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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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– besonders obskure medizinische und naturwissenschaftliche Abhandlungen –, stieß ich oft auf Wörter, die sonst niemand kannte. Aber trotzdem hatte ich, wenn ich etwas erklären wollte, Schwierigkeiten, das passende Wort oder den treffenden Begriff zu finden. Dann überlegte ich, was Mr. Peterson an meiner Stelle sagen würde. Mr. Peterson hatte die Fähigkeit, immer direkt auf den Punkt zu kommen. Er nannte das »den Scheiß beiseitelassen«.
    Über Mr. Treadstone hätte Mr. Peterson vermutlich Folgendes gesagt: Mr. Treadstone war ein kleinlicher Korinthenkacker.
    Die Asquith Academy war eine Schule voller seltsamer Gegensätze. Es war ein ultramodernes Gebäude – als ich dort hinkam, war es erst fünf oder sechs Jahre alt –, erbaut aus Quadraten aus Stahl und Glas, aber mit einem steinalten lateinischen Motto. Im Unterricht lernte man Prüfungen zu bestehen, und außerhalb des Unterrichts bekam man korrekte Sprache, korrektes Benehmen und korrekte Haltung beigebracht. Die Asquith Academy versuchte stets, den Schülern die Bedeutung von Moral und Werten zu verdeutlichen, aber in vielen Fällen war dies eine Schlacht, die nicht gewonnen werden konnte. Wie ich bereits andeutete, waren etliche der Schüler in Asquith nicht wirklich helle. Mehr noch, einige von ihnen befanden sich auf einer früheren Stufe der Evolution. Sie hatten zwei Gesichter. Unter Aufsicht verhielten sie sich korrekt, und wenn sie anderswo waren, benahmen sie sich wie Gorillas.
    Die Gorillas in meinem Jahrgang hatten zumeist bedeutungsvolle Spitznamen. Da gab es Jamie Ascot, den alle – Freund und Feind gleichermaßen – Jamie Asso nannten, wegen dem, was er im Teich seiner Nachbarn angestellt hatte. Dann war da noch Ryan Goodwin, der »Bulle« genannt wurde, nicht wegen seines Erfolgs bei den Mädchen oder der Qualität seiner Gene (die fragwürdig war), sondern wegen einer fiesen Blutgrätsche, nach der Peter Dove mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht werden musste. Dann gab es noch Drake Mackenzie, der bei den meisten Leuten bloß »Drescher« hieß. Das war einfach eine Verballhornung seines Vornamens. Die Tatsache, dass er gerne Leute verprügelte, war lediglich ein glücklicher Zufall. Asso, der Bulle und Drescher bildeten die perfekten Verbündeten, wenn es galt, Schwächere zu quälen. Es gab auch andere Tyrannen in der Schule; ich erwähne diese drei nur deshalb namentlich, weil sie in meiner Nähe wohnten. Wir fuhren immer mit demselben Bus. Sie waren diejenigen, die mich am meisten peinigten, und sie spielen in meiner Geschichte eine wichtige Rolle.
    Drake Mackenzie war der Anführer. Er war nicht der stärkste des Trios. Der Bulle, dessen Schultern beinahe doppelt so breit waren wie die eines normalen Jungen seines Alters, hätte ihn in einem Faustkampf zu Brei schlagen können. Und er war auch nicht der schlagfertigste Junge unter der Sonne. Jamie Asso hatte da einen viel schärferen, grausameren Verstand. Drake Mackenzie war einfach der Lauteste und Aggressivste der Bande. Ich weiß zwar nicht genau, wie das Leben in der Wildnis abläuft, aber auf dem Spielplatz war Drake Mackenzie allein durch seine Willenskraft zum Alphamännchen geworden – durch seinen unerschütterlichen Glauben an sein Recht, andere zu beherrschen. Der Bulle und Asso waren seine Untertanen, seine treuen Gefolgsleute.
    Am anderen – dem unteren – Ende der sozialen Leiter gab es die Gequälten, denen ebenfalls aussagekräftige Spitznamen zugeteilt wurden (die sich meistens Jamie Asso ausdachte). Ian Stinkehose (vormals Ian Stintson), Fettbacke Johnson, Brian »Billigbuxe« Beresford (dessen Mutter all seine Klamotten flickte, anstatt ihm neue zu kaufen), »Rotznase« George Friedman und so weiter und so weiter. Ich bekam gleich mehrere unterschiedliche Spitznamen. Eine Zeit lang war ich »Ally Trottel« (eine wenig überzeugende Abwandlung von Harry Potter, die darauf beruhte, dass ich eine sichtbare Narbe hatte, eine Hexe als Mutter, krampfartige Anfälle bekam und natürlich ein Trottel war.) Später wurde ich zu Wauwau Woods und dann zu Wichser Woods mit diversen Varianten (Flachwichser, Vollwichser, Wichsfresse). Aber meistens war ich bloß Woods, und das war alles, was ich mir wünschte: so unscheinbar zu sein wie mein Nachname – weit verbreitet, leicht zu vergessen, gewöhnlich.

7 Kreosot
    Ich möchte, dass Sie einmal über zweierlei nachdenken:
    1. Im Leben gibt es keinen Anfang und kein Ende.
    Die Ereignisse fließen ineinander, und

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