politischen Sendungen im Fernsehen werfen, um zu sehen, wie sich die Regierung in der Öffentlichkeit präsentierte. Heute war Thomas Basset, der Sprecher des Repräsentantenhauses, in Inside Washington, einer wöchentlichen Polit-Talkshow, zu Gast. Während Roach zu dem kleinen Fernseher neben der Spüle hinüberblickte, kam sein jüngstes Kind herein und öffnete den Kühlschrank. Roach beugte sich zu seiner Tochter hinunter und küsste sie aufs Haar. »Guten Morgen, Katie.«
»Hallo, Dad«, antwortete die zwölfjährige Katie Roach. Sie war kein Wunschkind gewesen, sondern ein unerwarteter Nachzügler; Patty Roach war schon über vierzig gewesen, als sie das jüngste ihrer vier Kinder zur Welt brachte. Zwei von Katies Brüdern gingen aufs College, und der älteste Junge hatte sein Studium soeben abgeschlossen. Roach sah Katie oft mit einem versonnenen Lächeln an und dachte sich, was für ein unerwartetes Geschenk es für ihn und seine Frau doch war, auch noch dieses reizende Mädchen bekommen zu haben.
Die jüngste der Familie Roach stand etwas unschlüssig vor dem Kühlschrank. »Dad, kann ich mir eine Dose Coke nehmen?«, fragte sie schließlich.
»Du meinst wohl, ob du sie dir nehmen darfst, nicht wahr?«, erwiderte Roach und tätschelte ihr den Kopf. »Ja, du darfst dir eine nehmen.« Katie nahm sich eine Dose heraus und lief hinaus.
Im nächsten Augenblick kam Patty Roach herein. »Brian, ich will nicht, dass sie vor der Messe noch Limonade trinkt.«
»Liebling«, antwortete Roach, ohne den Blick vom Fernseher zu wenden, »sie ist zwölf Jahre alt. Ein bisschen Zucker wird sie nicht gleich umbringen.«
»Ich bin gespannt, ob du das auch noch so siehst, wenn sie nachher in der Kirche nicht still sitzen kann. Jetzt komm schon, schalt den Fernseher aus, ich möchte nicht zu
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