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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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gehört hat.«
    »lch hab sie in den Graben geworfen.«
    Warum sie den Kerl nicht energischer in die Mangel genommen hatten, war ein Rätsel. Der Maresciallo setzte sich vor seine Pasta und bestreute sie großzügig mit Käse. Der Presse hatten sie damals keine Informationen weitergegeben, was vernünftig war, ein Detail war aber doch zu den Journalisten durchgedrungen, die Mär nämlich, Piero Merlini sei noch am Leben gewesen, als man ihn nach dem Mord in Montespertoli fand, und habe den Mörder beschrieben. Das stimmte nicht. Der arme Junge hatte zwar noch gelebt, das schon, doch er war im Krankenhaus gestorben, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Die Geschichte wurde aber so veröffentlicht, und am Tag darauf, der Richter war noch nicht von seiner Vernehmung Sergio Muscas' zurückgekehrt, war Flavio Vargius auf und davon und lenkte damit alle Aufmerksamkeit der Ermittler auf sich.
    Natürlich hatte man zuerst seine Frau aufgesucht. Der Maresciallo hörte plötzlich auf zu kauen. Irgend etwas war im Zusammenhang mit diesem Besuch bei Flavios Frau gewesen, das er sich hatte merken wollen. Was war das nur? Er aß weiter und durchforschte sein Gedächtnis, jedoch ohne Erfolg. Er hätte schwören können, daß es etwas mit dem Verdächtigen zu tun hatte, aber einen Verdächtigen hatte es 1982 ja nicht einmal gegeben. Was zum Teufel konnte es nur gewesen sein? Sie waren zu Flavio nach Hause gefahren, um dessen Frau zu befragen… irgend etwas in dem Zusammenhang mußte es sein… Sie war wohl eine zweifelhafte Type gewesen, hatte ihren Mann gleich angeschwärzt, hatte ausgesagt, er habe sie so brutal zusammengeschlagen, daß sie auf einem Ohr taub geworden sei, was sich zuletzt als unwahr herausstellte. War es das gewesen? Es hieß, der Verdächtige schlüge seine Frau.
    Sosehr sich der Maresciallo auch bemühte, der Zusammenhang fiel ihm einfach nicht mehr ein. Jedenfalls hatte Flavios Frau offiziell Anzeige erstattet, und mit diesem Ermittlungsgrund hatten sie ihn ohne große Mühe aufgespürt und verhaftet. Damit befand sich der Verdächtige Nummer zwei in Haft. Und trotzdem waren sie noch lange nicht aus dem Schneider. Um beweisen zu können, daß er das Ungeheuer war, mußten sie erst einmal beweisen, daß er eine Waffe besaß und den Mord von 1968 begangen hatte. Und dafür brauchten sie die Aussage von Sergio Muscas, dem unglaubwürdigsten Zeugen, den die Welt je gesehen hatte. Sergio hatte nun aber beschlossen, sich selbst in allen Details zu entlasten. Wenn er nicht zugab, am Tatort gewesen zu sein, war seine gegen Flavio vorgebrachte Anschuldigung sinnlos. Die Ermittlungsbeamten beschlossen, ein wenig bei ihm mitzuhören.
    Vielleicht irrte er sich aber auch. Der Maresciallo stand auf und spülte seinen Teller ab. Vielleicht hatte das, was er sich merken wollte, gar nichts mit Flavio und dessen Frau zu tun, sondern mit Sergios Bruder Fabio und dessen Frau. Womöglich hatte er die Namen verwechselt wie dieses bedauernswerte Kind. Er ging ins Schlafzimmer zurück und fand die Seiten mit der Abschrift der abgehörten Anrufe. Fabio und Tina hatten jeden Abend telefoniert, als sie mit unheilbarem Krebs im Krankenhaus lag. Die vage Hoffnung der Ermittlungsbeamten, die Frau könnte auf dem Totenbett die Wahrheit sagen, wurde mit ihrem Tod jäh zunichte gemacht. Wie hätte es auch anders sein sollen. Tina Muscas ließ ihre Tochter als Halbwaise zurück. Hätte man ihren Ehemann wegen einer Beteiligung an dem Mord von 1968 verhaftet, wäre ihre Tochter außerdem ohne Vater aufgewachsen. Der Maresciallo nahm die betreffenden Seiten ins Wohnzimmer mit und ließ sich auf seinem gewohnten Sessel vor dem Fernsehapparat nieder.
    »Wie geht es dir?«
    »Wie immer. Zu Hause ginge es mir besser.«
    »Die Ärzte wissen schon, was richtig für dich ist, Tina.«
    »Ach, wirklich? Ich möchte nicht hier sterben.«
    »Du wirst doch nicht sterben. Niemand behauptet, daß du sterben wirst.«
    »Mag sein. Hast du mit Sergio gesprochen?«
    »Ich hab's versucht, aber am Telefon ist das nicht so einfach. Vielleicht sollte ich mal hingehen.«
    »Wenn du gehst, dann sieh zu, daß er sich nicht wieder in den Kopf setzt, hierherzukommen. Er soll bleiben, wo er ist.«
    »Immerhin ist er mein Bruder.«
    »Na und? Er hat uns allen ja nichts als Ärger eingebracht. Der Tag sei verflucht, als euer Vater Sergios Hochzeit arrangiert hat.«
    »Er wollte nur das Beste. Niemand wußte, was für eine sie war. Jeder dachte, sie wäre dankbar

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