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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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vertraut war.
    Der Friseurlehrling ging also ganz allein auf das Boot zu, während sich die übrigen mit ihren Fahrrädern hinter Baumstämmen und im Schilf in die Büsche schlugen.
    Vom Fußweg führte eine Art Trampelpfad zur Schiffsmitte. Dort gab es tatsächlich ein Fallreep aus dicken Holzbohlen. Das dem Land zugekehrte Ende war mit Tauen hochgezurrt. So trennten gute zwei Meter ziemlich schmutziges Amperwasser das Boot vom Ufer.
    Fritz Treutlein blieb stehen, wartete und blickte sich um.
    Auf dem Schiff rührte sich nichts.
    »Wenn er jetzt nach einer Türklingel sucht, werd’ ich verrückt«, flüsterte Emil Langhans aus seinem Versteck heraus. »Guck doch mal gefälligst nach links.«
    Und als sich Fritz Treutlein jetzt umdrehte, entdeckte er ein Stück Stahlrohr, das neben einem Hammer von einem Balken herunterbaumelte. Er luchste noch einmal zum Schiff hinüber, und als sich dort immer noch nichts zeigte, griff er entschlossen nach dem Hammer und schlug mit ihm gleich zweimal hintereinander gegen das Stahlrohr.
    In der bisherigen Stille hatten die beiden Laute die Wirkung von Pistolenschüssen.
    Fritz Treutlein war zusammengezuckt, und auch die anderen hatten in ihrem Versteck die Köpfe eingezogen.
    Im selben Augenblick trat ein älterer Mann aus der Kajüte. Er machte nicht den Eindruck, als ob ihn die Signale überrascht hätten. Er war etwas über mittelgroß und unheimlich dünn. Sein Gang war gerade und sehr selbstsicher. Er trug ein Wollhemd mit großen rot-weißen Karos und eine Manchesterhose.
    »Hallo, Herr Bellinghausen«, rief Fritz Treutlein und hob seine linke Hand.
    Der Mann blieb neben dem hochgezogenen Fallreep, über die Reling gebeugt, stehen. Haar und Augenbrauen waren grau und buschig. Er rauchte Pfeife und hatte eine blasse Gesichtsfarbe. Ohne eine Miene zu verziehen, besichtigte er den Jungen am Uferrand.
    »Sie waren lange nicht mehr bei uns«, fuhr der Friseurlehrling fort. »Mein Vater fürchtete schon, daß Sie vielleicht krank seien.«
    »Hör auf mit dem Theater und verkauf mich nicht für blöd«, unterbrach ihn der Mann und knurrte zwischen den Worten. »Meinst du, ich hätte nicht längst deine ganze Räuberbande spitzgekriegt? Was wollt ihr von mir?« Er knurrte dreimal bissig. Dieses Knurren zwischen den Worten und am Schluß eines Satzes schien eine besondere Eigenart von ihm zu sein. »Am besten macht ihr eure Mäuler erst gar nicht auf und kratzt ganz schnell wieder die Kurve.«
    Währenddessen hatte sich zuerst Paul Nachtigall und dann auch Emil Langhans in ihrem Versteck aufgerichtet. Nacheinander kamen auch die übrigen aus dem Schilf und hinter den Bäumen hervor. Sie ließen ihre Fahrräder am Boden liegen, bewegten sich auf das Schiff zu und stellten sich um Fritz Treutlein herum.
    »Aha, die Mäuse kommen aus ihren Löchern«, sagte der Mann über die zwei Meter Wasser hinweg und knurrte wieder.
    Da nahm Karlchen Kubatz seinen ganzen Mut zusammen. »Guten Tag, Herr Bellinghausen«, fing er an. »Zuerst müssen wir uns bei Ihnen entschuldigen, weil wir Sie täuschen wollten und uns versteckt haben. Das war ein dämlicher Fehler.«
    »Und weshalb habt ihr euch versteckt?« Das Knurren hinterher klang jetzt schon ein wenig freundlicher.
    »Weil uns Fräulein Finkbeiner gewarnt hat«, erwiderte Karlchen. »Sie sagte uns, daß Sie in der letzten Zeit allen Menschen aus dem Weg gingen und daß Sie uns mit Sicherheit gar nicht zu sich reinlassen würden.«
    »Was, zum Donnerwetter, habt ihr mit der Finkbeinerin zu schaffen?«
    Karlchen Kubatz kam zeitweilig ins Stottern, aber dann gelang es ihm trotzdem, die Zusammenhänge einigermaßen zu erklären. Er schilderte, wie sie erfolglos versucht hatten, im Archiv der Bad Rittershuder Nachrichten etwas über ein verlassenes Haus im Wald in Erfahrung zu bringen, und daß ihnen dann sein früherer Kollege Hildesheimer empfohlen hätte, den pensionierten Lokalredakteur aufzustöbern. »Und Fräulein Finkbeiner hat uns verraten, wo wir Sie finden können.«
    »Eure Beziehungen zu den Bad Rittershuder Nachrichten scheinen ja ganz ausgezeichnet zu sein?«
    »Mittelprächtig«, antwortete Karlchen. »Mein Vater ist der Chefredakteur.«
    Der dürre Mann hielt seinen Kopf schief. »Sieh an, dann bist du der kleine Kubatz?« meinte er. »Ehrlich gesagt, ich kann mich kaum mehr an dich erinnern. Hast du schon immer dieses ulkige Haar gehabt?«
    »Das ist mein Markenzeichen«, erklärte Karlchen und wagte zu grinsen.
    Martin

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