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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Ersatzkanister mit Benzin, und auf dem Rücksitz lag eine Plastiktüte mit über dreißig Stunden klassischer Musik, von Bach über Bartók bis Beethoven. Die Koffer waren gepackt und die Checkliste komplett abgehakt. Es war Donnerstagabend, acht Uhr, und alles war zur Abfahrt bereit.
    Ich sagte meiner Mutter, dass ich Mr. Peterson im Krankenhaus besuchen und deshalb spät heimkommen würde. Da er am nächsten Morgen um acht Uhr entlassen werden solle, sei ich wahrscheinlich schon aus dem Haus, wenn sie aufstehe. Es könne also gut sein, dass wir uns in den nächsten vierundzwanzig Stunden nicht zu Gesicht bekommen würden.
    Sie fragte mich, ob sie mir irgendwie helfen könne, ob sie in der Schule anrufen und dort mitteilen solle, dass ich ein wenig später kommen würde. Sie war so verständnisvoll, dass es mir geradezu körperlich wehtat. Aber ich musste mich an den Plan halten. Es gab kein Zurück mehr.
    Für den Brief, den ich ihr geschrieben hatte, hatte ich ziemlich lange gebraucht, viel länger als für jeden anderen Text, den ich je verfasst hatte. Ich verwarf mindestens fünfzehn Entwürfe, die es nicht über eine halbe Seite hinaus schafften und zerknüllt auf Mr. Petersons Wohnzimmerteppich landeten. Als ich endlich fertig war, teilte ich die Anzahl der Wörter durch die Zeit, die ich mit Schreiben verbracht hatte, und stellte die These auf, dass dies vermutlich der zeit- und arbeitsintensivste Brief war, der jemals geschrieben worden war. Und jetzt musste ich ihn abliefern.
    Zehn Minuten, nachdem ich Mr. Petersons Haus hinter mir gelassen hatte, parkte ich den Wagen auf der Glastonbury High Street und huschte durch die dunkle Gasse, die zum Laden meiner Mutter führte. Dies war der einzige Ort, wo ich ihr den Brief hinterlassen konnte. Wenn ich ihn in meinem Zimmer ließ, fand sie ihn womöglich zu früh. Aber wenn ich ihn auf die Verkaufstheke im Laden legte, konnte ich ziemlich sicher einschätzen, wann sie ihn lesen würde: zwischen zwanzig und zehn vor neun am folgenden Morgen. Und sie wäre dabei nicht allein. Ellie wäre bei ihr. Ich fand das wichtig, da meine Mutter vermutlich einen hysterischen Anfall bekommen würde.
    Das Fenster über dem Laden war erleuchtet. Ich sah eine helle, scharfe Linie, die die Glasscheibe teilte, wo Ellie die Vorhänge nicht ganz zusammengezogen hatte. Sie war zu Hause, aber damit hatte ich gerechnet. Das machte nichts, solange ich leise war.
    Durch die Vordertür konnte ich nicht gehen. Direkt dahinter hingen zwei schwere Glockenspiele, die so viel Lärm machten, dass man sie durch die geschlossene Tür im Lagerraum hören konnte. Ob man sie auch von der Wohnung aus hörte, wusste ich nicht, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Auf Zehenspitzen ging ich um den Häuserblock herum und schaute mich vorsichtig um, bevor ich in den kleinen Hof eintrat, der vom Küchenfenster der Wohnung aus überblickt werden konnte. Die Vorhänge waren offen, aber das Licht war aus. Meine an die Dunkelheit gewöhnten Augen konnten einen leichten gelblichen Schimmer erkennen, aber ich vermutete, dass es das Licht im Flur war, das in die Küche hineinfiel. Die Bewegungsmelder würden die Außenbeleuchtung einschalten, sobald ich den Hof betrat, und das Licht würde ins Küchenfenster scheinen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass Ellie ohne Licht in der Küche saß. Ich vermutete, dass sie sich anderswo in der Wohnung aufhielt. Die Lampen im Hof würden nach einer Minute wieder ausgehen, und es wäre schon ein sehr unglücklicher Zufall, wenn sie ausgerechnet in dem Moment in die Küche kommen, durchs Fenster schauen und mich entdecken würde.
    Sechs schnelle und geräuschlose Schritte, und ich stand an der Hintertür. Ich wartete nur kurz, damit sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnen konnten, das jetzt den Hof überflutete. Dann steckte ich den Schlüssel ins Schloss. Die Tür öffnete sich mit einem leichten Knarren und schloss sich mit einem deutlichen Klicken. Es war eine schwere, dicke Tür, die man nicht geräuschlos schließen konnte, aber ich hatte so wenig Lärm wie möglich gemacht, obwohl ich die Vibration beim Zudrücken in meinem Arm spürte. Vermutlich klang das Klicken in der stummen Dunkelheit des leeren Ladens lauter, als es eigentlich war, und vermutlich hörte man es nur, wenn man darauf achtete oder zufällig in diesem Moment oben an der Treppe vorbeikam. Ansonsten war es gewiss ein gedämpfter Ton, den man nicht wahrnahm. Trotzdem wollte ich die Sache so

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