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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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dachten, der Kameramann liefe um sein Leben, aber es sah aus, als habe sie ihm eins übergezogen.«
    »Ja.«
    »Dann haben wir noch drei Tüten Hühnerfutter, aufgerissen, einen Hasenkopf – vermutlich aus dem Besitz des toten Hundes – und fünf schwarze Säcke mit dem ganz normalen Alltagsmüll, die wir natürlich für den Fall des Falles gründlich durchsucht haben. Aber nur das Übliche: Kaffeesatz, Tomatendosen, Gemüseschalen. Das war's. Eine Beretta 22 Long Rifle oder wenigstens ein Schmierfleck davon wäre Ihnen lieber gewesen, ich weiß, aber wir haben kein Glück.«
    »Ich hab sowieso keine Hoffnung gehabt.«
    »Vermutlich zu Recht. War zu schön gewesen, um wahr zu sein, nicht? Und die Sachen, die wir gefunden haben… Er war eben zeitig auf, hat Frühjahrsputz gemacht, meinen Sie nicht?«
    »Wir haben Winter.«
    »Also, ich habe für Sie getan, was ich konnte. Was Sie damit anfangen, ist Ihre Sache.«
    Der Maresciallo konnte überhaupt nichts damit anfangen, und es war ihm auch längst egal. Er aß vor dem Fernseher einen großen Teller Spaghetti und ging schlafen.
    Der nächste Morgen war wunderschön. Die Marmortürme der Stadt, gewaschen vom schweren Regen, glänzten im Schein der kräftigen Wintersonne. Auf dem Lande bildeten der tiefblaue Himmel und die sich davor abzeichnenden schwarzen Zypressen einen Kontrast, wie er in dunstiger Sommerhitze nie zu sehen war. Die Luft war so kalt und frisch, daß sie regelrecht berauschend war, und der Maresciallo war so aufgeräumt wie seit Wochen nicht. Als sie den Dorfplatz in Pontino umrundeten, sah er, daß Markttag war: Die Inhaber der Stände legten ihre Waren aus, Plastikblumen, Eimer und Bürsten, Käse, Eier und Hühner, lange Unterhosen und rüschenbesetzte Schlüpfer, Haufen von kleinen Tomaten, Säcke mit Kartoffeln und Fässer mit gesalzenem Kabeljau unter fließendem Wasser. Die Männer des Dorfes standen schwatzend in der Nähe der Bars, die Frauen bei den Verkaufsständen.
    Der Jeep brauchte seine Zeit, bis er durch dieses Getümmel hindurchgekrochen und auf der ockerfarbenen Schotterstraße angekommen war, die an einer verlassenen Villa vorüber zu der kleinen Häusergruppe führte, wo der Verdächtige wohnte.
    Die Straße zog sich ganz gerade über die Hügelkuppen bis zum glitzernden Horizont hin und vermittelte so den Eindruck, sehr lang zu sein. Sie führte zwischen Weinbergen und Olivenhainen hindurch und an der zypressenbewachsenen Allee vorbei, die zu einer rechter Hand gelegenen großen verfallenen Villa führte. Rund um das Balustradendach der Villa zeichneten sich Terrakottafiguren römischer Damen vor dem blauen Himmel ab. Das Tor am Beginn der Allee lag rostend neben der Straße. Gleich hinter der Villa verlief die Straße linker Hand in einer großen Kurve weiter, und sie bogen sehr langsam auf den steinigen, rechts abzweigenden Pfad ein. Binnen weniger Minuten waren sie wieder bei den eingefangenen Hasen in der stinkenden Dunkelheit und dem schimpfenden Verdächtigen angelangt, der mit rotem Gesicht am Tisch saß und dessen Hose oben mit einem Strick zusammengehalten war. Wütend verneinte er, jemals einen Blick auf den Stoß pornographischer Zeitschriften geworfen zu haben, die der lächelnde Simonetti an diesem schönen Vormittag mitgebracht hatte.
    Der Maresciallo hörte einen Augenblick zu, während er den Blick durch den Raum schweifen ließ. Irgend etwas, das dasein sollte, fehlte, aber er war nicht konzentriert genug, als daß ihm eingefallen wäre, was, denn außerdem sah er sich nach Ferrini um. An diesem Vormittag sollten sie Gemüsegarten, Obstgarten und Weinberg durchsuchen, Ferrini war also vermutlich schon draußen. Er ging ins Freie, um nachzuschauen. Er traf Bacci und Noferini an, die ein paar alte Rebpfähle quer über den Durchgang legten, der zwischen Stallmauer und Haus in den Hof führte. Der Durchgang stand fast knietief unter Wasser, und über die Pfähle hinweg konnten sie zumindest von einem dicken Schlammhügel zum anderen steigen.
    »Ist Ferrini schon angekommen?«
    Bacci richtete sich auf. »Er hat sich krank gemeldet. Grippe, glaube ich.«
    Das war eine schlechte Nachricht. Aber da war nichts zu machen. Der Maresciallo war tags zuvor naß bis auf die Haut gewesen, und seine durchweichten Kleider waren während der langen Arbeitsstunden an seinem Körper getrocknet. Und nun war Ferrini, der immer der Witterung entsprechend gekleidet war, der Kranke. Ärgerlich, denn Ferrini war der einzige, bei dem sich

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