Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
ließ Hobbs einigermaßen verwirrt zurück und begab sich stehenden Fußes in die Buchhaltung, um Murray zu befragen. Die Antwort war die gleiche. Es war ausgeschlossen, daß eines der beiden Kinder Cephaloclor bekommen haben sollte.
    Auf dem Rückweg in sein Labor kam Victor am Rechenzentrum vorbei. Er trat ein, suchte Louis Kaspwicz und erkundigte sich nach der Planung für den Abend.
    »Wir sind bereit«, berichtete Louis. »Die Telefonleute kommen gegen sechs und bauen ihr Zeug auf. Dann braucht der Hacker sich nur noch einzuloggen und drinzubleiben. Ich drücke die Daumen.«
    »Ich auch«, sagte Victor. »Ich bin in meinem Labor. Jemand soll mir Bescheid geben, wenn er versucht, sich einzuloggen. Ich komme dann sofort.«
    »Aber natürlich, Dr. Frank!«
    Victor ging weiter und bemühte sich, klar zu denken. Erst als er an seinem Schreibtisch saß, gestattete er sich die Frage, was es bedeutete, wenn man im Blut der beiden unglücklichen kleinen Kinder tatsächlich Cephaloclor gefunden hatte. Offensichtlich hatte man ihnen das Antibiotikum irgendwie verabreicht, und ohne Zweifel hatte es das NGF-Gen eingeschaltet, das daraufhin die Gehirnzellen dergestalt stimuliert hatte, daß sie angefangen hatten, sich zu teilen; das Gehirn war angeschwollen und hatte sich schließlich in den Wirbelkanal hinuntergedrückt, wie man bei der Autopsie festgestellt hatte.
    Ein Schauer überlief ihn. Keines der beiden Kinder konnte das Cephaloclor zufällig eingenommen haben, und beide hatten es anscheinend gleichzeitig bekommen. Man mußte also annehmen, daß jemand ihnen das Antibiotikum in der Absicht verabreicht hatte, sie zu töten.
    Victor rieb sich heftig das Gesicht und fuhr sich dann mit den Fingern durchs Haar. Warum sollte jemand zwei außergewöhnliche, genial intelligente kleine Kinder töten wollen? Und wer konnte es sein?
    Er wußte sich kaum zu fassen; er stand auf und ging im Zimmer hin und her. Die einzige Idee, die ihm kommen wollte, war eher unwahrscheinlich: Irgendein voreiliger, halbgescheiter moralistischer Reaktionär war über Einzelheiten des NGF-Experiments gestolpert. In dem rachsüchtigen Bemühen, Victors Arbeit zunichte zu machen, hatte der Irre die beiden Kinder ermordet.
    Aber wenn dieses Szenario stimmte, warum waren dann nicht beispielsweise die »intelligenten« Ratten beseitigt worden? Und was war mit VJ? Außerdem - nur ganz wenige Leute hatten Zugang zum Computer und zu den Labors. Victor dachte an den Hacker, der seine Dateien gelöscht hatte. Aber wie sollte der ins Labor oder in den Kindergarten kommen? Plötzlich sah Victor, daß sich der Lebensweg der beiden Kleinen nur in der Kindertagesstätte gekreuzt hatte. Sie mußten das Cephaloclor dort erhalten haben!
    Wütend dachte er an Hursts Drohung: »Sie sind nicht der strahlende Ritter, für den wir Sie halten sollen.« Vielleicht wußte Hurst über das NGF-Projekt Bescheid, und dies war seine Art der Vergeltung.
    Victor ging wieder auf und ab. Nicht einmal die Idee mit Hurst paßte gut zu den Tatsachen. Wenn Hurst oder sonst jemand ihm eins auswischen wollte, weshalb dann nicht mit der guten alten Methode der Erpressung oder einfach mit einer Mitteilung an die Zeitungen? Das wäre sinnvoller als ein Mord an unschuldigen Kindern. Nein, es mußte eine andere Erklärung geben, etwas Böses und weniger Naheliegendes.
    Er setzte sich an seinen Schreibtisch, holte die Ergebnisse kürzlich durchgeführter Laborexperimente hervor und versuchte zu arbeiten. Aber er konnte sich nicht konzentrieren. Immer wieder kreisten seine Gedanken um das NGF-Projekt. In Anbetracht dessen, womit er es zu tun hatte, konnte er mit seinem Verdacht leider nicht zur Polizei gehen, denn dann hätte er das NGF-Projekt offenbaren müssen, und ihm war klar, daß er das niemals tun konnte. Es wäre sein beruflicher Selbstmord, von seinem Familienleben ganz zu schweigen. Hätte er das Experiment doch niemals begonnen...!
    Er lehnte sich zurück, verschränkte die Hände hinterm Kopf und starrte an die Decke. Als VJs Intelligenz abgestürzt war, hatte Victor nicht einen Augenblick lang erwogen, ihn auf Cephaloclor zu testen. Konnte das Antibiotikum sich seit der Geburt in seinem Organismus eingekapselt haben und erst ausgesickert sein, als er zwischen zwei und vier gewesen war? »Nein«, sagte Victor zur Decke. Es gab keinen physiologischen Prozeß, der ein solches Phänomen herbeiführen konnte.
    Fassungslos dachte er an den Sturm der Ereignisse, der ihn um wirbelte: der

Weitere Kostenlose Bücher