Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
In der Zwischenzeit versuchte Mr. Peterson, sich um Kurt zu kümmern und gleichzeitig Mrs. Griffith zu trösten.
»Es war nicht Ihre Schuld«, versicherte er ihr. »Aber wir müssen ihn zum Tierarzt bringen. Können Sie uns hinfahren?«
Mrs. Griffith schien die Frage nicht zu verstehen. Mr. Peterson musste sie zweimal wiederholen, ehe sie schließlich nickte, und dann noch einmal, damit sie sich endlich in Bewegung setzte. Er wandte sich mir zu, während sie den Wagen wendete. »Ich kann ihn nicht allein hochheben. Kannst du mir helfen, Junge?«
Ich versuchte zu sprechen, bekam aber kein Wort heraus. Es kam immer mehr Blut aus Kurts verletztem Hinterbein, und der Muskel zuckte alle paar Sekunden. Ich hatte noch niemals so viel Blut gesehen. Aber Mr. Peterson hatte vermutlich Wunden erlebt, die viel schlimmer waren als das hier. Er blieb ganz ruhig und gelassen.
»Es ist okay, Junge«, sagte er. »Es wird alles gut. Wir müssen ihn nur in den Wagen schaffen. Wir machen es zusammen.«
Er zog seine Jacke aus und wickelte sie um Kurts Hinterläufe. Dann winkte er mich zu sich. »Du musst nur seinen Kopf stützen und die Vorderbeine. Wir heben ihn hoch, auf drei.«
»Ich glaube, das kann ich nicht«, platzte ich heraus.
»Doch, du kannst. Du schaffst das. In einer halben Minute ist alles vorbei. Ich brauche dich jetzt, hörst du? Okay?«
Ich schloss die Augen und holte mehrmals rasselnd Luft.
»Alex? Mach die Augen auf. Bleib bei mir.«
Ich öffnete die Augen.
»Dir passiert nichts. Reiß dich nur für ein paar Minuten zusammen. Auf drei …«
Kurt winselte laut, als wir ihn hochhoben, und eine Sekunde lang gefror mir das Blut in den Adern. Aber dann war er still, und das Schlimmste war vorbei. Es war schwierig, ihn zu tragen, aber er war nicht schwer, und in kürzester Zeit hatten wir ihn auf den Rücksitz von Mrs. Griffiths Golf gelegt. Mr. Peterson stieg hinten bei ihm ein, und ich setzte mich auf den Beifahrersitz. Eine Viertelstunde später waren wir bei der Tierärztin.
Nachdem Kurt betäubt und sein Hinterbein verbunden worden war, rief uns die Tierärztin ins Behandlungszimmer. Kurt lag ausgestreckt auf dem Stahltisch in der Mitte des Raums. Er sah sehr friedlich aus, als ob er tief und traumlos schlafen würde.
»Die Blutung ist nicht so schlimm, wie es zuerst aussah«, sagte uns die Ärztin mit ernster Miene. »Aber sein Bein ist an zwei Stellen gebrochen. Ich fürchte, wenn die Betäubung nachlässt, wird er starke Schmerzen haben.«
»Aber er wird doch wieder gesund, nicht wahr?«, fragte ich. »Ich meine, er wird es überleben, ja?«
Sie schaute Mr. Peterson an, und etwas schien zwischen den beiden vorzugehen. »Seine Verletzungen können behandelt werden«, sagte sie zu mir. »Aber du musst bedenken, dass Kurt ein sehr alter Hund ist. Die Chancen, dass er sich vollständig erholt, sind sehr gering. Selbst im günstigsten Fall ist es sehr unwahrscheinlich, dass er das verletzte Bein wieder belasten kann. Jedenfalls nicht ohne starke Schmerzen.«
Mr. Peterson nickte, sagte aber nichts.
»Aber er wird leben«, beharrte ich.
Die Tierärztin schaute erst mich an und dann Mr. Peterson. »Soll ich Sie beide ein paar Minuten allein lassen?«
»Ja, das wäre nett«, sagte Mr. Peterson.
»Wozu?«, fragte ich. Und zu diesem Zeitpunkt hatte ich wirklich keine Ahnung, was los war. Ich war noch niemals in einer solchen Situation gewesen. Außerhalb der doch recht ungewöhnlichen Atmosphäre im Laden meiner Mutter hatte ich keine Erfahrungen mit Gesprächen – oder dem Schweigen – über den Tod.
Mrs. Griffith hatte ein Taschentuch aus ihrer Jacke gezogen und tupfte sich die Augen ab. Mr. Petersons Gesicht war grimmig und entschlossen. »Junge, es tut mir leid. Die Tierärztin wird Kurt einschläfern. Etwas anderes können wir nicht für ihn tun.«
Mir drehte sich der Magen um. »Aber sie sagte doch, es sei bloß das Bein! Sie sagte, es könne behandelt werden!«
Mrs. Griffith legte mir die Hand auf die Schulter. »Alex«, sagte sie sanft. »Ich glaube, du hast die Ärztin nicht ganz richtig verstanden. Sie sagte, dass die Verletzungen behandelt werden können , nicht dass sie behandelt werden sollten .«
»Aber wenn sie behandelt werden können, dann müssen sie natürlich auch behandelt werden. Das muss man doch nicht extra erwähnen. Das ist doch klar!«
»Damit würde man ihm keinen Gefallen tun«, sagte Mr. Peterson. »Das musst du verstehen.«
»Die Ärztin kann ihn retten!«
»Es wäre
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