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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Antwort, aber unerwartete Abweichungen von der Routine werfen mich meistens aus der Bahn.
    Drescher Mackenzie spuckte aus.
    Ich drehte mich wieder um, so ruhig und gleichmütig wie möglich.
    Das war der Moment, in dem ich das Buch – jenes Buch, das Mr. Petersons tote Frau ihm geschenkt hatte – in die relative Sicherheit meiner Schultasche hätte zurückstecken müssen. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer. In dem besagten Moment hatte ich einfach Angst, noch mehr Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Sie hatten das Buch bereits gesehen, und ich dachte, dass jeder Versuch, es zu verbergen, Misstrauen und Wut hervorrufen würde. So starrte ich stattdessen auf die aufgeschlagene Seite, ohne etwas davon wahrzunehmen, und hoffte und betete, dass meine Quälgeister das Interesse verloren.
    Und wundersamerweise schien es zu funktionieren. Es kamen keine weiteren Beleidigungen und auch keine sonstigen Geschosse mehr angeflogen. Ich fühlte, wie sich meine Muskeln entspannten. Ich zählte bis sechzig, um ganz sicher zu sein, dass die Gefahr vorüber war. Ich zählte bis einhundertzwanzig, um mich doppelt abzusichern. Dann fing ich wieder an zu lesen, ganz langsam und sehr konzentriert, um meinen Geist zu beruhigen.
    Fünf Minuten später blieb mir das Herz plötzlich stehen. So schnell und leise wie eine Kakerlake war Drake Mackenzie hinter mich gehuscht und hatte mir das Buch aus den Händen gerissen.
    Ich stieß einen verzweifelten Schrei aus. Der Bulle und Asso johlten begeistert.
    »Gib es mir wieder!«, keuchte ich. In meiner Stimme lag keinerlei Autorität. Es klang nach dem, was es war: das angsterfüllte Quieken einer Maus.
    »Teilen ist eine Tugend«, verkündete Drake Mackenzie dämlich.
    »Bitte«, flehte ich. »Es ist nicht mein Buch.«
    »Wenn es nicht dein Buch ist«, sagte Drescher, »dann muss ich es dir auch nicht zurückgeben.« Die unangreifbare Logik eines Schlägers. Er schlug die erste Seite auf, wobei er dem Buch mit seinen groben Händen rücksichtslos den Rücken brach.
    »Bitte! Du machst es kaputt.«
    Mackenzies Augen weiteten sich in bösartiger Freude. Er hatte die Widmung gefunden. » Ich glaube, die Geschichte wird dir gefallen«, las er mit unnatürlich hoher, weinerlicher Stimme. »die Bilder jedoch ganz sicher. In Liebe, R .«
    Geschichte, Bilder, Liebe – jedes Wort wurde wie ein Echo von den Wänden des Busses zurückgeworfen, trotz des stotternden Motors. Jedes Wort brachte mich dem Abgrund ein Stück näher.
    Der Bulle kicherte. Asso heulte vor Vergnügen auf. Hier und da erklang leises Lachen, das sich wie kleine Wellen bis zur hintersten Reihe des Busses fortsetzte. Das war offensichtlich die Art von verbaler Lynchjustiz, an der jeder seinen Spaß hatte.
    Ich merkte, dass ich aufgestanden war, das Gesicht krebsrot vor öffentlicher Erniedrigung. Aber meine Demütigung war zweitrangig. Oberste Priorität hatte die Rettung von Mr. Petersons Buch. Ich griff danach; Drake Mackenzie schob mich so mühelos zurück, wie er einer Mücke die Beine ausreißen mochte.
    »Bitte!«, versuchte ich es noch einmal – ein letztes Mal, wie sich herausstellte.
    Drescher hatte das Buch irgendwo in der Mitte aufgeschlagen und suchte nach weiterer Munition. Er wurde nicht enttäuscht. Er hatte eine Seite mit einem großen handgemalten Bild eines Stegosaurus vor sich und las die Bildunterschrift laut vor: »Ein Dinosaurier war ein Reptil von der Größe einer Eisenbahn.«
    Noch mehr Gelächter. Der Satz war lustig, aber das war wohl nicht der Grund, warum sie lachten.
    »Verdammte Scheiße, Woods!«, quiekte Drescher. »Du bist ja echt zurückgeblieben.« Oder er quiekte etwas in der Art. Ich hörte nicht mehr zu. Er hielt das Buch in die Höhe und wedelte damit durch die Luft, wie der Affe am Anfang von 2001 – Odyssee im Weltraum den Knochen schwenkt.
    In diesem Moment beschloss ich, dass ich kein Pazifist mehr sein wollte. Wenn es jemals einen gerechten Krieg gegeben hatte, dann war es dieser hier.
    Wie schon erwähnt, hegte ich den Verdacht, dass ich in einem Kampf keine besonders gute Figur abgeben würde. Das stellte sich als die reine Wahrheit heraus. Das Wenige, was ich über das Kämpfen wusste, hatte ich mir aus James-Bond-Filmen abgeguckt und bei dem einen oder anderen Scharmützel zwischen Lucy und den Katern aus der Nachbarschaft, deren Annäherungsversuche nicht immer willkommen waren. Keine dieser Quellen erwies sich als besonders hilfreich für eine reale Handgreiflichkeit.
    Immerhin

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