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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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was danach folgte:
    Der kleine Wicht bedankte sich mit allerlei guten Wünschen und überreichte dem Bauern eine Tabakspfeife, die dieser fortan immer bei sich trug. Doch genau von diesem Tag an passierte etwas Seltsames. Immer wenn der Bauer mit seiner Pfeife über die Felder ging, zeichnete sich an einem der Hügel eine Pforte ab.
    Primus hob überrascht den Kopf. Sollte das etwa bedeuten, dass man die geheimen Türen nur zu sehen bekam, wenn man einen Gegenstand der Hügelkobolde mit sich führte? Er griff in seine Tasche und holte den Knopf heraus. Mit Sicherheit hatte dieser Knopf einst zur Jacke eines Bergwerkskobolds gehört. Zwar hatte er den Knopf nicht von einem Kobold geschenkt bekommen, sondern von der Vogelscheuche, aber möglicherweise funktionierte es ja trotzdem.
    »Was willst du denn jetzt mit dem alten Knopf?«, fragte Plim.
    »Ach nichts«, antwortete er beiläufig und schob ihn wieder in seine Tasche. »Mir ist da bloß ein Gedanke gekommen.«
    Schnell lasen sie weiter. Seite für Seite, Sage für Sage. Doch sosehr sich Primus und Plim auch bemühten, sie fanden nirgendwo einen Hinweis auf den Verbleib der magischen Splitter. Waren diese etwa für immer verloren? Ungeduld machte sich breit. Beinahe hatten sie die Hoffnung schon aufgegeben, als sie schließlich, im hinteren Teil des Buches, auf ein seltsames Gedicht stießen. Sie überflogen die ersten Strophen, wobei Plim der Atem stockte. Mit ihrem Daumen deutete sie in Richtung des Saals, wo sich das Wandbild befand, und schaute zu Primus. Dieser nickte. Dann begannen beide die Verse zu lesen.
    Es war ein tragisches Gedicht, voll Liebe, Leid und finsteren Machenschaften. In einer längst vergangenen Zeit, als die Erde noch jung war, schritt eine Fee über die nächtlichen Felder. Sie war schöner als alles andere, was das Land je zuvor gesehen hatte. Sanfter Nebel war ihr Kleid und Schleier aus weißem Dunst ihr Haar. Voll Hingabe tanzte sie im Licht des Mondes, den sie über alles liebte und dessen Strahlen ihr dennoch unvorstellbare Schmerzen zufügten. Je voller der Mond schien, desto stärker brannte sein Licht. Nahm der Mond jedoch ab und es nahte die Nacht vor Neumond, dann tanzte die Fee voll Glück unter der dünnen Mondsichel und freute sich seines Anblicks. Die geringen Schmerzen nahm sie hin.
    Aber da gab es noch jemanden, eine geheimnisvolle Gestalt mit einer Krone aus Eis. Diese lauerte ihr auf und stellte ihr mit einem teuflischen Plan nach, um ihrer habhaft zu werden. So kam es, dass in einer Nacht, in der eigentlich Neumond hätte sein sollen, eine schmale Sichel am Himmel stand. Benommen vor Glück tanzte die Fee im Licht der Mondsichel, deren Strahlen urplötzlich gar nicht mehr schmerzten. Der Südwind warnte sie, doch es war zu spät. Die Fee wurde gefangen und auf Nimmerwiedersehen verschleppt. Dann aber passierte etwas, mit dem niemand gerechnet hatte. Die Mondsichel fiel vom Himmel und zerschlug mit katastrophalen Auswirkungen. Das Land wurde erschüttert. Es zerbrach und verfiel in eine schier unendliche Eiszeit. Erst nach Tausenden von Jahren erholte es sich, bevor es erneut zu blühen begann.
    »Was sagst du dazu«, murmelte Primus. »Die Mondsichel war eine Falle . Nichts weiter als eine Falle. Jetzt wird mir auf einmal alles klar.«
    »Du meinst, sie war nur dazu da, um die schöne Fee herbeizulocken?«
    »Natürlich«, bekräftigte er. »Diese Gestalt hat ihr vorgegaukelt, die richtige Mondsichel würde am Himmel stehen. Aber dem war nicht so. Es war eine Neumondnacht und vom wirklichen Mond war nicht die geringste Spur zu sehen! Nun verstehe ich auch, warum der Splitter bei mir zu Hause nur einmal im Monat leuchtet. Das Ding war eigens für die Neumondnächte konstruiert worden. Ziemlich raffinierter Plan, das muss ich ihm lassen.«
    »Wem musst du das lassen?«, fragte Plim.
    Primus blätterte zurück zum Anfang des Buches, wo sich die Pläne der Festung befanden. Als er bei einem der Grundrisse angelangt war, tippte er auf die Überschrift Die Halle des Eiskönigs .
    »Dem hier«, sagte er. »Es sei denn, zu jener Zeit hatten noch andere eine Krone aus Eis auf dem Kopf.« Er setzte sich auf den Schreibtisch. »Es würde mich brennend interessieren, was damals mit ihm passiert ist. Aber das werden wir wohl nie erfahren. Genauso wenig, wie wir erfahren werden, was aus der Fee geworden ist.«
    »Aber dann war es ja wirklich so, wie du vermutet hast.« Plim ruderte mit den Armen. »Das Gerüst bestand aus Dunkelheit,

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