Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
völliger Blödsinn.
»Wie geht es Ihnen heute?«, fragte Dr. Bedford.
»Mir geht es gut«, sagte Mr. Peterson.
»Es ist wichtig, dass Sie diese Fragen so ehrlich wie möglich beantworten«, mahnte Dr. Bedford.
»Ich finde es schrecklich hier, und ich will raus«, sagte Mr. Peterson. Mir war nicht klar, ob er von der psychiatrischen Abteilung im Besonderen oder dem Universum im Allgemeinen sprach. Dr. Bedford, der ein ausgemachter Optimist war, entschied sich für das Erste.
»Sie wissen, dass das im Augenblick nicht möglich ist«, sagte er sanft. »Ich denke, es wäre besser, wenn Sie sich diesen Wunsch erst einmal aus dem Kopf schlagen und sich nur auf den Tag konzentrieren, der vor Ihnen liegt. Wir werden Sie entlassen, wenn Sie dazu bereit sind, aber keinen Augenblick früher.«
Mr. Peterson fluchte laut. »Doktor, haben Sie überhaupt meine Akte gelesen? Wissen Sie, was mit mir in nicht allzu ferner Zukunft passiert?«
Dr. Bedfort nickte ernst. »Ja. Ich weiß.«
»Meine Augen werden immer schlechter, genauso wie meine Beine. Irgendwann werde ich nicht mehr laufen können. Ich werde im Rollstuhl sitzen. Ich werde nicht mehr allein auf Toilette gehen können. Ich werde nicht mehr sprechen und auch keine feste Nahrung mehr schlucken können. Es ist durchaus möglich, dass ich an meinem eigenen Erbrochenen ersticke.«
»Ich kann Ihre Gefühle gut verstehen.«
»Wenn Sie mich verstehen würden, dann müssten wir dieses Gespräch nicht führen. Das Leben hält nichts Gutes mehr für mich bereit.«
»Das kommt Ihnen nur so vor. Das heißt nicht, dass …«
»Alex!« Mr. Peterson wirbelte zu mir herum. »Dr. Bedford scheint an einer mentalen Blockade zu leiden, sobald er meine Stimme hört. Bitte sei so gut, und sage ihm, dass ich nicht verrückt bin. Ich finde, ich bin im Augenblick sehr viel vernünftiger als er.«
Ich merkte, wie ich rot wurde. »Dr. Bedford weiß bestimmt, was er tut.«
Mr. Peterson knurrte.
»Niemand hält Sie für verrückt«, fuhr Dr. Bedford sehr ruhig fort. »Das ist nicht der Grund, warum Sie hier sind. Und das wissen Sie auch. Ich habe es Ihnen gesagt. Sie sind hier, weil Sie im Augenblick eine ernste Gefahr für sich selbst darstellen, wenn wir Sie entlassen.«
»Ganz richtig! Für mich selbst !«
»Ihr Handeln hat auch Konsequenzen für andere. Das wissen Sie bestimmt. Sie verletzen nicht nur sich selbst.«
Dr. Bedford warf mir einen Blick zu. Die Röte meiner Wangen vertiefte sich.
Mr. Peterson explodierte.
»Na toll! Das ist ja wirklich fantastisch! Wenn alles andere versagt, greifen wir doch einfach zu der guten alten emotionalen Daumenschraube. Wollen Sie damit sagen, dass ich wegen anderer Leute am Leben bleiben soll? Dass ich Ärger und Umstände machen soll, und zwar solange wie nur irgend möglich?«
Dr. Bedford zählte bis fünf. »Ich glaube, es wäre besser, wenn ich später wiederkomme. Versuchen Sie, sich etwas auszuruhen.«
Und damit ging er.
Eine Weile verharrten wir in bedrücktem Schweigen. Dann sagte Mr. Peterson: »Tja, Junge, wenn du schon hier rumhängen musst, kannst du mir auch sagen, was du denkst. Was hältst du davon?«
Das Problem war, dass meine Gedanken nicht klar waren. Zu viele Nerven waren aktiviert worden. Ich kämpfte eine Zeit lang mit den Worten und zuckte dann niedergeschlagen mit den Schultern. »Ich glaube, Sie müssen noch eine Weile hierbleiben.«
Es sah so aus, als ob Mr. Peterson darauf etwas entgegnen wollte, aber schließlich nickte er bloß düster. Wir hatten beide keine Lust mehr zu streiten.
18 Der Pakt
»›Yossarian lag im Lazarett mit Leberbeschwerden, die es beinahe, aber nicht ganz zu einer Gelbsucht brachten. Dass es nur beinahe eine Gelbsucht war, verwirrte die Ärzte. Wurde eine Gelbsucht daraus, so konnte man sie behandeln. Wurde keine Gelbsucht daraus und vergingen die Schmerzen, so konnte man Yossarian entlassen. Dass es aber stets nur beinahe eine Gelbsucht war, machte sie ganz konfus.‹«
Ich hielt im Lesen inne. »Der medizinische Begriff für Gelbsucht lautet Ikterus, wussten Sie das?«
»Ja. Das kommt aus dem Altgriechischen.«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie Altgriechisch können.«
»Kann ich auch nicht. Ich kann bloß ein bisschen Französisch.«
»Französisch … aus Vietnam? Vietnam war doch einmal Französisch, oder?«
»Junge, könntest du jetzt bitte einfach weiterlesen? Es wäre schön, wenn wir wenigstens über die erste Seite rauskommen könnten, ehe die Besuchszeit vorbei
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