Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
gemacht«, sagte ich.
Mr. Peterson bekam einen kleinen Hustenanfall. Das ist der einfache Teil. Hast du dir überlegt, was du deiner Mutter sagen willst?
»Darüber denke ich noch nach«, gestand ich.
Dann denk schneller! Du musst ihr irgendetwas sagen. Du kannst nicht einfach eine Woche lang verschwinden.
»Ich weiß.«
Wenn sie die Wahrheit aushält, dann erzähle ihr die Wahrheit. Wenn nicht, sag ihr, ich will noch einmal die Alpen sehen, bevor ich sterbe, oder irgendetwas in der Art. Etwas, das sie glauben wird. Sag ihr, dass du ihr alles später genauer erklären wirst.
Ich hielt meinen Kopf mit beiden Händen fest und atmete ein paar Mal tief ein und aus.
»Meine Mutter ist zu unberechenbar«, sagte ich. »Ich weiß nicht, ob man ihr die Wahrheit anvertrauen kann. Aber … nun, ich weiß auch nicht, wie ich sie anlügen soll. Ich bin ein schlechter Lügner, selbst unter normalen Umständen. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Jeder Weg könnte gleichermaßen in einer Katastrophe enden.«
Alex, es tut mir leid. Dabei kann ich dir nicht helfen. Das musst du selbst am besten wissen. Mein Gefühl sagt mir, dass du es mit der Wahrheit versuchen solltest, aber es ist deine Entscheidung. Wichtig ist bloß, dass du ihr irgendetwas erzählst.
Ich nickte.
Dann bleibt nur noch die Frage zu klären, wie ich hier rauskomme.
»Wir brauchen einen Rollstuhl.«
Die haben hier irgendwo auf der Station Faltrollstühle. Du musst herausfinden, wo sie sind und einen ausleihen. Sag, dass du mich auf die Toilette bringst. Ich glaube nicht, dass die Schwestern etwas dagegen haben, wenn du ihnen diese Aufgabe abnimmst.
»Die Toilette ist neben der Anmeldung«, gab ich zu bedenken. »So kommen wir nicht weiter.«
Besorge erst mal den Rollstuhl. Dann müssen wir nur noch den richtigen Zeitpunkt abwarten.
Ich runzelte die Stirn und dachte eine Weile nach. »Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass die Anmeldung rund um die Uhr besetzt ist, auf jeden Fall aber während der Besuchszeiten. Ich glaube nicht, dass es irgendeinen Zeitpunkt gibt, an dem wir einfach unbemerkt hier herausfahren können.«
Vielleicht nicht. Aber es gibt Momente, in denen wir weniger Gefahr laufen, aufgehalten zu werden. Wenn wir an der Anmeldung vorbeikommen, ohne dass uns jemand bemerkt, umso besser. Wenn nicht, müssen wir uns eine Ausrede einfallen lassen. Wenn das auch nichts nutzt, bleibt uns nur noch eins: Schnelligkeit.
»Schnelligkeit?« Ich senkte meine Stimme zu einem Flüstern. »Sie wollen, dass ich mit Ihnen im Rollstuhl so schnell ich kann zum Aufzug renne, in der Hoffnung, dass wir nicht erwischt werden?«
Wenn nötig, ja.
»Das ist ja wohl ein total hirnrissiger Plan!«
Es ist ja auch bloß der Notfallplan vom Notfallplan!
»Was ist mit Verhandeln?«, fragte ich. »Wir können doch der Person an der Anmeldung erklären, dass Sie nicht im Krankenhaus bleiben wollen und Sie sich dementsprechend ein paar Tage früher selbst entlassen. Ich weiß, das ist gegen die Empfehlung der Ärzte, aber kann man Sie tatsächlich daran hindern?«
Du bist 17, und mein Gehirn verwandelt sich in Brei ,kritzelte Mr. Peterson. Die lassen uns niemals durch. Glaub mir, was wir wollen, interessiert die überhaupt nicht!
Ich verzog das Gesicht und rieb mir die Schläfen.
Es ist ja nur der letzte Ausweg , schrieb Mr. Peterson. Aber wenn wir rennen müssen, dann rennen wir. Bereite dich auf alle Eventualitäten vor.
»Okay«, sagte ich.
Nimm meinen Behindertenausweis, und parke den Wagen so nah am Eingang, wie es geht. Sobald wir im Auto sind, haben wir’s geschafft.
»Okay.«
Und jetzt gehst du heim und ruhst dich aus. Geh morgen wie immer in die Schule. Abends kommst du her, und wir setzen den Plan in die Tat um. In der Zwischenzeit überlegst du dir, wie du mich am besten bewegen kannst. Und schau dich gründlich am Eingang um. Beobachte die Anmeldung, und versuche herauszufinden, wo die Rollstühle sind.
»Okay.«
Mr. Peterson kritzelte noch hastig etwas auf das Blatt, riss dann die letzten fünf oder sechs Seiten aus seinem Notizblock und gab sie mir.
Wirf das in den nächsten Papierkorb , lautete sein letzter Satz.
Die Cannabis-Fabrik hatte ich bereits vor drei Wochen abgebaut, gleich nach der letzten Ernte. Im Handschuhfach lagen faustgroße Beutel mit getrockneten Knospen, und im Kofferraum waren achtundvierzig Dosen Cola light verstaut. Ich hatte das Wischwasser nachgefüllt und den Reifendruck überprüft. Im Kofferraum stand ein
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