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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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kleiner als normal sind.«
    »Was bedeutet das?« fragte Marsha zögernd.
    Dr. Ruddock zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich gar nichts. Die neurologischen Befunde sind nach Auskunft von Dr. Stevens völlig normal. Und diese Erkenntnisse hier sind zwar interessant, haben aber höchstwahrscheinlich keinerlei Auswirkung auf die Funktion. Mir fällt dazu im Augenblick nur ein, daß Sie ihm, wenn sein Gehirn derart viel Glukose verbraucht, Süßigkeiten geben sollten, wenn er viel zu denken hat.« Dr. Ruddock mußte über diesen Scherzversuch herzhaft lachen.
    Einen Moment lang saßen Victor und Marsha beide wie betäubt da und versuchten, die Kluft zwischen den schlechten Nachrichten, die sie erwartet, und den guten, die sie bekommen hatten, zu überwinden. Victor erholte sich als erster. »Wir werden Ihren Rat unter allen Umständen befolgen«, sagte er leise glucksend. »Irgendwelche speziellen Süßigkeiten?«
    Dr. Ruddock lachte von neuem; es gefiel ihm, daß sein Humor so gute Aufnahme fand. »Mars-Riegel wären die Therapie, die ich empfehlen würde!«
    Marsha bedankte sich bei dem Arzt und lief zur Tür hinaus. Sie überraschte VJ unvorbereitet und umarmte ihn wie eine Bärenmutter, ehe er zurückweichen konnte. »Alles ist bestens«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Dir fehlt nichts.«
    VJ entwand sich ihr. »Das wußte ich vorher. Können wir jetzt gehen?«
    Victor tippte Marsha auf die Schulter. »Ich habe hier noch etwas zu erledigen und fahre dann direkt in die Firma, wir sehen uns zu Hause. Okay?«
    »Es gibt ein ganz besonderes Abendessen«, sagte Marsha und wandte sich wieder VJ zu. »Wir können gehen, junger Mann, aber du bist noch nicht fertig. Wir fahren in meine Praxis. Ich habe noch ein paar Tests für dich.«
    »Oh, Mom!« jammerte VJ.
    Marsha lächelte. Er klang wie jeder andere Zehnjährige.
    »Mach deiner Mutter die Freude!« sagte Victor. »Bis später, ihr beiden!« Er gab Marsha einen Kuß auf die Wange und zerzauste VJ das Haar.
    Victor verließ das Untersuchungsgebäude und ging hinüber in das eigentliche Krankenhaus. Dort fuhr er mit dem Aufzug in die Pathologie und in Dr. Burghofens Büro. Die Sekretärin war nirgends zu sehen, und so streckte Victor den Kopf hinein und sah sich um. Burghöfen saß vor einer Schreibmaschine und tippte mit den beiden Zeigefingern. Victor klopfte an den Türrahmen.
    »Herein, herein!« sagte Burghöfen mit einer einladenden Geste. Ein paar Augenblicke hackte er weiter auf die Schreibmaschine ein, dann gab er auf. »Ich weiß nicht, wieso ich das tue, aber meine Sekretärin meldet sich jeden zweiten Tag krank, und ich darf sie nicht rausschmeißen. Die Verwaltung dieser Abteilung ist eines Tages noch mein Tod.« Victor lächelte und nahm sich vor, daran zu denken, daß die akademische Arbeit ihre eigenen Beschränkungen hatte, wenn er das nächste Mal bei Chimera Inc. die Nase voll von Büroproblemen hätte.
    »Ich wollte nur fragen, ob Sie die Autopsiebefunde der beiden Kinder schon haben, die am Zerebralödem gestorben sind«, sagte er.
    Dr. Burghofens Blick wanderte über den Wust auf seinem Schreibtisch. »Wo ist das Clipboard?« fragte er - eine rhetorische Frage. Er drehte sich mit seinem Stuhl herum und fand, was er suchte, gleich hinter sich auf dem Regal. »Mal sehen«, sagte er und blätterte. »Da haben wir's: Maurice Hobbs und Mark Murray. Sind das die beiden?«
    »Ja.«
    »Die waren Dr. Shryack zugeteilt. Er ist wahrscheinlich gerade dabei.«
    »In Ordnung, wenn ich mal nachschauen gehe?«
    »Wenn Sie wollen.« Dr. Burghöfen warf noch einen Blick
    auf sein Clipboard. »Autopsieraum drei.« Als Victor hinausgehen wollte, fragte er: »Sie sagten doch, Sie sind Doktor der Medizin, nicht wahr?«
    Victor nickte.
    »Dann viel Spaß!« Dr. Burghöfen wandte sich wieder seiner Schreibmaschine zu.
    Die pathologische Abteilung war neu wie das ganze Krankenhaus und mit den neuesten Apparaten ausgestattet. Alles war aus Stahl, Glas oder Kunststoff.
    Die vier Autopsieräume sahen aus wie OP-Säle. Nur in einem wurde gearbeitet, und Victor ging schnurstracks hinein. Der Autopsietisch war aus glänzendem Edelstahl wie alle anderen sichtbaren Instrumente. Zwei Männer standen zu beiden Seiten des Tisches; sie blickten auf, als Victor erschien. Vor sich hatten sie ein kleines Kind, dessen Körper klaffte wie bei einem ausgenommenen Fisch. Hinter ihnen auf der Bahre lag zugedeckt ein zweiter kleiner Leichnam.
    Victor überlief ein Schauder. Es war lange her,

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