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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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hüstelte jedesmal diskret, sobald er auf den Auslöser drückte, damit man das Klicken nicht hören konnte.
    Paul Nachtigall wollte zuerst seinen Augen nicht trauen, als er den Fotoverrückten bemerkte, und versuchte erfolglos, ihn mit einem warnenden Blick zur Vernunft zu bringen. Um den Studienrat abzulenken, trat er einen Schritt auf ihn zu. »Aber ich bitte Sie, Herr Doktor«, protestierte er übertrieben eifrig, »das ist wirklich nicht nötig, für diese Lappalie können wir doch kein Geld annehmen.«
    »Nein, das können wir wirklich nicht«, meldete sich jetzt auch Karlchen zu Wort. Er hatte die Kamera wieder in seiner Hosentasche verschwinden lassen und kam mit verschränkten Armen näher.
    »Nun seid keine Frösche«, widersprach Dr. Purzer. Er faltete den Schein zusammen und steckte ihn ohne weitere Umstände in Paul Nachtigalls Hemdentasche. »An jeder Tankstelle hätten sie mir das Fünffache abgenommen. So, und jetzt bye-bye, meine Herren.« Er schwang sich in seinen Zypressengrünen, ließ den Motor anspringen, winkte noch einmal und brauste ab.
    Kaum fünf Minuten später wanderte der Purzersche Zehnmarkschein am Haupteingang des Prinz-Ludwig-Gymnasiums aus der Hemdentasche von Paul Nachtigall in die Khakihose eines ausgeschlafenen kleinen Jungen.
    »War aber auch die allerletzte Eisenbahn«, nuschelte der.

Die Maxen langweilen sich und pfeifen aufs Völkerrecht

    »Sechs Eisbecher mit Sahne und allem Drum und dran«, rief Sputnik, lehnte sich in seinen Stuhl zurück und streckte die Beine aus. Eigentlich hieß er Otto Hugendubel. Sein Vater hatte ihm vorgestern, anläßlich seines Geburtstags, das Taschengeld aufgebessert, obgleich die kleine Schokoladenfabrik der Familie im Moment alles andere als rosige Zeiten hatte. Bei dieser Knallofenhitze blieb die Ware wie Zement in den Geschäften liegen und schmolz in den Schaufenstern weg wie Sirup, wenn man nicht aufpaßte. Um die augenblickliche Flaute auszugleichen, ließ Vater Hugendubel bereits Weihnachtsmänner und Tannenzapfen aus Schokolade für den Winter fabrizieren.
    »Sieben«, korrigierte sich der dickliche Junge mit der blauen Astronautenmütze. Er hatte Fritz Treutlein entdeckt, der auf seinem Fahrrad quer über die Straße kam. Er lenkte direkt auf die Glorreichen zu. An der Bordsteinkante hob er sich aus dem Sattel und riß das Vorderrad mit einem schnellen Ruck auf den Gehsteig. Anschließend stoppte er mit einer perfekten Vollbremsung und sprang ab. »Schiefgegangen oder hat’s geklappt?«
    Die Glorreichen hatten sich nach dem gelungenen Coup schleunigst in Luft aufgelöst, sobald Studienrat Dr. Purzer in seinem zypressengrünen Auto abgebraust war. Das hatten sie so abgemacht, es gehörte zu ihrem Plan. Wer seine Aufgabe erfüllt hatte, sollte postwendend aus der Umgebung des Gymnasiums
    verschwinden.
    Andererseits konnte man nach einem so fabelhaft gelungenen Coup nicht einfach sang- und klanglos auseinanderradeln, als ob rein gar nichts passiert wäre.
    So hatten sie sich in Rinaldos Eisdiele eingefunden, ganz selbstverständlich und ohne jede Verabredung, einfach aus dem Gefühl heraus, daß sie jetzt zusammen sein müßten. Dabei waren sie bisher erstaunlich schweigsam um zwei zusammengeschobene Tische herum auf ihren Stühlen gesessen.
    Erst bei Fritz Treutleins Frage wurde ihnen so richtig bewußt, was für ein enormes Glück sie bei ihrer Schlittenpartie auf dem Glatteis gehabt hatten und daß es eigentlich mehr als angebracht wäre, sich darüber ganz diebisch zu freuen.
    »Ob’s geklappt hat, will er wissen«, explodierte Emil Langhans als erster. Er sprang in seiner ganzen Länge auf, hatte plötzlich eines der orangefarbenen Tischtücher in den Händen und wedelte damit durch die Luft. »Ganz famos hat’s geklappt, hundertprozentig, wenn du es genau wissen willst.« Er drehte eine Pirouette, daß seine Tennisschuhe nur so quietschten.
    »Ein Knüller«, jubilierte Karlchen Kubatz. »Ein total perfektes Ding, capito?«
    »Mach keine Witze«, japste Fritz Treutlein, der vom Radfahren noch außer Atem war. »Das würde ja bedeuten, daß unser Blumen-Mani aus dem Schneider ist.« Dieser Spitzname für Manuel Kohl war auf dem Mist des Friseurlehrlings gewachsen, und er sorgte immer wieder mal dafür, daß seine Erfindung nicht in Vergessenheit geriet.
    »Genau das bedeutet es«, stellte Hans Pigge fest. Worauf er seinem Nebenmann einen Schubs versetzte und dieser wiederum seinem Nebenmann einen Schubs versetzte. Als Folge

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