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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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sabotieren.
    »Also?«, fragte Ellie, nachdem wir eine Weile geschwiegen hatten.
    »Ich muss jetzt wirklich gehen«, sagte ich ihr.
    Wenn Ellie noch den Stiefel in der Hand gehabt hätte, hätte sie ihn mir vermutlich an den Kopf geworfen. So aber drehte sie sich nur um und ging wortlos in ihre Wohnung zurück. Ich folgte ihr nicht. Ich hatte keine Zeit, und es hätte auch keinen Sinn gehabt.
    Als ich ins Freie trat, war der Abend merklich kühler geworden. Ich hastete zum Wagen; das einzig Warme an mir war meine linke Wange.
    Dreißig Minuten später – und dreißig Minuten hinter meinem Zeitplan – bog ich auf den Behindertenparkplatz vor dem Yeovil-Bezirkskrankenhaus ein. Die Tatsache, dass ich am späten Abend so nah am Eingang parken konnte – etwas, was tagsüber fast undenkbar war –, hatte bei der Festlegung des Zeitpunkts unserer Abfahrt eine wichtige Rolle gespielt. Um diese Uhrzeit war es ruhig im Krankenhaus. Im Eingangsbereich tummelten sich nicht, wie am Tage, Patienten und Besucher. Die Fahrstühle waren vermutlich verfügbar, wenn wir einen brauchten. Und es waren mit Sicherheit nicht so viele Ärzte auf der Station, mit etwas Glück sogar überhaupt keiner. Wir waren der Meinung, dass ein Arzt, anders als vielleicht eine Schwester oder ein Pfleger, keine Hemmungen hätte, uns aufzuhalten. Ärzte waren es gewohnt, schnelle Entscheidungen über das Schicksal anderer zu treffen.
    Natürlich stellte die späte Stunde uns auch vor gewisse Probleme. Wenn die Gänge so gut wie menschenleer waren, fielen wir eher auf. Aber Mr. Peterson und ich waren uns darüber einig, dass es keinen Zeitpunkt gab, an dem unsere Flucht völlig gefahrlos möglich war. Für uns war es am wichtigsten, dass wir nicht durch physikalische Hindernisse oder medizinisches Personal aufgehalten werden würden. Aus diesem Grund wollten wir das Krankenhaus kurz nach Viertel vor zehn verlassen. Zu diesem Zeitpunkt machten die Schwestern ihre letzte Runde, ehe das Licht ausgeschaltet wurde, und ließen nur eine Schwester an der Anmeldung zurück. Die Schwestern kamen nie später als 21.48 Uhr mit der Krankenakte und den Medikamenten ins Zimmer, und zu dieser Zeit war alles vorbereitet. Mr. Peterson würde bereits im Rollstuhl sitzen, für den vermeintlichen Besuch auf der Toilette. In dem Moment, in dem die Schwestern das Zimmer verlassen hatten und den Nebenraum betraten, wären wir auf dem Flur. Dann blieben uns zehn Minuten, ehe sie wieder zur Anmeldung zurückkehrten.
    In meinem Kopf spielte sich das alles völlig problemlos ab, aber nach dem, was im Laden meiner Mutter geschehen war, hatte ich einen Vorgeschmack auf alle möglichen unvorhergesehenen Zwischenfälle bekommen. Als ich in Richtung der Station ging, gelang es mir dennoch, mich zu beruhigen, indem ich die gründlichen Vorbereitungen, die wir getroffen hatten, in Gedanken noch einmal durchging. Abgesehen von einer Putzkraft, die den Boden wischte, war der Eingangsbereich verlassen. Auf dem Weg zu den Fahrstühlen begegnete mir keine Menschenseele, und auch die Flure der Krankenstation waren verlassen. Eine Schwester saß an der Anmeldung und eine im Büro gegenüber. Es war so still wie in einem Leichenschauhaus.
    In dem Augenblick, in dem ich zur Tür hereinkam, fing Mr. Peterson an zu schreiben.
    Du kommst spät ,stand auf seinem Notizblock.
    »Ich wurde aufgehalten«, entschuldigte ich mich.
    Hast du dich gestoßen?
    »Ja, an Ellies Faust.«
    Sieht ihr ähnlich. Was ist mit deiner Mutter? Hast du’s ihr gesagt?
    »Alles klar«, antwortete ich ausweichend.
    Und?
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich bin hier, oder?«
    Kommt sie damit klar?
    »Das wird sie, denke ich. Es braucht einfach eine Weile.«
    Glücklicherweise quetschte Mr. Peterson mich nicht weiter aus. So viel Zeit hatten wir nämlich nicht mehr. Ein Blick auf meine Armbanduhr zeigte mir, dass uns noch fünfzehn Minuten blieben, bis die Schwestern auftauchten.
    Steck das in meine Reisetasche , schrieb Mr. Peterson und gab mir dann einen größeren Zettel, auf dem stand: Für wohltätige Zwecke. Ich legte den Zettel in die Tasche.
    »Ihnen wird vermutlich kalt werden, wenn wir nach draußen kommen«, sagte ich.
    Das haben wir doch schon besprochen. Ich kann mich nicht vollständig anziehen, wenn ich bloß auf die Toilette gehen will. Wie sieht das denn aus? Es muss so gehen. Du kannst mir ja eine Decke überlegen, wenn wir im Auto sind.
    »Sie können doch nicht im Krankenhemd nach Zürich fahren«, gab ich

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