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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Antibiotikum, das er auch in der frühen Embryonalentwicklung verwendet hatte. Aber wie hatten die Kinder dieses Medikament bekommen können? Das war kein gebräuchliches Präparat, und die Eltern waren ausdrücklich gewarnt worden und hatten gewußt, daß die beiden Kinder darauf mit einer lebensbedrohlichen Allergie reagieren würden. Victor war sicher, daß weder die Eltern von Maurice noch die von Mark irgend jemandem erlaubt hätten, ihren Kindern Cephaloclor zu verabreichen.
    Da aber beide Kinder gleichzeitig gestorben waren, konnte es sich unmöglich um einen unglücklichen Zufall handeln. Mit eisigem Schrecken fragte Victor sich plötzlich, ob die Umgebung von Chromosom sechs, die er gewählt hatte, um die von ihm produzierten Gene einzupflanzen, vielleicht gar nicht aus Nonsens-DNS bestand, wie die meisten Leute glaubten. Vielleicht gab es in der Umgebung einen angeborenen Promotor, der das Gen mit irgendeinem unbekannten Mechanismus einschaltete. Wenn das der Fall war, konnte tatsächlich auch VJ bedroht sein. Vielleicht hatte sich bei seinem Intelligenzverlust damals das Gen bei ihm zu einem kurzen Aktivitätsschub eingeschaltet.
    Victor wollte schlucken, aber sein Mund war trocken. Er sammelte alle Proben ein und ging hinaus zum Trinkbrunnen. Eine ganze Reihe von Laborassistenten arbeitete im Hauptlabor, aber Victor war nicht in der Stimmung, mit jemandem zu reden. Schnurstracks ging er in sein Forschungsbüro und schloß die Tür hinter sich. Er versuchte, sich zu beruhigen, aber als sein Herzklopfen gerade nachlassen wollte, fielen ihm die Mikrofotografien von VJs Chromosomen ein, die er vor sechseinhalb Jahren gemacht hatte.
    Er sprang auf, stürzte zum Aktenschrank und suchte in panischer Hast darin herum, bis er die Fotos gefunden hatte, die er zum Zeitpunkt des Intelligenzverlustes gemacht hatte. Er studierte sie und stieß dann einen Seufzer der Erleichterung aus. Bei VJ hatte sich überhaupt nichts verändert. Sein Chromosom sechs hatte vor sechseinhalb Jahren haargenauso ausgesehen wie heute. Die DNS war an keiner Stelle bloßgelegt oder gestreckt.
    Victor atmete leichter, als er jetzt sein Büro verließ und sich auf die Suche nach Robert Grimes machte. Der Techniker war in der Tierkammer und wies Sharon Carvers Nachfolgerin ein. Victor nahm ihn beiseite. »Ich fürchte, ich habe noch eine Sonderaufgabe für Sie.«
    »Sie sind der Boß«, antwortete Robert.
    »Bei den Hirngewebsproben gibt es einen Bereich an Chromosom sechs, wo die DNS freigelegt und gestreckt ist. Ich möchte, daß Sie die Sequenz ermitteln, sobald Sie können!«
    »Das wird aber 'ne Weile dauern«, meinte Robert.
    »Ich weiß, daß es mühselig ist«, sagte Victor. »Aber ich habe ein paar radioaktive Sonden, die Sie benutzen können.«
    »Dann ist es was anderes.«
    Robert folgte Victor in dessen Büro und nahm die vielen kleinen Fläschchen in Empfang. Als er gegangen war, blieb Victor noch ein paar Augenblicke in seinem Büro und versuchte sich eine andere Erklärung als das Cephaloclor einfallen zu lassen. Weshalb sonst hätte sich das NGF-Gen bei den kleinen Kindern einschalten können? Mit zweieinhalb Jahren verlangsamte sich das Wachstum, und es fanden keine monumentalen physiologischen Veränderungen statt wie etwa in der Pubertät.
    Eine andere absonderliche Tatsache war, daß das NGF-Gen sich bei beiden Kindern anscheinend exakt gleichzeitig eingeschaltet hatte. Das ergab keinen Sinn. Der einzige Berührungspunkt im Leben der beiden Kinder bestand darin, daß sie beide die Tagesstätte bei Chimera Inc. besuchten. Auch aus dem Grund hatte er damals diese Ehepaare ausgewählt. Er hatte Gelegenheit haben wollen, die Kinder in ihrer Entwicklung zu beobachten. Er hatte sich überdies vergewissert, daß die beiden Ehepaare einander nicht kannten, bevor sie ihre Kinder bekamen. Er hatte nicht gewollt, daß sie ihre Aufzeichnungen verglichen und Verdacht schöpften. Victor langte über den Schreibtisch hinweg nach dem Telefon, rief die Personalabteilung an und ließ sich die Privatadressen der trauernden Familien geben. Als er sie notiert hatte, sagte er Colleen, daß er nun für ein paar Stunden außer Haus sei.
    Er beschloß, zuerst bei William und Sheila Hobbs vorbeizufahren, weil es näher war. Sie wohnten in einem schönen Backsteinhaus in einer Kleinstadt namens Haverhill. Victor parkte vor der Haustür und läutete.
    »Dr. Frank«, sagte William Hobbs überrascht. Er öffnete die Tür ein Stück weiter und ließ

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