Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
Beulen, Blasen oder Biberzähne, Sommersprossen am ganzen Körper, große auffällige Warzen, unpassende Hautfarbe oder -färbung, Kränklichkeit oder Behinderung, kräftige Knochen, rote Haare.
3. Geistig anders zu sein. Zu klug, zu dumm, zu streberhaft, ein Bücherwurm, ein Klugscheißer, komische Hobbys und Interessen, einfach seltsam, falscher Sinn für Humor.
4. Uncoole Freunde oder Verwandte zu haben. Sich mit den Leuten abzugeben, die oben (und unten) genannte Verbrechen begangen haben, ist ebenfalls ein Verbrechen – selbst wenn sie bloß im gleichen Haus wohnen und man keine andere Wahl hat. Eltern zu haben, die einem nicht alles erlauben, was man tun sollte, um angesagt zu sein, ist ebenfalls kriminell.
5. Schwul zu sein. Das hat überraschend wenig damit zu tun, was für ein Sexleben man führt (oder führen möchte). Schwul zu sein, ist mehr eine Geisteshaltung, nicht so sehr ein körperlicher Zustand. Man könnte es beinahe als Unterkategorie der Verbrechen Nr. 2 und Nr. 3 bezeichnen, aber andererseits geht es auch über diese beiden Kategorien hinaus. Und weil es ziemlich häufig als Anklagepunkt genannt wird, verdient es eine eigene Kategorie. Die beste Art zu erklären, was »schwul zu sein« bedeutet, ist, ein paar schwule Dinge aufzuzählen.
Wenn man ein Junge ist, ist jede Zurschaustellung von Empfindsamkeit schwul. Weinen ist superschwul. Lesen ist in der Regel schwul. Bestimmte Lieder und bestimmte Musikarten sind schwul. Enola Gay würde garantiert als schwul gelten. Liebeslieder sind schwul. Liebe an sich ist unglaublich schwul, genauso wie jedes von Herzen kommende Gefühl. Singen ist schwul, Johlen ist es nicht. Wichswettbewerbe sind nicht schwul, genauso wenig das rein männliche Kuscheln während besonderer Anlässe, etwa beim Fußballspielen oder beim Bad in der Menge. (Ich habe die Regeln für das Schwulsein nicht erfunden, ich zähle sie bloß auf.)
Mädchen können auch schwul sein, aber für sie ist es schwieriger. Und Mädchen beschimpfen sich nicht gegenseitig als schwul, so wie Jungen es tun. Wenn ein Mädchen schwul ist, wird sie Lesbe genannt. Merkmale einer Lesbe sind üblicherweise ein grobschlächtiger Körper, fettige Haare oder flache Schuhe.
In der Regel muss man ein paar dieser Verbrechen begehen (oder ein sehr ernstes Verbrechen aus einer der Kategorien), um einen dauerhaften Wohnsitz in der Welt der Parias zu ergattern. Aber wie Sie sich vielleicht denken können, habe ich mich in allen Kategorien kriminell betätigt.
1.Ich war arm – obwohl meine Mutter ein gut gehendes Ladengeschäft führte, ein Haus, eine Wohnung und ein Auto besaß. Verglichen mit manch anderer alleinerziehender Mutter war meine ein Tycoon. Aber wie ich schon sagte, Armsein und Armut sind nicht dasselbe in der Mittelstufe. Ich hätte die Kontoauszüge meiner Mutter vorlegen können, ohne dass es irgendetwas geändert hätte. Die Beweise gegen mich waren überwältigend. Ich hatte nicht die richtigen Sachen, also war ich arm.
2.und 3. Meine Epilepsie bedeutete, dass ich sowohl körperlich als auch geistig unübersehbar anders war. Ich war krank an Körper und Geist. Ich war außerdem ziemlich klein und ein Spätentwickler, was aber nicht weiter auffiel, weil ich einem ein Jahr jüngeren Jahrgang zugewiesen wurde. Dieser Umstand war ein weiterer Beleg dafür, dass ich vermutlich geistig zurückgeblieben war – obwohl ich vieles wusste, allerdings nicht die richtigen Dinge. Außerdem war ich ein Streber. Irgendwie war ich einzigartig: Ich war gleichzeitig zu klug und zu dumm.
4.Über meine Mutter wissen Sie ja schon Bescheid.
5.Die meisten meiner Eigenschaften und alles, was ich mochte, waren superschwul.
Ich muss wohl nicht betonen, dass die frühen Jahre in der Mittelstufe keine glückliche Zeit für mich waren.
Meine Schule hieß Asquith Academy. Meine Mutter hatte sie ausgewählt, weil dort gute Prüfungsergebnisse erzielt wurden und sie hervorragend ausgestattet war. Außerdem wurden dort »zeitlose Werte« in den Mittelpunkt gestellt. (Das stand in der Werbebroschüre der Schule und auch auf der Website: »Die moderne Schule mit zeitlosen Werten.«) Es war die Art von Schule, die meine Mutter selbst gehasst hätte, wenn man sie gezwungen hätte, dorthin zu gehen. Aber für sie und mich gab es unterschiedliche Regeln. Das Wichtigste für sie war die Freiheit, sich zu entfalten und ihre eigenen fantastischen Überzeugungen auszuleben, egal wohin das führte und ohne Rücksicht auf
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