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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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schnell wie möglich erledigen.
    Ich zog die Taschenlampe aus der einen und den Brief aus der anderen Jackentasche und ging schnell zur Verkaufstheke. Ich hatte den Umschlag nicht zugeklebt, für den Fall, dass ich noch letzte Änderungen am Text durchführen wollte, ehe ich den Brief gegen die Kasse lehnte. Aber als ich ihn jetzt ein letztes Mal überflog, fand ich nichts, was ich ändern oder hinzufügen wollte. Irgendwann würde ich die Sache ausführlich erklären, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Ich schob den Brief wieder in den Umschlag und wollte ihn gerade zukleben.
    Hinter mir ging das Licht an.
    Ich sprang etwa zehn Zentimeter in die Höhe, wirbelte herum und sah Ellie im Türrahmen stehen. In ihrer hoch erhobenen Hand hielt sie einen Lederstiefel mit einem dicken Absatz. Später erklärte sie mir, dass sie auf die Schnelle keine andere Waffe gefunden habe. Als sich die Außenbeleuchtung eingeschaltet und sie die Hintertür gehört hatte, war ihr keine Zeit mehr geblieben zu reagieren. Es stellte sich heraus, dass Ellie jeden Abend mit einem Teelicht auf dem Tisch in der Küche saß, Zigaretten rauchte und sich entspannte. Mein Eindringen hatte diese Entspannung allerdings ins Gegenteil verwandelt. Wieder einmal war sie auf hundertachtzig.
    »Verdammte Scheiße, Woods, zum Teufel noch mal!«, fluchte sie. »Ich habe mir fast in die Hose gemacht vor Angst! Was machst du hier? Warum hast du das Licht nicht eingeschaltet? Warum bist du nicht zur Vordertür reingekommen oder hast geklopft?«
    Ich starrte sie mit offenem Mund an und blinzelte wie ein Idiot. Ich wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte, also zog ich den Brief aus dem immer noch offenen Umschlag und reichte ihn ihr.
    Bin im Ausland und helfe Mr. Peterson beim Sterben. Mach dir keine Sorgen.
    Gemessen an der Zeit, die sie damit verbrachte, auf den Brief zu starren, las sie ihn wohl mindestens ein Dutzend Mal. Jetzt stand auch ihr Mund offen. Ihre Miene war so starr, als wäre sie aus Eis modelliert.
    »Woods, bitte, bitte sag mir, dass das einer von deinen dämlichen Witzen ist, die ich nicht kapiere, weil ich zu blöd dafür bin.«
    »Das ist kein Witz«, sagte ich. »Wir fahren heute Abend los.«
    Ich konnte mich nicht mehr ducken. Ihre rechte Hand traf meine Wange wie ein Hammer. Mit klingelnden Ohren saß ich auf dem Boden.
    »Du Scheiß-Idiot!«, brüllte Ellie. »Ich weiß ja, dass der alte Mann völlig plemplem ist, aber du? Ich dachte, du hättest wenigstens einen Rest von Verstand in deinem dämlichen, verdrehten Hirn! Verdammte Scheiße, Woods! Was hast du dir dabei gedacht? Wenn er sich umbringen will, bitte schön. Aber dich dazu zu überreden, ihm zu helfen – das ist einfach krank!«
    »Er hat nicht mich überredet«, sagte ich ausdruckslos. »Ich musste ihn überreden.«
    Ellie fuhr sich mit den Fingern durch ihre Haare und fing an, auf und ab zu laufen wie ein Tiger im Käfig. Hin und wieder blieb sie stehen, schüttelte den Kopf und fluchte. Irgendwann kam sie zu mir und setzte sich neben mich auf den Boden. Unsere Rücken lehnten an der Verkaufstheke.
    »Du musst deine Mutter anrufen, und zwar sofort«, sagte sie.
    »Ich rufe meine Mutter nicht an.«
    »Dann rufe ich sie an«, drohte sie.
    »Du wirst sie auch nicht anrufen.«
    Sie gab mir den Brief zurück. »Woods, das ist so eine verdrehte Scheiße, mir fehlen die Worte.«
    »Nein«, sagte ich, »nein, das ist es nicht. So kommt es dir vielleicht jetzt vor, aber das ist es wirklich nicht. Du musst mir vertrauen. Wir wissen, was wir tun.«
    »Du weißt nicht, was du tust! Du hast überhaupt keine Ahnung , was du da tust!«
    Ich zählte bis fünf, und dann schaute ich ihr in die Augen, die kaum dreißig Zentimeter vor meinem Gesicht schwebten. »Ellie, hör mir zu. Ich tue das, wovon ich überzeugt bin, dass es das Richtige ist. Und nichts, was du oder sonst irgendjemand sagt, wird mich davon abbringen. Ich habe darüber nachgedacht. Ich habe monatelang darüber nachgedacht. Und niemand wird mich zwingen, etwas zu tun, was ich nicht tun will.«
    »Du wirst in einem Riesenhaufen Scheiße landen.«
    »Vielleicht. Aber das ist egal. Ich tue das, was richtig ist.«
    Ellie verdrehte ungläubig die Augen. »Scheiße, Woods! Wie kannst du dir so sicher sein? Niemand sollte sich so sicher sein, nicht bei so etwas jedenfalls.«
    Ich holte ein paar Mal tief Luft. Ich hatte einen völlig klaren Kopf, dank Ellies Ohrfeige, die jedes letzte Zögern daraus vertrieben

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