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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Kubatz trat inzwischen in der Telefonzelle von einem Fuß auf den anderen, so wie er es immer tat, wenn er aufgeregt war. »Das dauert vielleicht«, nuschelte er vor sich hin.
    Im Zeitungskiosk klingelte das Telefon schon zum drittenmal. Aber sein Besitzer hatte einer Kundin gerade zwei Illustrierte und eine Rolle Hustendrops verkauft, da durfte er nicht unhöflich sein. Er wünschte der Frau noch einen wunderschönen Tag, dann nahm er den Hörer ab und meldete sich. »Hier Wildenbusch, Zeitungskiosk am Richard-Wagner-Platz.«
    »Na endlich«, ließ sich Karlchen Kubatz vernehmen. Diese Bemerkung konnte er sich nicht verkneifen. Aber gleich darauf, bevor der Zeitungshändler etwas erwidern konnte, sagte er nur das eine Wort: »Countdown!«
    Selbstverständlich hätte dieser Teil des Plans auch ohne ein Kodewort funktioniert. Andererseits legten die Glorreichen Sieben Wert darauf, daß ihre Operationen rundherum perfekt und wasserdicht waren. Insbesondere legte Karlchen Kubatz Wert darauf.
    »Verstanden«, erwiderte der Zeitungshändler Wildenbusch, legte den Hörer auf und nahm ihn sofort wieder ab. Er wählte die Nummer, die ihm der Sohn des Chefredakteurs der Bad Rittershuder Nachrichten auf die Rückseite einer Zigarettenschachtel geschrieben hatte. Sie war für diesen Fall schon seit Tagen mit einem Reißnagel an die Wand gepikt.
    Und jetzt passierten im Prinz-Ludwig-Gymnasium, rund um das Vorzimmer von Studiendirektor Senftleben herum, ein paar Dinge beinahe gleichzeitig.
    »Wer bitte?« fragte Fräulein Kowalski in ihr Telefon, nachdem sie sich zuerst gemeldet und dann eine Weile zugehört hatte. Dieses Zuhören war gar nicht so einfach. Das Vorzimmer des Direktors glich im Augenblick einem Taubenschlag. Ein Teil des Lehrkörpers und die Vertrauensschüler verschiedener Klassen diskutierten miteinander. Sie warteten auf den Direx. Dazu kamen noch Eltern, die zur Sprechstunde bestellt waren.
    »Habe ich richtig verstanden, Herr Doktor... würden Sie bitte wiederholen... ja, Oberschuldirektion, das habe ich verstanden.« Fräulein Kowalski hatte an einem Ohr den Telefonhörer, das andere hielt sie sich zu. »... Herrn Dr. Purzer... ja, aber das wird nicht ganz leicht sein. Wir haben schon Schulschluß, wie Sie ja wissen... ich probiere es, bleiben Sie am Apparat.« Sie legte den Hörer neben ihre Schreibmaschine, stand auf und erkundigte sich: »Weiß zufällig jemand, ob Dr. Purzer noch im Hause ist?«
    »Hier kann ich ihn jedenfalls nicht entdecken«, meinte einer der Vertrauensschüler ein wenig vorlaut.
    »Ob er sich noch im Lehrerzimmer aufhält?« fragte Fräulein Kowalski. Sie machte eine Kopfbewegung zum Telefon und ergänzte etwas leiser: »Es scheint wichtig zu sein.«
    »Ich werde es feststellen«, sagte Studienrat Fink und machte sich auf den Weg.
    »Das ist sehr freundlich«, rief die Sekretärin hinter ihm her.
    Im Korridor stand der dickliche Sputnik zusammen mit ein paar anderen Jungen vor dem Schwarzen Brett. Er hatte sich seine goldbestickte Astronautenmütze tief in die Stirn gezogen und äugte immer wieder zum Seitenportal hinüber. Emil Langhans war ganz kurz erschienen, hatte seine Schulmappe fallen lassen und ganz schnell wieder aufgehoben. Genauso affenartig hatte er sich anschließend hinter der breiten Aufgangstreppe verkrümelt.
    Das war das Warnzeichen. Jetzt konnte es sich nur noch um Sekunden handeln, bis Dr. Purzer im Schulgebäude aufkreuzen würde.
    Tatsächlich kam der Studienrat dann auch gleich darauf im Geschwindschritt von der Amselstraße her und steuerte schnurstracks in die Richtung des Direktionsbüros am Ende des Korridors.
    Ein paar Meter, bevor er das Schwarze Brett erreicht hatte, traf Studienrat Fink mit ihm zusammen.
    »Ist das ein Zufall, oder wissen Sie schon Bescheid, Herr Kollege?«
    »Ja, danke«, erwiderte Dr. Purzer, ohne sein Tempo zu stoppen.
    Studienrat Fink, dem die 10 c seit heute vormittag eine genauere Kenntnis der bundesdeutschen Wasserstraßen verdankte, war nicht verwundert. Er hatte bei dem Durcheinander im Büro gar nicht mitbekommen, um was für einen Anruf es sich handelte und wie er zustande gekommen war. Er machte einfach wieder kehrt und lief hinter Dr. Purzer her.
    Sputnik hatte den beiden Herren lediglich Rücken und Hinterkopf gezeigt. Jetzt drehte er sich vorsichtig um und verfolgte mit einem Blick unter dem Schirm seiner blauen Mütze hervor den Gang der beiden Studienräte, bis sie im Vorzimmer des Direktors verschwunden waren.

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