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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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auftrug.
    »Ach, tatsächlich?« fragte Richie unsicher.
    »Ja«, sagte Marsha. »Und je mehr ich gehört habe, desto mehr hatte ich den Wunsch, dich einmal kennenzulernen. Warum kommst du uns nicht mal besuchen? VJ hat dir sicher erzählt, daß wir einen Swimmingpool haben.«
    »VJ hat mir nie erzählt, daß Sie einen Swimmingpool haben«, erwiderte Richie. Er setzte sich auf den Herd und starrte Marsha an.
    Ihr Unbehagen wuchs.
    »Ich verstehe gar nicht, wieso er das nicht getan hat.« Sie sah Mr. Blakemore an. »Man weiß nie, was in den Köpfen von Kindern vorgeht.«
    »Das kann man wohl sagen.«
    Peinliches Schweigen trat ein. Marsha fragte sich, was nur los sein mochte.
    »Milch oder Zitrone?« brach Mrs. Blakemore, die in diesem Moment mit dem Tee aus der Küche kam, das Schweigen. Sie stellte das Tablett auf den Kaffeetisch.
    »Zitrone«, sagte Marsha. Sie nahm eine Tasse vom Tablett und ließ sich von Mrs. Blakemore einschenken. Dann preßte sie etwas Saft von der Zitrone hinein. Als sie fertig war, lehnte sie sich zurück. Erst da bemerkte sie, daß die drei anderen nicht tranken. Sie saßen lediglich da und starrten sie unverwandt an.
    »Trinkt außer mir niemand von dem Tee?« fragte Marsha. Sie fühlte sich von Sekunde zu Sekunde unwohler.
    »Wir haben schon Tee getrunken«, sagte Mrs. Blakemore.
    Marsha nahm einen Schluck. Der Tee war sehr heiß, und sie stellte die Tasse sogleich wieder auf den Tisch zurück. Sie räusperte sich nervös. »Es tut mir leid, daß ich Sie so überfallen habe.«
    »Aber ich bitte Sie, das macht doch gar nichts«, erwiderte Mrs. Blakemore. »Bei dem scheußlichen Wetter hätten wir sowieso nichts unternommen.«
    »Ich wollte Sie schon seit einiger Zeit mal kennenlernen«, sagte Marsha. »Sie sind immer so überaus nett zu VJ, und da habe ich mir gedacht, daß ich mich gern mal revanchieren würde.«
    »Was genau meinen Sie damit?« fragte Mrs. Blakemore.
    »Nun, zum einen würde ich gern mal Richie über Nacht zu uns einladen. Natürlich nur, wenn er das möchte. Würdest du gern mal zu uns nach Hause kommen, Richie?«
    Richie zuckte mit den Schultern.
    »Warum, wenn ich fragen darf, möchten Sie denn, daß Richie bei Ihnen übernachtet?« wollte Mr. Blakemore wissen.
    »Um mich zu revanchieren, natürlich«, sagte Marsha. »Da VJ schon oft bei Ihnen über Nacht geblieben ist, dachte ich mir, wäre es doch nur normal, wenn Richie hin und wieder auch zu uns nach Hause käme.«
    Mr. und Mrs. Blakemore wechselten einen überraschten Blick. Dann sagte Mrs. Blakemore: »Ihr Sohn hat noch nie bei uns übernachtet. Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, wovon Sie reden.«
    Marsha schaute verwirrt von einem zum andern. »VJ hat nie bei Ihnen übernachtet?« fragte sie ungläubig.
    »Nie!« sagte Mr. Blakemore.
    Marsha sah zu Richie. »Und was war vergangenen Samstag? Wart ihr, VJ und du, da nicht zusammen?«
    »Nein«, antwortete Richie und schüttelte den Kopf.
    »Nun, dann muß ich mich wohl entschuldigen, daß ich Ihre Zeit beansprucht habe«, sagte Marsha verlegen und erhob sich.
    Mr. und Mrs. Blakemore standen ebenfalls auf.
    »Wir dachten, Sie wären wegen dieser Prügelei gekommen«, sagte Mr. Blakemore.
    »Welcher Prügelei?« fragte Marsha verdutzt.
    »Offenbar hatten VJ und unser Junge eine kleine Meinungsverschiedenheit«, erklärte Mr. Blakemore. »Richie mußte die Nacht im Krankenhaus verbringen, mit einem gebrochenen Nasenbein.«
    »Oh, das tut mir schrecklich leid. Da werde ich wohl mal mit VJ reden müssen.«
    So rasch und so taktvoll, wie es ihr unter den gegebenen Umständen möglich war, verabschiedete sich Marsha und verließ das Haus der Blakemores. Als sie in ihren Wagen stieg, kam die Wut in ihr hoch. Der Bengel würde was von ihr zu hören bekommen! Anscheinend stand es noch viel
    schlimmer um ihn, als sie geglaubt hatte. Wie hatte ihr das alles bloß entgehen können? Offensichtlich führte ihr Sohn ein regelrechtes Doppelleben, eines, das völlig anders war als jenes, das er ihnen vorspielte. Daß er sie mit einer derart bewußten Täuschung hinters Licht führte, war entschieden anomal! Was ging da bloß mit ihrem kleinen Jungen vor sich?

11
    Samstag nachmittag
    Victor kam langsam wieder zu Bewußtsein. Durch einen wattigen Schleier hindurch vernahm er gedämpfte Laute, die er im ersten Moment nicht zu deuten vermochte. Nach ein paar Sekunden wurde ihm klar, daß es sich bei den Geräuschen um Stimmen handelte. Schließlich erkannte er die von VJ. Der

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