Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das unheimliche Medium

Das unheimliche Medium

Titel: Das unheimliche Medium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Kasse und addierte Zahlen. Der Mann sah nicht, wer sich an der Schaufensterscheibe vorbeischob, was Nora sehr gelegen kam.
    Sie hatte sich einen bestimmten Punkt ausgesucht, der ziemlich einsam lag, aber sehr wuchtig war. Praktisch am Ortsanfang stand der Verteilerblock. Ein Kasten aus Beton mit einer Metalltür, für die sich Nora einen Nachschlüssel besorgt hatte. Der steckte griffbereit in ihrer rechten Hosentasche.
    Sobald die Häuser nicht mehr so dicht beieinander standen, nahm die Welt ein ländlicheres Aussehen an. Felder und Gärten grenzten aneinander. Die Straße führte in Windungen weiter und würde mehr als fünfzehn Meilen entfernt erst den nächsten Ort erreichen.
    Die Luft war kühl geworden, obwohl es ein warmer Tag gewesen war.
    Nora lehnte sich gegen den Verteilerkasten und mußte auch hinter ihm Deckung suchen, weil sich zwei Wagen näherten, die in den Ort einfahren wollten.
    Die Scheinwerfer glotzten wie tote Augen. Nora erkannte die Autos.
    Eines davon gehörte einem Fleischer, das andere dem Bäcker. Beide Männer waren miteinander befreundet und verließen Weldon sehr oft gemeinsam.
    Angeblich, um einzukaufen, aber Dinah Shane hatte da eine andere Meinung. Sie sprach davon, daß sie sich schöne Stunden in einem Bordell machten, doch zu beweisen war das nicht.
    Erst als sie auch die Rücklichter nicht mehr sah, konzentrierte sich das Mädchen auf seine Aufgabe. Den Schlüssel hielt Nora mittlerweile in der Hand. Sie schaute sich vorsichtshalber noch um, aber da war nichts, was sie gestört hätte.
    Dann öffnete sie die Metalltür. Sie mußte ordentlich ziehen, um sie aufzubekommen. Und als sie es geschafft hatte, da lag eine elektrische Welt vor ihr, die sie nicht begriff. Das brauchte sie auch nicht, denn sie war etwas Besonderes. Sie mußte nur handeln, und sie würde es tun, darauf konnte sich jeder in Weldon verlassen.
    Nora ging noch näher heran. Das Warnschild an der Seite hatte sie bewußt übersehen. So etwas interessierte sie nicht, denn bei ihr spielten andere Dinge eine Rolle. Sie brauchte auch kein Licht. Alles, was sie tun mußte, das würde ihr ohne fremde Hilfsmittel gelingen. Nur die Hände waren wichtig.
    Auf einmal fühlte sie sich so anders. Nora war zwar noch ein Mensch, nur von einer fremden Kraft durchströmt, und sie hatte sie zu einem Medium gemacht.
    Sie stand mit beiden Beinen und im wahrsten Sinne des Wortes auf der Erde, und doch kam sie sich vor wie jemand, der abgehoben hatte und über allem schwebte.
    Es war ein ungewöhnlicher Zustand, doch sie nahm ihn hin. Sie freute sich sogar darüber.
    Dann streckte Nora beide Arme zugleich vor und spreizte auch ihre Hände. Sie tauchte ein in ein für sie völlig fremdes Gebiet. Sie hörte das leise Summen, sie sah die rötlich glänzenden Spuren, die zahlreichen Kontakte und auch die hellen Verdrahtungen.
    Alles hatte etwas zu bedeuten.
    Nur für sie nicht. Ihr war es egal, und sie drückte sich wie ein heller Schatten hinein. Die Hände griffen zu. Einfach irgendwohin…
    Es spielte keine Rolle. Wichtig allein war der Kontakt zwischen dem Medium und der Technik.
    Es passierte schlagartig, buchstäblich von einer Sekunde auf die andere.
    Plötzlich entstanden die irrsinnigen Blitze. Sie umzuckten zuerst den Körper, bevor sie tief in ihn eindrangen, sich dort rasend schnell durch die Adern bewegten, im Haar bläulich schimmernde Funken hinterließen und dann mit einer immensen Geschwindigkeit in den Nachthimmel hineinrasten, wo sich ein wahres Gewitter abspielte.
    Es entstanden Figuren am Himmel, die ineinanderliefen. Die Lichter im Ort verloschen, und auch Nora zog ihre Hände aus dem Kasten zurück.
    Sie brauchte dies nicht mehr, denn ihre Freunde aus der anderen Welt hatten ihr geholfen.
    Über dem Ort hatte sich das Inferno abgespielt. Die Blitze kamen nicht zur Ruhe, sie rasten von einer Seite auf die andere, sie schufen immer wieder neue Bilder, sie zeichneten ein gewaltiges Dach aus grellem Licht, sie zerschnitten die Finsternis wie scharfe Messer und Lanzen. Sie zerstörten den Himmel und bauten ihn Momente später wieder neu auf.
    Es war ein Wunder.
    Es war Wahnsinn!
    Nora war einige Schritte zur Seite gegangen. Sie stand inmitten des vom Himmel fallenden fahlen Lichts, den Kopf zurückgelegt, so daß sie in die Höhe schauen konnte.
    Das Bild war unbeschreiblich. Und, was für sie ebenso zählte, sie hatte es geschaffen, es galt ihr. Die Freunde aus einem anderen Reich zeigten ihr, wie mächtig sie geworden

Weitere Kostenlose Bücher