Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
Dwayne Hoover, einem reichen Autohändler, der den Verstand verliert und zu der Überzeugung kommt, jeder auf dem Planeten Erde sei ein Roboter – überzeugend gestaltet, aber ohne Gefühle, Vorstellungskraft, freien Willen und all die anderen Zutaten, aus denen die Seele besteht. Die Idee kommt Dwayne Hoover beim Lesen von einer von Mr. Trouts Geschichten, woraufhin er Amok läuft.
Wie bei vielen von Kurt Vonneguts Büchern war die Handlung völlig verrückt und im Grunde genommen unwichtig. Man hätte, dachte ich, das Buch zerreißen, die Seiten wie ein Kartenspiel mischen und dann willkürlich wieder zusammensetzen können, ohne dass die Lektüre darunter ernsthaft gelitten hätte. Das Buch würde immer noch funktionieren. Der Grund dafür war, dass jede Seite – sogar beinahe jeder Absatz – eine unfassbar brillante, unabhängige Einheit bildete.
Am besten an Frühstück für Helden gefiel mir, dass dieses Buch – anders als die meisten anderen – kein besonderes Wissen voraussetzte – weder über Menschen noch über ihre Gebräuche oder den Planeten, den sie bewohnten. Es war auf eine Art geschrieben, als wäre der Leser ein Außerirdischer aus einer weit entfernten Galaxie. Was ich damit sagen will: Es wurde alles erklärt, wirklich alles, jede kleinste Kleinigkeit, oft begleitet von Bildern und Diagrammen – all das, was in anderen Büchern augenscheinlich für zu selbstverständlich angesehen wurde, um es erklären zu müssen. Und je weiter ich las, desto mehr wurde mir bewusst, dass die meisten dieser Dinge ganz und gar nicht selbstverständlich waren. Sie waren ausgesprochen merkwürdig.
Ich muss an diesem Tag tief in Mr. Vonneguts Werk versunken gewesen sein, denn es dauerte eine Weile, bis ich merkte, dass etwas nicht stimmte. Als sich der Bus von der Schule aus ächzend auf den Weg machte, war es im Inneren viel lauter und voller, als es hätte sein sollen. Eine verschwommene, aber hartnäckige Irritation drängte in den Mittelpunkt. Dann traf mich etwas am Ohr. Ein Papierkügelchen. Aber das war doch völlig unmöglich. Es war Mittwoch, der Tag der Gnadenfrist – Alex Woods’ freier Tag. Ich drehte mich um, zu diesem Zeitpunkt noch eher verblüfft als beunruhigt.
Und da befand ich mich auch schon Auge in Auge mit Drescher, dem Bullen und Asso. Sie saßen einige Reihen hinter mir, mit ein paar anderen der A-Mannschaft, obwohl doch Mittwoch war. Ich war so verdattert von dieser grausamen und rücksichtslosen Wendung der Ereignisse, dass ich versehentlich ein Gespräch anfing. Das schrie geradezu nach Ärger.
»Ihr müsstet doch eigentlich beim Fußballtraining sein«, erklärte ich.
»Mr. Hale hat’s Scheißen«, sagte Drake Mackenzie.
Mr. Hale hat’s Scheißen. Das klang wie der Titel eines Theaterstücks. Ein Stück mit fragwürdigem Inhalt. Entweder das oder aber es war einer jener verschlüsselten Sätze, mit denen Spione sich gegenseitig identifizierten. Aber natürlich war es weder das eine noch das andere. Drescher versuchte, mir etwas Tatsächliches und Reales zu sagen.
»Mr. Hale ist krank?«, erkundigte ich mich.
»Das Scheißen«, wiederholte Drescher. »Ist nach dem Mittagessen heimgegangen.«
Mr. Hale war der Fußballtrainer. Ohne ihn gab es kein Fußballtraining. Die Puzzleteilchen fügten sich zusammen. Was die Genauigkeit von Drake Mackenzies medizinischer Diagnose betrifft, möchte ich mir kein Urteil erlauben, aber ich stellte sie auch nicht in Frage. Obwohl Mr. Hale jemand war, der nicht um den heißen Brei herumredete und der seine Aussagen nicht mit nutzlosen Ausschmückungen verzierte, schien es mir unwahrscheinlich, dass er die Art seiner körperlichen Beschwerden mit einer derart unerschrockenen Freimütigkeit herausposaunen würde. Aber solche Neuigkeiten verbreiteten sich schnell, ob man wollte oder nicht. Und es würde mich nicht im Mindesten überraschen, meine dunkelsten Vermutungen über das Essen in der Schulkantine dergestalt bestätigt zu finden.
»Tut mir leid, das zu hören«, sagte ich, nachdem ich mir ein paar Sekunden Zeit zum Nachdenken genommen hatte.
Drake Mackenzie bedachte mich mit einem Blick abgrundtiefer Verachtung, als ob er mich persönlich für den Zustand von Mr. Hales Verdauungsorganen verantwortlich machte. Er suchte Streit, das merkte ich ziemlich deutlich. Weil das Training ausgefallen war, musste er auf andere Art und Weise Dampf ablassen. » Liest du etwa, Woods?«
»Ich versuche es jedenfalls.« Das war eine denkbar blöde
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