Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee
dahin, wobei er ständig an Höhe verlor. Er konnte schon das Gras an seiner Nase spüren, als er wenige Handbreit über dem Boden den Wald erreichte. In einem Haufen aus Laub und Tannennadeln blieb er liegen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis er sich aufraffte und umdrehte. Er schüttelte sich das Wasser vom Leib und zog den Hut vom Kopf. Endlich konnte er wieder etwas sehen. Aber Moment mal! Wo war denn Plim? Er kniff die Augen zusammen und blickte über die Felder. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Sie war doch direkt hinter ihm gewesen?! Er stellte sich auf die Beine und entdeckte sie schließlich ein ganzes Stück weiter hinten in einer Pfütze liegend. So wie es aussah, war sie gerade ausgerutscht. Schimpfend und auf allen vieren krabbelte sie aus dem Matsch. Anschließend hüpfte sie auf einem Bein und fing an sich die Schuhe auszuziehen.
Von oben bis unten mit Schlamm bespritzt kam sie barfuß dahergelaufen – in jeder Hand einen baumelnden Damenschuh. Das war ein Anblick, den Primus bestimmt so schnell nicht vergessen würde. Plims Gesicht schwoll hochrot an, als sie sein lautes Gelächter hörte. Gerade wollte sie ihm noch etwas zurufen, da rutschte sie zum zweiten Mal aus. Ihre Beine flogen in die Höhe, ein kurzer Aufschrei folgte und schon saß sie wieder auf dem Boden. Verzweifelt schaute sie jetzt an sich herunter und schüttelte den Kopf. Plim war nass bis auf die Knochen. Als sie Primus sah, dem die Tränen über die Backen liefen, fing sie ebenfalls zu lachen an. Jetzt war sowieso schon alles egal. Schlimmer konnte es ohnehin nicht mehr werden. Sie sprang auf, spritzte mit den Füßen den Schlamm durch die Luft und hüpfte wie ein ausgelassenes Schulkind von einer Pfütze zur anderen. Völlig außer Atem kam sie am Waldrand an. Sie ließ sich neben Primus auf den Boden fallen und rang nach Luft. So saßen die beiden dann unter den Bäumen und schauten dem Regen zu.
Die Nacht war längst hereingebrochen, als Primus und Plim beim Hexenhaus ankamen. Mittlerweile hatte der Regen nachgelassen und das Gewitter war weiter nach Norden gezogen. Lediglich aus der Ferne war ab und zu noch ein Donnern zu hören. Plim war nach oben gegangen, um sich trockene Sachen anzuziehen. Eine wohlige Wärme stieg von der Feuerstelle auf, wo neben dem Kessel nun auch eine dampfende Teekanne stand.
Snigg und Chuck waren draußen im Garten. Die beiden hatten sich an die Rückseite des Hauses verzogen, da es dort immer noch am trockensten war. Chuck war ein klein wenig zickig, was nasse Kleidung betraf, und trat üblicherweise schon bei Nebel die Flucht an. Von zu viel Feuchtigkeit bekäme er Falten, erklärte er unablässig. Außerdem konnte er den Geruch von feuchter Kleidung nicht leiden und gab immer eine Allergie vor, wenn Plim ihn als Wäscheständer benutzen wollte. Am liebsten wäre er wahrscheinlich im Haus gewesen, aber das gefiel Plim wiederum ganz und gar nicht. Sie war der Meinung, eine Vogelscheuche gehöre in den Garten und nicht ins Wohnzimmer. Fertig, aus!
Neugierig schaute Chuck zum Fenster herein. Es war das gleiche Fenster, wo er am Vortag Primus kennengelernt hatte und neben dem auch das Glas mit den beiden Kröten stand. Diese waren wie immer in bester Stimmung. Taddel und Mills zählten von Haus aus zu jenen Gemütern, die sogar einen Trauermarsch unterhaltsam gefunden hätten und denen niemals langweilig wurde. Aber mit der Vogelscheuche vor dem Fenster hatten die beiden besonders viel Spaß. Chuck war für Taddel und Mills ein ausgezeichneter Spielgefährte, wenngleich auch auf unfreiwillige Art:
Immer dann, wenn er zum Fenster hereinschaute, signalisierten sie ihm, er solle einmal zu ihnen herübersehen. Kaum tat er es, ließen sie ihre langen Froschzungen hervorschnellen und vor seinen Augen gegen das Glas klatschen. Das ging nun schon eine Viertelstunde so, denn Chuck fiel immer wieder aufs Neue darauf herein. Erschocken sprang er jedes Mal zurück und stieß dabei einen schrillen Schrei aus. Taddel und Mills jaulten vor Lachen.
Mit einem Handtuch um den Kopf gewickelt kam Miss Plim die Treppe herunter. Kopfschüttelnd betrachtete sie das muntere Treiben auf dem Regal und hinter der Fensterscheibe. Dann aber wandte sie sich ab und ging zur Feuerstelle. Sie zog den Hocker heran, setzte sich nieder und hielt ihre Füße vor die offene Schürklappe. Entspannt rieb sie sich die Hände.
»Heute Abend bringt mich nichts und niemand mehr nach draußen.« Sie nahm einen tiefen Atemzug und
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