Das Ungeheuer von Florenz
Landini viele Restauratoren kannte, ganz zwangsläufig, berufsbedingt. Wer war es denn? Ich müßte ihn kennen, zumindest dem Namen nach.«
»Benozzetti.«
»Benozzetti? Nein. Ein seltsamer Name, nicht? In Florenz gibt es keinen Restaurator, der so heißt – jedenfalls nicht auf Landinis Niveau. Kann ich Sie irgendwohin mitnehmen? Was sagten Sie, wo Sie hinwollen? Ach so, ja, ins Präsidium. Dann geht es leider nicht. Ich habe keine Erlaubnis für die Durchfahrt durch die Stadt… Na, es fängt an zu regnen, und sehen Sie sich meine Windschutzscheibe an… Irgendwo hatte ich doch ein Fensterleder, aber in dem Auto liegen so viele Bücher und Papiere, und ich habe keine Zeit…«
»Dort liegt es, auf dem Boden, links von Ihnen. Es ist nur so, wissen Sie, Marco könnte die Summe gut gebrauchen, die ein Verkauf des Bildes einbringen würde. Er braucht Geld, er möchte sich ein Architektenatelier einrichten und heiraten.«
»Geld? Hat er nicht von seinem Vater ein Vermögen geerbt?«
»Nein. Ein kleines Atelier und dieses Bild, das ist seine ganze Erbschaft.«
»Ich fürchte, viel wird nicht dabei herausspringen, wenn er es verkauft. Der Staat kann sich heutzutage keine Ankäufe mehr leisten, und in diesem Land einen privaten Käufer zu finden wird nicht einfach sein. Und das Bild zu exportieren wäre illegal, das sollte er lieber gar nicht erst versuchen.«
»Das hat er sicher auch nicht vor, aber was für Ihre Verhältnisse vielleicht nicht viel ist, könnte für ihn eine Summe sein, die seine Lage entscheidend verändert.«
»Zweifellos. Dann soll er es doch versuchen. Wenn er rechtmäßiger Besitzer des Bildes ist, und Sie sagten ja, das hätten Sie überprüft, dann lassen Sie ihn doch verkaufen. Die Zuschreibung ist nicht sein Problem, er verkauft es ja nur. Die Auktionatoren achten schon darauf, daß sie und ihre wichtigen Klienten nicht zu kurz kommen. Wenn irgendwelche Zweifel bestehen, erkennen das Eingeweihte an der Art und Weise, wie das Bild in Katalogen präsentiert wird, sofort. Soll er doch verkaufen, und viel Glück dabei. Vergessen Sie nicht, es würde mich interessieren, eine Fotografie des Bildes zu sehen.«
»Ich denke dran. Ich werde danach fragen. Entschuldigen Sie, wenn ich Sie zu lange aufgehalten habe.«
»Macht doch nichts – und sagen Sie dem jungen Landini, er soll sich keine Sorgen machen. Irgendwann wird er begreifen, daß es so etwas wie Fälschung gar nicht gibt.«
»Was zum Teufel sollte das denn heißen?« murmelte der Maresciallo vor sich hin, als er durch den Torbogen zu seinem Wagen zurückging.
»Was genau wollen wir eigentlich damit sagen? Das Wort ›Monster‹ weist ja auf etwas Außergewöhnliches hin, aber wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, daß solche Fälle in Italien zwar extrem selten vorkommen, das Phänomen des Serienmörders aber heutzutage weit verbreitet ist. Allein in Amerika hat man viele Verbrecher dieses Typs verhaftet und untersucht, und eine viel größere Anzahl läuft weiter frei herum und ist aktiv. Wir haben es hier mit Männern zu tun, die nicht aus Rache oder des Geldes wegen töten, sondern zur ›Entspannung‹ oder aus sexuellen Motiven, die nur mit der Person des Mörders und nicht mit dem Opfer zu tun haben.
Inzwischen können wir mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß unser ›Monster‹ in die Kategorie der Menschen mit sexuellen Perversionen fällt – die ja nicht alle Mörder sind oder gewalttätig werden, die jedoch eine solche Neigung haben können.«
Der Maresciallo versuchte sich zu konzentrieren, war aber wie gewöhnlich mehr von Simonetti selbst als von dessen Worten fasziniert.
Ich würde nicht behaupten, daß er gut aussieht, protestierte er im stillen, denn neben dem Zeitungsartikel über die Ermittlungen war Simonetti abgebildet gewesen, und Teresa hatte sich in diesem Sinne geäußert.
»Gutaussehend?«
»Selbstverständlich. Sieh dir nur mal diese schönen dunklen Augen an. Ein sehr attraktiver Mann. Wieder mal typisch, daß dir das nicht auffällt. Und so elegant noch dazu – ist ja auch eine sehr vorteilhafte Zusammenstellung, diese weiße Krawatte zu der schwarzen Seide, findest du nicht?«
»Bewahre.«
Er hatte unwillkürlich den schlichten schwarzen Schlips berührt, der zu seiner Uniform gehörte, und war schlechtgelaunt in sein Büro zurückgekehrt.
»Ein solcher Täter arbeitet, wenn er gefaßt wird, in der Regel sehr gut mit den Behörden zusammen, bekehrt sich in der Haft häufig zum Christentum,
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