Das unheimliche Haus
beim Sommerfest die Schwimmstaffel verlieren, weiter nichts!«
»Seit einer halben Ewigkeit gewinnt immer das Prinz-Ludwig-Gymnasium«, fuhr ein anderer von den Maxen fort. »Die Zeitung bringt euch auf der ersten Seite, und die ganze Stadt schüttelt euch die Hand.«
»Überhaupt ist es höchste Eisenbahn, daß wir endlich mal die Rollen tauschen«, entrüstete sich der Junge mit dem Pickelgesicht. »Und das gilt speziell für euren Privatverein. Die Glorreichen Sieben, daß ich nicht kichere. Jammerschade, daß ihr euch jetzt nicht im Spiegel sehen könnt: eine Schafherde, die vor Angst bibbert. Aber die Herren sind die großen Detektive, Sherlock Holmes ist ein Dreck gegen sie. Immer sind sie die Lieben, die Guten, werden in Watte gepackt und gestreichelt. Und wir sind dagegen die Hornochsen, denen man am besten aus dem Weg geht.« Er mußte tief Luft holen. »Mann, wie uns euer Heiligenschein zum Hals raushängt.«
Paul Nachtigall hatte nachdenklich zugehört. »Bis zu diesem Augenblick hatte ich keine Ahnung von euren Komplexen. Aber es kommt halt immer drauf an, von welcher Seite man in den Garten hineinguckt. Schön, ihr wollt uns den Lack abkratzen, wenn ich’s richtig verstehe. Und beim Schwimmfest soll es anfangen.«
»Ist das ewige Siegen nicht sowieso auf die Dauer langweilig?« fragte Ulli Buchholz scheinheilig.
»Und wie stellt ihr euch das vor?« wollte der Boß der Glorreichen Sieben wissen. »Sollen wir so tun, als würden wir uns die
Lunge aus dem Hals schwimmen, und in Wirklichkeit auf der Stelle strampeln, oder was?«
»So gute Schauspieler seid ihr nicht, daß das niemandem auffallen würde«, antwortete der Junge mit der kurzen Lederjacke. »Aber euer Starter könnte ausnahmsweise auf dem Bauch landen und gleich die ersten Meter verlieren, was ja jedem passieren kann. Oder euer Schlußmann fällt im letzten Moment aus, weil er sich eine Erkältung eingehandelt hat...«
»Erpressung«, stellte Emil Langhans fest.
»Schon wieder so ein Wort, das mir gar nicht schmeckt«, konterte Ulli Buchholz. »Ich würde viel lieber sagen: Wir kommen uns beiderseitig entgegen und sind ganz schrecklich nett zueinander.«
Die Glorreichen Sieben rührten sich nicht und sagten keinen Ton.
»Ihr könnt euch mit der Antwort drei Tage Zeit lassen.«
»Das wäre bis zum Freitag«, sagte Paul Nachtigall.
»Du willst dich doch auf so was nicht einlassen?« protestierte Karlchen Kubatz. »Das kannst du nicht machen.«
Die beiden Bosse beachteten ihn nicht.
»Freitag um siebzehn Uhr erwartet euch ein Junge mit Rollschuhen vor Rinaldos Eisdiele. Er wird nicht zu übersehen sein.«
»Nein, das wird er nicht«, bestätigte Emil Langhans.
»Das wär’s für heute«, sagte Ulli Buchholz. Die Maxen drehten sich um und trabten zur Holzbrücke zurück.
Die Glorreichen Sieben gingen ohne Eile hinter ihnen her.
Der Himmel hatte sich inzwischen zugezogen.
»Es wird bald regnen«, meinte Sputnik.
Drüben kletterten die anderen auf ihre Fahrräder. Sie warteten, bis die Jungen in den Badehosen fast herangekommen waren.
»Übrigens haben wir von euren Reifen die Luft rausgelassen«, rief Ulli Buchholz über die Schulter. Er saß im Sattel und war startbereit. »Die Ventile schwimmen in der Amper herum, wenn ihr sie suchen solltet. Arrividerci!«
»Nicht gerade ‘ne neue Idee!« rief Paul Nachtigall zurück. »Könntet ihr euch zur Abwechslung nicht mal was anderes einfallen lassen?«
»Ach, wißt ihr, an Ideen kann man sich gewöhnen, wenn sie so gut sind«, erwiderte der Lederjackenjunge und grinste wieder einmal sein Lausbubenlächeln. Und seine Maxen feixten mit. Dann klingelten sie mit ihren Fahrradklingeln um die Wette und zwitscherten los.
»Ihr verdammten Kröten!« brüllte Sputnik hinter ihnen her. Er hatte seine Hände als Trichter vor den Mund gehalten und ließ sie jetzt wieder sinken. »Wir waren bodenlos leichtsinnig«, stöhnte er.
»Das kann man wohl sagen«, meinte Hans Pigge. »Einer hätte wenigstens als Wache Zurückbleiben müssen.«
»Den hätten sie doch umgepustet wie nichts«, nörgelte Karlchen Kubatz. »Der Kardinalfehler ist, daß wir total vergessen haben, wie gemeingefährlich die Brüder sind. Der Ausflug hierher war heller Wahnsinn.«
»Leider mein grandioser Vorschlag«, gab Paul Nachtigall zu.
»Nimm’s nicht tragisch«, tröstete ihn Emil Langhans. »Wir waren alle durch die Bank bekloppt.« Er zog sich bereits sein Hemd über den Kopf. »Wieso hat bei keinem von uns
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