Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
etwas.«
»Gestern haben sie mir einen Irrenarzt geschickt. Der hat mir Prozac verabreicht. Prozac! Der hält mich für depressiv!«
»Sind Sie nicht depressiv?«
»Nein. Ich bin nicht depressiv.«
»Sie haben versucht, sich umzubringen«, sagte ich.
»Ja. Das Gleiche sagte er auch. Anscheinend ist das ein klassisches Symptom. Man hält es im Allgemeinen nicht für einen vernünftigen Schritt für jemanden in meiner Situation.«
»Er weiß bestimmt, was er tut.«
»Du hast zu viel Vertrauen zu Ärzten, Junge. Die stellen dir manchmal so dämliche Fragen, so etwas hast du noch nicht gehört! Ob ich hoffnungslos bin oder Angst vor der Zukunft habe … Man sollte meinen, er hätte sich nicht mal die Mühe gemacht, meine Akte zu lesen.«
»Sie übertreiben.«
»Wart’s ab, und urteile selbst – früher oder später wird einer von denen die Runde machen und hier auftauchen.«
»Wollen Sie denn, dass ich bleibe?«
»Warum nicht? Dann kannst du dich nachher mit den Ärzten zusammensetzen, und ihr könnt gemeinsam entscheiden, was das Beste für mich ist.«
Ich sagte nichts, aber ich schaute auch nicht weg. Ich wartete nur ab. Und dann glaubte ich zu bemerken, wie Mr. Petersons Wangen sich ganz leicht röteten.
»Weißt du, das Mädchen kam noch mal wieder«, sagte er. »Nachdem ihr schon weg wart.«
»Welches Mädchen?«
»Stell dich nicht dumm. Du weißt schon … das Mädchen. Das Mädchen mit den Zotteln.«
Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass Mr. Peterson von Ellies Pony sprach.
»Also wie ist das? Seid ihr beide …?«
»Nein!«
»Warum nicht? Ich glaube, sie mag dich.«
»Ich glaube das nicht. Und wenn, dann bestimmt nicht auf diese Art und Weise. Soweit ich das beurteilen kann, mag sie nur Deppen. Ältere Deppen.«
»Ich bin sicher, das wächst sich aus.«
»Mir gefällt dieses Gespräch nicht.«
Mr. Peterson zuckte mit den Schultern. »Wie du meinst. Ich sage ja nur, für jemanden, der dich nicht mag, war sie ziemlich sauer, als sie dachte, ich hätte dich aufgeregt.«
»So ist sie halt. Sie ist immer sauer.«
»Sie war stink sauer. Sie meinte, ich sei ein Arschloch und verdiene nicht das geringste Mitleid.«
»Ja, das klingt ganz nach ihr«, gab ich zu. »Sie ist ziemlich direkt.«
»Kann man wohl sagen. Aber in diesem Fall hatte sie ja recht. Ich war wirklich ein Arschloch.«
»Ja.«
»Tut mir leid.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Du sollst auch verstehen, was mir leidtut.«
»Also gut. Sagen Sie’s mir.«
»Es tut mir leid, was du durchmachen musstest. Mir ist klar, dass das schrecklich für dich war.«
»Ja, das war es.«
»Aber was ich getan habe, tut mir nicht leid, und ich werde auch nicht so tun, als täte es das. Ich stehe zu meiner Tat. Es sollte nur ganz anders laufen. Ich dachte, ich hätte alles so gut geplant, dass nichts schiefgehen kann. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du noch einmal zurückkommen würdest. Und ich wünschte bei Gott, dass es nicht so gekommen wäre.«
»Danke«, sagte ich. »Das ist wirklich eine tolle Entschuldigung. Wissen Sie, selbst wenn ich nicht zurückgekommen wäre, hätten Sie trotzdem keine Garantie dafür gehabt, dass die Sache so gelaufen wäre, wie Sie es wollten. Ihr Plan war lausig. Sie haben so viele Tabletten geschluckt, dass Sie sich genauso wahrscheinlich hätten übergeben können, anstatt sich zu vergiften. Und was das Codein betrifft – was haben Sie sich denn dabei gedacht?«
»Das waren die stärksten Schmerztabletten, die ich hatte, und ich dachte, dass man die am leichtesten überdosieren kann.«
»So funktioniert das aber nicht. Bei Codein kann es so gut wie nie zu einer Überdosis kommen, besonders, wenn man es regelmäßig nimmt.«
»Das wusste ich nicht.«
»Sieht ganz so aus. Und deshalb sollten Sie aufhören zu denken, dass ich an Ihrer jetzigen Situation schuld bin. Ihr ganzer Plan war Mist!«
»Schön, ich hab’s kapiert! Das nächste Mal werde ich mich besser informieren.«
Ein zähes Schweigen senkte sich nieder. Ich warf die Goldberg-Variationen auf den Nachttisch und machte einen Spaziergang.
Dr. Bedford, Mr. Petersons Psychiater, war ein sehr großer Mann mit riesigen Klavierspielerhänden und einer leisen Stimme, die irgendwie nicht zu seinem Äußeren passte. Später behauptete Mr. Peterson, alle Irrenärzte seien darauf trainiert, so zu sprechen, und sie müssten lernen, ihre Stimme zu beherrschen, bevor sie ihre Zulassung bekämen. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit war das
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