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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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die Hand aus und schob dem Schloss die Plakette zwischen die Zähne. Blitzschnell schnappte dieses zu. Die Eckzähne schoben sich durch die Löcher, das Schloss begann zu knurren und mit einem Poltern schwang die Steintür auf.
    Dahinter verbarg sich ein riesiger Saal.
    Plim war völlig aus dem Häuschen. »Das soll der Schlüssel sein?«, rief sie. »Das Goldstück aus dem Erdloch, von dem du mir heute erzählt hast? Wie bist du denn darauf gekommen?«
    »Tja«, lächelte Primus, »mit Gold kommt man immer weiter im Leben. Dieser Meinung ist zumindest mein Spiegel oben im Turm.«
    Dann traten sie ein.
    Der Saal glich einem Achteck. Er war hoch und mit einer kuppelförmigen Decke überspannt. Abgesehen von einer kleinen, hüfthohen Säule in der Mitte war der Saal vollkommen leer.
    »Wo sind wir denn hier gelandet?«, fragte Primus, der offenbar etwas völlig anderes erwartet hatte. »Das sieht ja aus wie ein Heiligtum.«
    … ligtum  … tum  … tum  … hallte das Echo von den Wänden wider. Er hielt die Zaubernuss hoch und schritt durch den Raum. Unterdessen trat Plim auf die kleine Säule zu. Diese war kunstvoll verziert, hatte einen wulstigen Sockel und war oben wie ein Wasserbecken nach innen gewölbt. Sie strich mit ihrer Hand durch die Vertiefung, die vollständig mit Samt ausgekleidet war.
    »So einen Ständer könnte ich auch gut gebrauchen«, sagte sie. »Dann würde meine Kristallkugel wenigstens nicht immer unter dem Tisch hin und her kullern.«
    Plötzlich hörte sie Primus hinter sich rufen. »He, Plim! Komm mal hier herüber und sieh dir das an!«
    »Hast du etwas gefunden?«, fragte sie.
    »Schon möglich. Sieht zumindest ganz danach aus.«
    Sie drehte sich zu Primus um, der vor einer der acht Saalwände stand. Im Lichtschein seiner Zaubernuss konnte sie ein Gemälde ausmachen. Als sie näher kam, bemerkte sie, dass es ein Wandbild war, das sich über die ganze Mauer erstreckte. Sie richtete ihr Licht gegen die Wand und betrachtete voll Faszination das Szenario, das sich vor ihren Augen eröffnete:
    Eine wunderschöne junge Frau, mit langen Haaren und einem weißen Kleid, tanzte verträumt über eine nächtliche Wiese. Ihr Körper, anmutig und schlank, schien zu schweben, während sie mit erhobenen Armen zum Himmel aufblickte. Von dort strahlte zwischen den Sternen der Mond auf sie herab. Aber es war nicht jener Mond, der üblicherweise am Nachthimmel steht. Es war eine dünne Sichel, die ihm haargenau glich. Gespenstisch bog sie sich um eine tiefschwarze Scheibe, in der Primus und Plim ein altbekanntes Geflecht erkannten.
    »Was soll das bedeuten?«, fragte Plim. »Wer ist diese Frau? Sie ist wunderschön.«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er. »Ich sehe sie auch zum ersten Mal.«
    »Glaubst du, sie hat die Sichel gebaut?«
    Primus zog die Stirn in Falten. »Das würde mich schon sehr wundern.« Er trat einen Schritt zurück und leuchtete von links nach rechts über die ganze Wand.
    »So sahen also einmal die Nebelfelder aus«, stellte er fest. »Und zwar vor 12000 Jahren, als die Sichel am Himmel stand. Sieh mal. Dort drüben ist auch eine Bergkette zu erkennen. Und hier!«, er deutete auf eine Vertiefung im Gras. »Das müsste der Schneckenbach sein. Nur der Finsterwald scheint damals noch viel weiter im Westen gelegen zu haben. Dort, wo heute der Distelpfad verläuft, sind lediglich ein paar Büsche zu sehen.«
    Plim trat näher an das Bild heran. »Weißt du, was seltsam ist?«, fragte sie und kniff die Augen zusammen. »Ich kann mich ja täuschen, aber es sieht beinahe so aus, als wäre die Frau durchsichtig.«
    »Das stimmt«, sagte Primus. »Du hast Recht. Auf den ersten Blick ist mir das gar nicht aufgefallen. Auch ihr Kleid scheint mit der Nacht zu verfließen. Die ganze Geschichte wird immer rätselhafter.« Er drehte sich um und blickte auf die kleine Säule. »Hast du da drüben etwas entdecken können?«
    »Nein«, antwortete Plim. »Das ist nichts weiter als ein Sockel. Wahrscheinlich für eine Kristallkugel oder so etwas Ähnliches.«
    Ungläubig blickte Primus durch die Halle. »Was? Rabenstein spielt mit Kristallkugeln? Das hätte ich jetzt nicht von ihm erwartet. Aber meinetwegen.« Er strahlte mit dem Licht über die anderen Wände. »Was ist denn das?«, rief er. »Dort, gegenüber vom Eingang! Ist da etwa noch eine Tür?«
    Aufgeregt rannten die beiden durch den Saal. Sie traten vor die hölzerne Tür und drückten die Klinke. Sie war unverschlossen.
    »Das muss

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