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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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gerne noch einmal wiederkommen und den Rest abholen.«
    Plim erhob sich und stellte sich vor eines der Fässer. »Was machen wir nun mit der Bibliothek?« Sie griff nach dem Zapfhahn und begann zu drehen. »Treffen wir uns vorher bei mir und …«
    Mitten im Satz brach sie ab. Der Zapfhahn bewegte sich nicht um Haaresbreite. Sie stieß ein verbissenes Knurren aus und drückte ihn mit ganzer Kraft zur Seite. Dann ließ sie ihn los. Pustend schüttelte sie ihre Hand.
    »Das blöde Ding klemmt«, schimpfte sie. »Heute klappt aber auch überhaupt nichts.«
    »Lass mich mal versuchen. Du musst wahrscheinlich nur andersherum drehen.«
    Primus stellte sich neben sie, drückte den Hahn nach rechts und begann zu ziehen. Nichts passierte. Er probierte auch die andere Richtung, aber ohne Erfolg. Erst als er den Hahn nach unten zog, ertönte plötzlich ein Klicken. Der Hahn gab nach, neigte sich zum Boden, und als Primus ihn nach vorne zog, klappte die gesamte Vorderseite des Fasses auf. Dahinter klaffte ein geheimer Durchgang.
    Schlagartig herrschte Stille. Primus und Plim standen mit fassungslosen Gesichtern vor ihrer Entdeckung und blickten in die Öffnung. Damit hatte keiner gerechnet. Plim war die Erste, die wieder zu Worten kam.
    »Wie lange wohnst du eigentlich schon hier?«, sagte sie. »Ich meine …«, sie rang nach Luft. »… ich meine, da komme ich zum ersten Mal zu dir in diesen Keller und was finde ich? Eine Geheimtür!« Sie setzte einen vorwurfsvollen Blick auf. »Hätte ich hier gewohnt, dann hätte ich diese Tür bestimmt schon längst aufgespürt. Was meinst du? Wohin führt dieser Durchgang?«
    »Woher soll ich das wissen?«, antwortete Primus, wobei er den Kopf in das Fass steckte. »Aber das lässt sich ja leicht herausfinden. Auf jeden Fall scheint mir der Weg nicht so lang zu sein wie der Tunnel von letzter Nacht.«
    »Was denn für ein Tunnel?«
    »Das erzähle ich dir später«, sagte er. »Ich muss dir nachher sowieso noch etwas zeigen. Aber erst einmal ist das hier wichtiger.«
    Er nahm die Laterne und kletterte in das Fass.
    »Los«, flüsterte er. »Jetzt wollen wir uns doch einmal ansehen, was dieser Keller noch so alles zu bieten hat. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir diesmal mehr finden werden als nur einen Haufen Weinfässer.«
    Plim hob ihr Kleid und stieg hinterher.
    Das Fass war so hoch, dass Primus und Plim beinahe aufrecht hindurchgepasst hätten. Hölzern tappten ihre Schritte über die Fassdauben, bis sie an der anderen Seite den Durchgang erreichten. Dieser führte geradewegs durch die Kellerwand. Primus streckte den Arm aus, um ihnen mit der Laterne zu leuchten. Hinter der Wand verbarg sich ein kleiner Raum. Vorsichtig kletterten sie aus der Öffnung und über ein Treppchen in das Zimmer hinunter.
    So wie es aussah, musste dieser Raum wohl einst ein Arbeitszimmer gewesen sein. Im Lichtschein der Laterne tauchte ein wuchtiger Schreibtisch auf, der gegenüber an der Kellerwand stand. Zettel, Papiere und Schriftrollen lagen darauf, die völlig von Staub überzogen waren. Primus trat auf den Tisch zu. Mit prüfendem Blick hob er das Kinn und schaute zur Decke. Er hatte einen schwachen Lichtstrahl bemerkt, in dem kleine Staubflocken tanzten. Wie konnte das möglich sein? – fragte er sich. Am Turm gab es kein Kellerfenster. War hier etwa ein versteckter Lichtschacht? Er stieg auf den Tisch. Und tatsächlich! Über dem Tisch führte ein Schacht nach oben.
    »Hier, halt mal«, sagte er und gab Plim die Laterne. »Ich bin gleich wieder da.«
    »He!«, protestierte sie. »Was soll denn das heißen, ich bin gleich wieder da ?«
    Doch noch bevor sie sich’s versah, flatterte Primus bereits den Schacht hinauf.
    Dieser war gerade einmal so breit, dass Primus seine Flügel ausstrecken konnte. Mit kurzen Flügelschlägen arbeitete er sich hoch. Es ging etwa fünfzehn Fuß lotrecht nach oben, bis er an die Unterseite eines hölzernen Fußbodens stieß. Das musste das Obergeschoss sein. Sofern ihn sein Orientierungssinn nicht täuschte, lag über ihm nun die Küche. Er blickte sich um. Der Schacht machte einen Knick, wurde schmaler und führte zu einer Öffnung, die über und über mit Laub verstopft war. Nur durch einen schmalen Schlitz schien das Tageslicht hindurch. Er klammerte sich an die Wand und spähte nach draußen.
    Genau, wie er es erwartet hatte. Primus befand sich unter dem Küchenboden an der Rückseite des Hauses. Die Öffnung war anscheinend zwischen die Steinquader des

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