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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Familienereignisses geschlossen sei. Statt dessen telefonierte Vater Kohl mit Manuels arbeitslosem jungen Nachhilfelehrer. Er hieß übrigens Ringelmann und wohnte noch bei seinen Eltern nicht weit vom Straßenbahndepot.
    »Kaum zu fassen, aber mein Sohn hat von der gestrigen Klassenarbeit eine kugelrunde Zwei nach Hause gebracht. Ja, eine Zwei — und dafür möchten wir uns mit einem gemütlichen Abendessen bedanken. Paßt es Ihnen heute um zwanzig Uhr?«
    Es paßte Herrn Ringelmann.
    »Ausgezeichnet, wir freuen uns... wie bitte?... um Himmels willen, keine Krawatte. Ich hab’ auch keine Lust, mich zu verkleiden. Brechen Sie sich bitte keine Verzierung ab. Bis heute abend also.« Er legte den Telefonhörer wieder auf. »So ein patenter Kerl«, brummte er, »und keine Stellung, es ist zum Davonlaufen.«
    Verständlicherweise hatte Manuel verschwiegen, wie es in
    Wirklichkeit zu seiner mathematischen Traumnote gekommen war Dabei war es ihm verdammt schwergefallen, den unbekümmerten Strahlemann zu spielen. Viel zu häufig spukten Karlchens verflixte Fotos durch seinen Kopf. Sie baumelten wie jenes berüchtigte Damoklesschwert pausenlos über ihm.
    Als sich Mutter Kohl aufmachte, um für das abendliche Festessen einzukaufen, verließ auch Manuel das Blumengeschäft am Marktplatz.
    Die Glorreichen Sieben hatten sich in einer Toreinfahrt hinter der Post an der Ecke Herderstraße verabredet. Immerhin würden sie heute nachmittag nach dem Bruch des Burgfriedens zum erstenmal mit den Maxen Zusammentreffen, und da wollten sie geschlossen anrücken. Über ihre Taktik bei dieser Begegnung waren sie sich allerdings noch im unklaren. Wie immer, wenn es Probleme zu lösen gab, konnte jeder seine Gedanken frei aussprechen, die Ideen anderer aufgreifen und weiterspinnen.
    »Angriff«, hatte Sputnik, ohne lange zu überlegen, vorgeschlagen. Er neigte dazu, bei jeder Gelegenheit rotzusehen: »Angriff ist die beste Verteidigung, das haben Gneisenau und Blücher schon gesagt.«
    »Entschuldige, aber der Spruch stammt von Napoleon«, korrigierte ihn Karlchen Kubatz, »und der ist damit ganz schön auf die Schnauze gefallen, wie wir wissen.«
    »Ist mir doch so egal wie ein chinesischer Floh«, erwiderte Sputnik unlogisch. »Jedenfalls müssen wir ganz knallhart verlangen, daß sie sofort den geklauten Film rausrücken.«
    »Das kostet sie nur ein müdes Lächeln«, meinte Emil Langhans, »weil sie nämlich längst genügend Abzüge gemacht haben und den Film gar nicht mehr brauchen.«
    »Was schlägst du also vor?«
    »Wir sollten genau das tun, was sie nicht erwarten«, antwortete der Lange nachdenklich.
    »Und das wäre?«
    Emil Langhans senkte den Kopf und blickte über den Rand seiner dunklen Hornbrille. »Wir stellen uns blöd, das wird uns ja nicht besonders schwerfallen. Unser Name ist Hase, und wir wissen von nichts.«
    »Das nehmen sie uns nicht ab«, widersprach Karlchen Kubatz. »Sie haben den Burgfrieden doch ganz offiziell gekündigt und mich als Parlamentär losgeschickt, um es euch zu sagen.«
    Der Lange nickte zustimmend. »Daß sie wieder mal auf dem Kriegspfad herumtanzen wollen, das müssen wir selbstverständlich wissen«, räumte er ein. »Aber wir müssen nicht unbedingt schon wissen, daß sie ihren Überfall nur veranstaltet haben, weil sie es auf den Film abgesehen hatten.«
    »Ich versteh’ kein Wort«, gab Sputnik zu.
    »Es könnte doch sein«, fuhr Emil Langhans fort, »daß der Diebstahl noch gar nicht entdeckt ist. Karlchen könnte ihn erst heute abend bemerken, oder auch erst morgen oder übermorgen, eben zu irgendeinem Zeitpunkt, der uns in den Kram paßt.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Die Maxen kommen unweigerlich ins Schleudern«, dozierte Emil Langhans weiter. »Denn selbstverständlich erwarten sie, daß wir groß auf den Putz hauen und den gestohlenen Film zurückfordern, so wie es ja auch Sputnik vorgeschlagen hat. Aber wir spielen die Ahnungslosen bis zum Gehtnichtmehr...«
    Der Boß hatte sich bisher in Schweigen gehüllt. »Ich begreife langsam«, sagte er jetzt. »Wir sollen mauern und die anderen kommen lassen...«
    »... und wer kommen muß, ist bekanntlich immer im Nachteil, das ist wie beim Fußball«, fügte Emil hinzu. »Die Zeit läuft vorerst auf unserer Seite mit. Wir können in Ruhe abwarten.«
    »Leuchtet ein«, stellte Karlchen Kubatz fest. »Einverstanden.«
    Auch die übrigen Glorreichen stimmten zu.
    Nur Sputnik zögerte noch. »Ich weiß nicht so recht«, überlegte er laut.

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