Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
Vom Netzwerk:
Wir sollten das aber nicht auf die leichte Schulter nehmen. Daß er ziemlich enttäuscht war, war für uns ganz bequem – er glaubt nämlich immer noch, daß der Beschuldigte auch der Schuldige ist, er meint nur nicht, der Zweck heilige die Mittel. Ich habe ihm versprochen, mir das und ein, zwei andere Sachen mal anzuschauen. Hab ihm zu einem besseren Gewissen verholfen. Das« – er wies mit einer Kopfbewegung auf die Notizen – »war die Gegenleistung. Er hat keine Ahnung, was er mir da gegeben hat. Der Text war auf englisch. Er hat ihn in den Computer eingegeben, aber kein Wort davon verstanden. Ich bin damit zu Bacci gegangen, der ihn mir vorgelesen und gleich übersetzt hat, und ich hab mitgeschrieben. Nun«, sagte Ferrini, lehnte sich zurück und zündete sich eine neue Zigarette an, »lesen Sie aber endlich.«
    Der Maresciallo las.
    FBI Abt. Verhaltensforschung NCAVC, QUANTICO, Va.
    Profil, basierend auf Informationen zu 16 Morden, die zwischen 1968 und 1985 in Florenz, Italien, verübt wurden
    Tatort Für alle hier untersuchten Fälle ließe sich auf den ersten Blick sagen, daß der Schauplatz der Morde – eine einsame, zwischen Weinbergen und Olivenhainen gelegene Straße auf dem Lande – von den dort parkenden Opfern ausgewählt wurde. Dennoch läßt der Tatort wichtige Rückschlüsse auf den Täter zu. Er erlaubt die Annahme, daß dieser bereits im Vorfeld der Tat als Voyeur aktiv gewesen sein muß, und diese Annahme wird durch die Tatsache gestützt, daß die späteren Opfer den Geschlechtsverkehr meistens gerade beendet hatten, als sie tätlich angegriffen wurden. Liebespaare, die den Geschlechtsverkehr regelmäßig in geparkten Wagen ausüben, neigen dazu, regelmäßig den gleichen Ort aufzusuchen. Vermutlich beobachtete der Täter so lange Samstagabends Paare, bis er eines entdeckte, das regelmäßig an einer für seine Zwecke geeigneten Stelle parkte – einer Stelle, in deren Nähe er sein eigenes Fahrzeug abstellen konnte, um gegebenenfalls schnell zu fliehen, die geschützt war, so daß er sich an dem Frauenkörper zu schaffen machen konnte, ohne hierbei von passierenden Fahrzeugen gesehen zu werden, und in deren Nähe sich Wasser befand, wo er sich waschen konnte.
    Als Ausgangspunkt für seine Beobachtungsgänge kommen eine Disco oder ein anderer Treffpunkt für junge Leute in Frage. Um an einem solchen Ort nicht aufzufallen, muß der Täter notwendigerweise zur gleichen Altersgruppe gehören wie seine späteren Opfer. Die Phase der Sondierung, Auswahl und Beobachtung der Paare vor der eigentlichen Tat – die jeweils in der dunkelsten Nacht des Monats verübt wurde – ist wie das Töten selbst Teil eines Lustgewinns, welcher durch das Vergnügen an den herausgeschnittenen Körperteilen der Opfer, durch die auf die Tat folgende Berichterstattung in den Medien und durch die polizeiliche Untersuchung zusätzlich verlängert wurde.
    Tathergang Der Täter bringt seine Waffen an den Tatort mit und beseitigt sie nach der Tat (siehe Anmerkung 1). Es ist anzunehmen, aber nicht beweisbar, daß er zuerst das männliche und danach das weibliche Opfer erschießt. Das weibliche Opfer wird ein kurzes Stück vom Wagen entfernt und verstümmelt. Das männliche Opfer wird ebenfalls mit dem Messer und der anderen Stichwaffe angegriffen.
    Die Tatumstände des Mordes im Jahre 1968 weisen nicht die Merkmale der Mordserie auf, so daß sein Zusammenhang mit den später verübten Morden vielleicht in der Auslöse- oder Modellfunktion zu sehen ist, die er für jemanden besitzt, der damals zugegen war.
    Die Tatumstände des Mordes von 1974 weisen auf einen Lustmörder im Jugendalter – oder zumindest nur kurzer einschlägiger Vergangenheit – hin. Der Tatort wurde ausgewählt, die Tatwaffe mitgeführt, doch der Täter gab keine tödlichen Schüsse ab. Vielleicht hatte er, einer lange gehegten Phantasie entsprechend, geplant, das weibliche Opfer vor oder nach der Beibringung der Stichwunden zu vergewaltigen, er mußte jedoch, da sich bei ihm plötzlich Impotenz einstellte, das weibliche Opfer mit dem Ast eines Weinstocks penetrieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann davon ausgegangen werden, daß sich der Täter durch Drogenkonsum in die Lage versetzte, seine Phantasien auszuleben. In normalem Geisteszustand würde ein Täter auch im Zustand hochgradiger Erregung seinem Opfer keine 96 Stichwunden beibringen. Das männliche Opfer wurde ebenfalls mit einem Messer und einer weiteren Stichwaffe angegriffen, was darauf

Weitere Kostenlose Bücher