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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Karriere. Hören Sie, ich hab jetzt schon eine gute Stunde lang ausgehalten, um Ihnen nicht Ihr Büro zu vernebeln, aber jetzt brauche ich eine Zigarette. Hätten Sie was dagegen?«
    Der Maresciallo antwortete nicht. Er schaute wieder auf seine Karte.
    »Ich betrachte Ihr Schweigen als Zustimmung. Wo ist übrigens Bacci abgeblieben? Ich dachte, er würde uns was bringen.«
    »Er kommt gleich. Er mußte nach Hause fahren und es holen. Nach dem Vorfall mit der Kugel hab ich ihm geraten, diese Bücher nicht so offen herumzutragen. Einer der Polizisten – sein Name fällt mir gerade nicht ein – hat ihn schon komisch angesehen… Wie heißt er?«
    »Esposito?«
    »Nein, der andere. Esposito ist der mit der Narbe.«
    »Dann meinen Sie Di Maira.«
    »Di Maira, genau. Ich habe dauernd den Eindruck, daß er mehr uns beobachtet als den Verdächtigen – ach, das wird Bacci sein.«
    Es hatte geläutet. Der Maresciallo stand auf und ging durch den unbeleuchteten Warteraum, schaute durch den Türspion und öffnete.
    Ferrini lächelte breit, als er Bacci zögern sah angesichts der Rauchwolke, die sich schnell in dem kleinen Büro ausbreitete.
    »Kommen Sie schon rein, Bacci. Der Rauch wird Sie nicht gleich umbringen – na ja, zusammen mit den Autoabgasen dieser Stadt vermutlich doch. Aber kommen Sie, lassen Sie ein paar Highlights aus den FBI-Studien hören, die Sie da haben.«
    Wenn jemand den Maresciallo gefragt hätte, warum er dorthin fahre, wohin er fuhr, wäre es ihm schwergefallen, eine Antwort zu geben. Es fragte ihn jedoch niemand, weil niemand wußte, daß er unterwegs war. Man hatte ihnen nach der langwierigen Hausdurchsuchung einen halben Tag freigegeben, und wenn es nach dem Maresciallo gegangen wäre, hätte er sich im Supermarkt etwas eingekauft und die Räume in seinem Revier mal gründlich ausgefegt, doch es ging nicht nach ihm, und er hatte Mühe genug, sich auf das Fahren zu konzentrieren. Seit Jahren, seit dem Fall in der Töpferei, mit dem er betraut gewesen war, hatte er diese Straße nicht mehr befahren. Die Landschaft hatte sich verändert, Fabriken, Tankstellen, neue Wohnblöcke waren errichtet worden, eine häßliche Mischung nackter, lieblos hingestellt wirkender Gebäude. Was sich nicht verändert hatte, war der dichte Verkehr. Allmählich mußte die Stelle kommen, wo er rechts abzubiegen hatte. Da. Lastra a Signa. Der Maresciallo hätte nicht angeben können, warum er niemandem von seiner Fahrt erzählt hatte, zumindest nicht genau. Manches sagte er Ferrini nicht, weil Ferrini ihn zuweilen auszulachen schien. Ein solcher Zyniker, dieser Ferrini. Bacci hatte er von dem vorausgegangenen Gespräch nichts gesagt – schön, sie hatten sich darauf geeinigt, ohne es umständlich bereden zu müssen. Es hatte wirklich wenig Sinn, Bacci mit noch mehr Zweifeln zu belasten, als er sowieso schon mit sich herumtrug.
    Sie hatten ihn reden lassen, ohne den noch immer auf dem Schreibtisch liegenden Bericht auch nur zu erwähnen.
    »Ich habe mir alle über diesen Verbrechenstyp vorhandenen Statistiken angesehen, und selbst wenn ich alles andere mal beiseite lasse, ist er einfach zu alt. Serienmörder, Lustmörder treten im Alter von zwanzig bis dreißig Jahren in Erscheinung, also müßte derjenige, der die Morde hier begangen hat, inzwischen zwischen vierzig und fünfzig sein. Ich bin nur auf eine einzige Ausnahme gestoßen, aber sogar dieser Mörder hat nur deshalb erst angefangen, als er über dreißig war, weil seine Mutter ihn praktisch ans Haus gekettet hatte, bis sie starb. Wenn er mehr Bewegungsfreiheit gehabt hätte, hätte er früher zu morden begonnen. Die anderen Abweichungen von dieser Regel sind die Mörder, die ungewöhnlich früh angefangen haben. Als dieser Junge hier sein erstes Opfer umbrachte, war er zwölf, der hier war vierzehn, und der dritte hatte mit fünfzehn bereits vier Menschen ermordet. Einen Mann zu beschuldigen, der über sechzig ist, ergibt keinen Sinn.«
    Dies jedoch war nicht das einzige, das keinen Sinn ergab. Simonetti hatte ihnen das vom FBI erstellte Täterprofil vorgetragen, jedoch in abgekürzter Form, um sie »nicht mit einer Fülle juristischer Ausdrücke zu langweilen«. Damit hatte er ihnen aber eine Fülle von wissenswerter Fakten vorenthalten. Grausamkeit gegenüber Schwachen, Kindern und Tieren zum Beispiel hatte er zwar erwähnt, und daß der Verdächtige seinen Hund mit einem Stock geschlagen habe.
    Das war ein ferner Widerhall der Fallberichte des FBI, in denen es

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